Berlins Kunstszene gilt als vielfältig und schillernd, davon können sich Besucher auch wieder bei der nächste Woche beginnenden Art Week überzeugen. Die Arbeitsbedingungen für Kunstschaffende allerdings werden in Berlin immer schlechter, vor allem weil es kaum noch bezahlbare Ateliers gibt.
Seit etwa zehn Jahren gehen in Berlin jährlich rund 350 bezahlbare Ateliers verloren. Das geht aus dem aktuellen „Weißbuch – Atelierförderung" hervor – herausgegeben hat es das Kulturwerk des Berufsverbands Bildender Künstler (bbk). Somit hat von geschätzten 8.000 beruflich künstlerisch Tätigen etwa ein Drittel keinen Arbeitsraum. Insbesondere Ateliers für bildende Künstler fehlen. Hauptgrund: die angespannte Lage auf dem Markt für Gewerbeimmobilien. Die Schlussfolgerung des Berufsverbands: ein geschützter Bestand von rund 2.500 Ateliers oder Atelierwohnungen wäre erforderlich, wollte man den Bedarf decken. Momentan –
so heißt es – gäbe es gerade einmal 850.
Zu den vom Ateliermangel Betroffenen gehört auch eine Gruppe von 35 Kreativen aus über 15 Ländern, die noch in den Treptow-Ateliers arbeiten. Der Eigentümer des Geländes will neben Wohnungen und einer Kita zwar auch neue Ateliers bauen. Die Kreativen befürchten aber, dass zukünftig weniger Atelierfläche zur Verfügung stehen wird – und diese zu deutlich höheren Preisen als jetzt vermietet wird. Ebenso wissen viele der jetzigen Ateliernutzer nicht, wohin sie während der Bauphase ziehen sollen. „Wir brauchen dringend eine Lösung für die nächsten zwei Jahre", unterstreicht Sebastian Körbs von der Ateliergemeinschaft Treptow-Ateliers, „und natürlich eine dauerhafte Bleibe. Wir haben ein lange leer stehendes Gebäude gefunden, das hätten wir gern für 30 Jahre gepachtet und selbst instand gesetzt. Der Bezirk unterstützte die Idee. Nun heißt es aber, das ginge nicht." Also sucht die Ateliergemeinschaft weiter nach geeigneten Objekten für die Übergangsphase. Aufgeben wollen die Künstler nicht.
Zu den Glücklichen mit einem bezahlbaren Atelier gehört Carola Rümper. Die Konzeptkünstlerin betreibt in Hellersdorf den „mp43 – projektraum für das periphere". Sie profitiert vom bezirklichen Atelierprogramm. In Kooperation mit der Kommunalen Galerie Schloss Biesdorf und den Wohnungsunternehmen Degewo und Deutsche Wohnen bietet Marzahn-Hellersdorf momentan zwölf Ateliers an.
„Die Konditionen sind gut", sagt Carola Rümper, „und ich habe Planungssicherheit." Die Lage am Stadtrand stört sie nicht. Im Gegenteil: Sie findet dort ein kreatives Spannungsfeld für ihre Arbeiten und den Austausch mit anderen Künstlerinitiativen. Bei der Berlin Art Week präsentiert sie in Kooperation mit dem Goethe Institut Pakistan das Projekt „Film Talents – Voices from Pakistan and Afghanistan". Rümper gehört auch zu den diesjährigen Preisträgerinnen des „Projekt Space Art Awards 2019", die am 13. September ausgezeichnet werden.