Die Wechseljahre werden gemeinhin für viele Beschwerden verantwortlich gemacht. Lediglich die Hitzewallungen können aber auf das Verrücktspielen der weiblichen Hormone zurückgeführt werden. Dagegen hilft die Hormontherapie, die jedoch noch immer heiß umstritten ist.
Viele Frauen sehen den Wechseljahren mit gemischten Gefühlen entgegen. Dabei handelt es sich um keine Krankheit, sondern lediglich um eine ganz natürliche, zwischen Mitte 40 und Mitte 50 ablaufende und von den Eierstöcken ausgehende Hormonumstellung, nach der die Frauen ihre Fruchtbarkeit verlieren. Vor allem um die lange Liste möglicher Beschwerden und Symptome rund um das Klimakterium ranken sich seit jeher viele Ängste. Ziemlich unbegründet, wenn frau sich die Ergebnisse einer 2015 vorgestellten und seitdem immer wieder zitierten Studie von Prof. Kerstin Weidner, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, anschaut. Denn auf Basis von Befragungen von rund 1.400 Frauen im Alter von 14 bis 95 Jahren war Weidner zu der überraschenden Erkenntnis gekommen, dass lediglich Hitzewallungen und Schweißausbrüche typisch für die hormonellen Umstellungen vor und nach der Menopause sind, der letzten Regelblutung der Frau.
Weshalb Weidner dazu geraten hat, den heiß umstrittenen Einsatz der Hormontherapie allenfalls „bei schweren Beeinträchtigungen" in Erwägung zu ziehen und im Bedarfsfall eher auf eine individualisierte Therapie zu setzen: „Letztendlich handelt es sich bei den Wechseljahren im psychosomatischen Sinne um eine typische Schwellensituation mit körperlichen, psychischen und sozialen Veränderungen", so Weidner. Die Dresdner Studie stellte daher fast alle gemeinhin mit den Wechseljahren verbundenen Symptome infrage. Neben den Hormonschwankungen werden für gewöhnlich auch andere Beschwerden wie Herzbeeinträchtigungen, Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, Reizbarkeit, Ängstlichkeit, körperliche und geistige Erschöpfung, Kopfschmerzen, Bluthochdruck, Gewichtszunahme, Haarausfall, Übelkeit, Sexualprobleme, Harnwegbeschwerden, Brustschmerzen, Wassereinlagerungen, Scheidentrockenheit oder Gelenk- und Muskelbeschwerden mit dem Klimakterium in Verbindung gebracht.
Mit 51 Jahren sind deutsche Frauen durchschnittlich in der Menopause
Ab welchem Alter die Frauen in die Wechseljahre kommen und wie lange diese dauern, ist individuell ganz verschieden. In seltenen Fällen setzen die Wechseljahre schon um die 35 ein. Meist jedoch beginnt der weibliche Körper erst ab dem 40. Lebensjahr, der sogenannten Prämenopause, mit einem altersbedingten Umbau des Hormonhaushalts, weil sich die Aktivität der Eierstöcke ihrem Ende zuneigt. Er fängt an, die Produktion der weiblichen Hormone Progesteron und Östrogen zu reduzieren, was Zyklenschwankungen und unregelmäßige Blutungen zur Folge haben kann. Östrogen ist bis zur Menopause dafür zuständig, die Schleimhaut in der Gebärmutter wachsen zu lassen, um perfekte Bedingungen für ein etwaiges befruchtetes Ei zu schaffen. Progesteron sorgt dafür, die Gebärmutterschleimhaut bei ausgebliebener Befruchtung der Eizelle durch Blutungen immer wieder abzustoßen.
