Der grenzübergreifende Filmwettbewerb Créajeune geht in die nächste Runde. Die ehemalige Mitarbeiterin Bettina Hoferer und Héléna Farré, die aktuell mitwirkt, sprechen im Interview über die Besonderheiten des Wettbewerbs und die Hürden im Coronajahr 2020.
Frau Farré, Frau Hoferer, den Wettbewerb Créajeune gibt es seit mehr als zehn Jahren als grenzübergreifendes Projekt. An wen richtet er sich genau?
Héléna Farré: Créajeune ist ein Videowettbewerb aus der Großregion für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die ihre Filme einreichen können, damit sie auch im Kino gezeigt werden und außerhalb des Familienkreises bekannt werden. Während des Wettbewerbs entscheidet eine Jury aus Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, wer die Preise gewinnt.
Bettina Hoferer: Kinder dürfen bis zwölf Jahre teilnehmen, Jugendliche bis 18 Jahre und junge Erwachsene bis 29 Jahre. Die Filme sind Kurzfilme. Im Grunde ist aber alles erlaubt von 30 Sekunden bis 30 Minuten. Es sind Filme von Kindern für Kinder und von Jugendlichen für Jugendliche. Das können Reportagen sein, es können richtige Spielfilme sein oder Einminüter, fast wie Werbespots. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Frau Hoferer, Sie haben lange bei der Organisation mitgewirkt. Frau Farré, Sie stecken momentan in den Vorbereitungen. Was ist für Sie das Besondere an diesem Wettbewerb?
Farré: Es geht vor allen Dingen darum, dass junge Menschen ihre Filme zeigen können und auch Filme von anderen jungen Menschen aus der Großregion sehen können. Es geht auch um interkulturellen Austausch.
Hoferer: Die vier Wettbewerbe finden in verschiedenen Städten statt. In Saarbrücken findet der Kinderwettbewerb statt, in Metz der für die Jugendlichen und in Luxemburg der für die jungen Erwachsenen. Seit letztem Jahr gibt es zusätzlich einen Wettbewerb für Musikclips in Trier.
Farré: Es ist einfach schön zu sehen, dass verschiedene Regionen grenzübergreifend zusammenarbeiten und das auch Teilnehmer aus allen Regionen mitmachen können. Das geht von Épinal über Wallonien bis Rheinland-Pfalz. Vor allem in der Juryarbeit kann man oft gut sehen, wie dieser Austausch funktioniert. Das ist sehr wertvoll.
Hoferer: Wir haben da zum Beispiel eine Video-AG in Trier. Es ist schön zu sehen, wie sie jedes Jahr dabei sind und extra nach Metz fahren um an der Preisverleihung teilzunehmen.
Farré: Seit der zwölften Ausgabe ist die Video-AG des Humboldt-Gymnasiums in Trier Partner im Créajeune-Netzwerk. So hat sich auch der Musikclip-Wettbewerb ergeben.
Bei Teilnehmern aus Frankreich, Luxemburg, Belgien und Deutschland: Wie funktioniert die Verständigung im Wettbewerb?
Farré: Die Filme werden in der Originalsprache mit Untertiteln gezeigt. Das heißt, die luxemburgischen Titel werden dann zum Beispiel von unserem Partner, dem SNJ Luxemburg, übersetzt und später mit französischen und deutschen Untertiteln gezeigt. Das bekommt man vielleicht auch nicht so oft zu sehen.
Hoferer: Wir haben auch ganz lange selbst viele Untertitel gemacht und hatten auch eine Kooperation mit der Universität mit dem Studienfach „Dolmetschen und Übersetzen", die auch einige Filme übersetzt haben.
Was hat sich durch Corona alles geändert? Unser Treffen heute findet ja auch zumindest teilweise per Videoschalte statt.
Farré: Schön, dass das so geklappt hat. Das ist ja typisch für die Corona-Zeit. Wir haben auch die Sitzungen in der Vorbereitungszeit für Créajeune alle über Online-Meetings gehalten. Das ist ganz neu. Im Netzwerk geht es auch immer um den Austausch. Bis jetzt hat man sich immer bei einem der Partner getroffen. Seit März ist jetzt alles online. Der Wettbewerb selbst ist immer noch für Januar/Februar geplant, aber wir rechnen mit weniger Einreichungen, die aus Workshops oder Schulprojekten stammen, die dieses Jahr nicht stattfinden konnten. Deshalb haben wir auch über soziale Netzwerke versucht, junge Leute zu motivieren, Filme zu machen.
Hoferer: Ja, es bleibt spannend. Es ist auch schwierig abzuschätzen, wie es sich entwickelt.
Farré: Wir haben auch schon Filme zum Thema Corona bekommen. Ich bin auch schon gespannt, wie viele sich mit dem Thema beschäftigen.