Kurz vor der allerletzten Regelblutung tritt der Körper in die entscheidende Phase des Hormonhaushaltsumbaus, Perimenopause genannt, mit der die eigentlichen Wechseljahre beginnen, wobei die Frauen hierzulande im Schnitt 47,5 Jahre alt sind. Infolge einer deutlichen Verringerung von Progesteron gerät der Hormonhaushalt zeitweilig komplett aus dem Gleichgewicht, was erst gegen Ende der Perimenopause durch eine entsprechende Mengenreduzierung des Östrogens wieder bereinigt werden kann. Nach der Menopause, die bei deutschen Frauen im Schnitt mit etwa 51 Jahren eintritt, werden Östrogen und Progesteron kaum mehr hergestellt, wohl aber das männliche Hormon Testosteron, dessen dadurch steigender Anteil das Aussehen des weiblichen Körpers leicht beeinflussen kann – und zwar durch Ausbildung von vermehrten Fettpölsterchen in der Bauchregion und Rückbildung femininer Kurven an Hüfte und Po. Zwölf Monate nach der Menopause beginnt der letzte Abschnitt der Wechseljahre, Postmenopause genannt, in der der Körper die Hormone wieder zu einem dauerhaften Gleichgewicht zusammenführt. Bei Frauen, denen aus den unterschiedlichsten Gründen die Gebärmutter operativ entfernt werden muss, setzen die Wechseljahre unmittelbar nach dem Eingriff ein, auch bei ihnen benötigt der Körper ähnlich wie nach der normalen Menopause eine geraume Zeit, bis sich das hormonelle Gleichgewicht wieder eingependelt hat.
Die Frauen hierzulande erleben die Wechseljahre, deren Dauer auf durchschnittlich zehn Jahren taxiert werden kann, sehr unterschiedlich: Ein Drittel hat kaum oder keinerlei Beschwerden, ein Drittel leidet schwer unter verschiedensten Syndromen, das letzte Drittel liegt beschwerdemäßig irgendwo dazwischen. Es ist hochinteressant, dass in anderen Kulturkreisen außerhalb Europas oder Nordamerikas die Wechseljahre von den meisten Frauen gar nicht als Problem angesehen werden. Das mag damit zusammenhängen, dass die unterschwellige Angst vor dem Älterwerden durch das Phänomen des höheren gesellschaftlichen Status der als reif und weise bewunderten Frau, nachdem sie ihre gesellschaftlich geforderten Gebärpflichten erfüllt hat, in vielen Regionen Indiens oder Afrikas aufgefangen wird. Auf dem Schwarzen Kontinent ist der Begriff Wechseljahre daher völlig unbekannt, in Asien klagen offensichtlich deutlich weniger Frauen über die typischen westlichen Wechseljahre-Beschwerden, wofür häufig die besondere sojareiche Ernährung verantwortlich gemacht wird. In Japan gibt es nicht mal ein Wort für Hitzewallungen.
Vielleicht könnte es daher hilfreich sein, wenn westliche Frauen stärker die positiven Aspekte wie das Ausbleiben der lästigen Monatsblutung, die befreiende Möglichkeit zum Sex ohne Verhütungsmittel oder die neuen Chancen zur Selbstentfaltung nach dem Kinderauszug ins eigene Bewusstsein rücken könnten. Was allerdings nichts daran ändern dürfte, dass viele Frauen hierzulande nun einmal an Wechseljahrenbeschwerden leiden. Sind diese nicht allzu gravierend, so wird häufig zu pflanzlichen Helfern, die als frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel angeboten werden oder zu homöopathischen Mitteln geraten. Es gibt allerdings kaum wissenschaftliche Studien, die die Wirksamkeit von Präparaten aus Johanniskraut, Traubensilberkerze, sibirischem Rhabarber, Salbei, Hopfen, Sojabohnen, Rotklee, Ignatiusbohne oder kanadischer Blutwurzel belegen könnten.
Andropenie oder Andropause nennt man das männliche Äquivalent
Gänzlich anders sieht es diesbezüglich mit der Hormontherapie oder Hormonersatztherapie aus, denn diese ist bei Wechseljahrebeschwerden überaus wirksam, vor allem zur Bekämpfung von Symptomen wie Hitzewallungen und Schweißausbrüchen. Aber diese Therapie ist wegen etwaiger gesundheitlicher Risiken und Nebenwirkungen noch immer heiß umstritten. Ab den 60er-Jahren galt sie als Allheilmittel gegen aufsteigende Hitze und andere klimakterische Beschwerden, als Jungbrunnen-Therapeutikum für alle Frauen jenseits der 50 und wurde daher gleichsam nach dem Gießkannenprinzip ärztlich verschrieben. 2002 kam dann der Schock in Gestalt der großen amerikanischen „Women’s Health Initiative Study" (WHI-Studie), aus der abzulesen war, dass die Zufuhr von Hormonpräparaten als Monotherapie (nur Östrogene) oder Kombinationstherapie (Kombi aus Gestagen und Östrogen) das Risiko für Brustkrebs, Schlaganfälle oder Herzinfarkte ganz erheblich erhöhen und noch häufiger das Entstehen von Beinvenen-Thrombosen oder Lungenembolien fördern konnten. Weltweit waren Millionen Frauen verunsichert, der Absatz der Hormonpräparate brach um 80 Prozent ein.
Inzwischen wurden die Ergebnisse der WHI-Studie durch neue Untersuchungen weitgehend revidiert. Und es wird in Teilen der Ärzteschaft wieder zur Hormontherapie geraten, wobei die Dosierung der als Tablette, Gel, Creme, Spray, Zäpfchen, Pflaster oder mittels einer Spritze zugeführten Präparate möglichst niedrig gehalten und die Einnahmedauer auf maximal fünf Jahre beschränkt sein sollte. Bekannte Mediziner wie Dr. Cornelia Jaursch-Hancke von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie fordern eine Trendwende bezüglich der Hormontherapie-Verschreibung. Derzeit erhalten nicht einmal sieben Prozent der Frauen hierzulande eine Hormontherapie, obwohl bekanntermaßen ein Drittel der Frauen unter starken Beschwerden zu leiden haben.
Ob es die Wechseljahre auch beim Mann, das sogenannte Klimakterium virile, wirklich gibt, wird in der Expertenwelt ziemlich kontrovers diskutiert. Klar ist jedoch, dass bei den Herren der Schöpfung in der Lebensmitte ähnliche Symptome zu beobachten sind wie bei Frauen. Wofür sich der Fachbegriff Andropenie oder Andropause eingebürgert hat. Schuld daran ist hauptsächlich das Sexualhormon Testosteron, dessen Produktion im Körper, beginnend in den 30ern, schleichend abnimmt, im Schnitt um ein bis 1,2 Prozent pro Jahr. Weshalb häufig von einem Testosteron-Mangel-Syndrom gesprochen wird. Auch von anderen Sexualhormonen wie Dehydroepiandrosteron oder Dehydroepiandrosteronsulfat werden geringere Mengen gebildet. Dadurch kann das Gleichgewicht zwischen den Hormonen ausgehebelt werden. Dieser Prozess verläuft aber langsam und über viele Jahre, weshalb sich der männliche Körper behutsam daran anpassen kann. Die Hälfte der Männer nehmen dies daher kaum wahr, nur etwa bei einem Drittel macht sich ab dem 55. Lebensjahr ein extremes Absinken der Hormonwerte bemerkbar.
Ein schwindender Testosteronspiegel schlägt sich bei vielen Männern in einem deutlichen Wachstum der Bauchmitte nieder. Aber auch ein Libidoverlust oder eine Abnahme der Erektionsfähigkeit sind mögliche Folgen. Zudem kann der Mann ähnlich wie Frauen in den Wechseljahren von Hitzewallungen, Schwindelgefühlen, Schlafstörungen, Antriebslosigkeit oder Müdigkeit betroffen sein. Meist hilft dagegen schon eine Umstellung des Lebensstils, beispielsweise eine gesunde Ernährung, Reduktion von Stress und Alkoholaufnahme, sportliche Betätigung oder Verzicht auf Tabakkonsum. Empfohlen werden zuweilen auch Naturheilmittel wie Brennnessel-Tee, Melisse oder Johanniskraut. Sinn und Zweck einer Hormonersatztherapie für Männer wird in der Wissenschaft ebenso kontrwovers diskutiert wie im Zusammenhang mit dem weiblichen Klimakterium. Zwar mag sie sich positiv auf Libido oder Fettstoffwechsel auswirken, was mögliche gravierende Nebenwirkungen durch zugeführtes Testosteron wie erhöhtes Risiko für Prostatakrebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen wohl kaum aufwiegen kann.