Stichwort Themenwahl: Welche Themen werden in den Filmen von den Kindern und Jugendlichen verarbeitet?
Farré: Es gibt Themen, die immer wiederkommen. Letztes Jahr hatten wir viele Filme, die mit dem Thema Umwelt zu tun hatten. Aber auch das Leben in der Schule oder gesellschaftliche Themen kommen vor. Manchmal wird es auch persönlicher. Die Genres können aber ganz unterschiedlich sein, im Grunde ist alles erlaubt.
Hoferer: Oft ist es auch so, dass Schulkassen oder Gruppen aus dem Kindergarten ihren Alltag in der Schule oder im Kindergarten zeigen. Es ist total bunt gemischt.
Farré: Es gibt auch sehr persönliche Filme, wenn zum Beispiel jemand einen Film über seine Familie macht. Es gibt aber auch Horrorfilme oder Zombiefilme.
Hoferer: (lacht) Genau, Zombiefilme haben wir ganz viele. Es lassen sich vielleicht ein paar Tendenzen sehen. Das mit den Zombies kam in den letzten Jahren vermehrt von den Jüngsten. Letztes Jahr hatten wir auch ein, zwei Sachen zum Thema Influencer. Es sind immer so ein paar Trends, die sich vielleicht ein bisschen abzeichnen, aber im Grunde ist es wirklich ganz frei.
Bei so vielen unterschiedlichen Projekten ist es bestimmt schwer, eine Auswahl zu treffen.
Hoferer: Ja, das ist es auch. In der Vorauswahljury gibt es schon mal heiße Diskussionen. Wir haben auch verschiedene Kriterien erarbeitet, aber eher zum daran Entlanghangeln. Es gibt auch immer wieder Argumente für oder gegen etwas. Das ist schon spannend. Bei den Preisträgern ist sich die Jury aber dann meistens einig.
Was muss man tun, wenn man mitmachen möchte? Wie funktioniert die Bewerbung bei Créajeune?
Farré: Es gibt vier Kategorien. Zusätzlich zu den drei Alterskategorien, in denen man wiederum verschiedene Preise gewinnen kann, gibt es seit letztem Jahr auch die Kategorie Musikclip. Man füllt das Anmeldeformular von der Homepage aus und schickt dann zusätzlich den Film mit.
Hoferer: Bisher funktioniert es ganz altmodisch auf dem Postweg, aber viele schicken uns auch einen Link, unter dem man den Film herunterladen kann. Da sind wir auch offener geworden.
Sie haben angedeutet, dass sich die Situation durch Corona verändert hat. Wie wirkt sich das auf die Bewerberzahlen aus?
Farré: Wir haben jetzt diese Woche nochmal eine Ausschreibungsmail verschickt, weil wir mit weniger Filmen rechnen. Man kann übrigens auch noch Filme von 2019 einreichen und muss keine neuen Filme extra für den Wettbewerb drehen. Die Schulen waren natürlich lange zu und waren dann nur noch wenige Wochen vor den Sommerferien auf. Innerhalb der Schulen finden momentan auch keine Projekte statt. Aber es kann trotzdem auch noch Leute motivieren, einzeln etwas einzureichen.
Was gibt es für Sie jetzt noch zu tun?
Farré: Einreichungen sind bis zum 5. Oktober möglich, davor ist jetzt auch die Organisation für die Ausschreibung und die Vorbereitung wichtig. Wir arbeiten in einem grenzübergreifenden Netzwerk. Nach der Vorauswahl im Oktober geht es los mit den Übersetzungen und dem Kontakt zu Teilnehmern, Partnern und Förderern. Der Wettbewerb findet dann im Januar und im Februar 2021 statt.
Was sagen Sie jemandem, der sich nicht traut, teilzunehmen?
Farré: Für viele ist es eine Chance, den eigenen Film einfach mal im Kino zu sehen. Das ist schon ein großes Erlebnis. Und auch Rückmeldung vom Publikum und von den anderen Filmemachern zu bekommen, ist auch ganz besonders.
Hoferer: Selbst wenn der Film nicht ausgewählt wird für den regulären Wettbewerb, ist es ja schon mal etwas Schönes, dass der Film von der Vorauswahljury gesichtet wird. Da schauen sich ja auch Leute den Film an und reden darüber und machen sich darüber Gedanken. Das ist vielleicht auch schon für manche eine Motivation, dass Leute die Filme gesehen haben.
Farré: Es kann auch eine Motivation sein, weiterzumachen. Wir haben vor ein paar Wochen angefangen, ehemalige Teilnehmer zu kontaktieren. Ein paar haben uns Rückmeldung gegeben, was das in ihrem Leben geändert hat. Es gibt welche, die vor Jahren mitgemacht haben und die jetzt auch noch Filme machen. Das ist schön zu sehen.