Die Corona-Pandemie hat den Unis einen Push in der digitalen Übermittlung von Forschung und Lehre gebracht. Das gilt es zu verstetigen, sagt Petra Sitte, Leiterin des Arbeitskreises „Kultur, Wissen und Lebensweisen" der Bundestagsfraktion Die Linke.
Welche Rolle spielt die Digitalisierung der Hochschulen?
In der Forschung gibt es mit der Digitalisierung neue Methoden und Instrumente und auch neue Möglichkeiten, Wissenschaft für die Allgemeinheit zugänglicher zu machen. Die Digitalisierung der Lehre hat natürlich besondere Aufmerksamkeit in der Pandemie-Zeit erfahren. Schließlich sind Hochschulen auch Einrichtungen mit einem großen Verwaltungsapparat, und auch dort spielt die Digitalisierung eine Rolle. Eigentlich bräuchten wir einen eigenen Digitalpakt für die Hochschulen, um diese Aufgaben zu stemmen, so wie es ihn jetzt für die Schulen gibt. Wir haben dafür in der Vergangenheit schon Haushaltmittel gefordert, und inzwischen haben auch die Wissenschaftsressorts der Länder das so formuliert.

Hat sie sich durch die Corona-Pandemie beschleunigt?
Die Corona-Pandemie hat natürlich einen gewissen Entwicklungsschub gerade in der digitalen Lehre mit sich gebracht, einfach weil dort jetzt viele Dinge aus der Not heraus ausprobiert worden sind und man jetzt Erfahrungen gesammelt hat. Für die dauerhafte Weiterentwicklung braucht es natürlich mehr als das, aber mit den nötigen Ressourcen ließe sich gut darauf aufbauen. Eine funktionierende digitale Lehre aber setzt voraus, dass auch alle Studierenden gleichermaßen Zugang zu den notwendigen digitalen Lernmitteln haben, zumal sich für viele in der Pandemie die finanzielle Lage deutlich verschlechtert hat, ohne dass es auf sie zugeschnittene Hilfsmaßnahmen gab.
Viele Hochschulen und Universitäten sind unterfinanziert und auf Drittmittel aus der Wirtschaft angewiesen. Erzeugt das nicht eine Konkurrenz auf Kosten der Qualität?
Das sind tatsächlich große Probleme. Die Hochschulen brauchen eine Grundfinanzierung, aus der sie den normalen Betrieb stemmen können, ohne weitere Mittel aus der Wirtschaft einwerben zu müssen. Das ist nicht nur eine Frage des Konkurrenzdrucks, sondern der Freiheit der Wissenschaft von äußeren Einflüssen. Wenn ihre Finanzierung von Privatunternehmen abhängt – im Extremfall die Finanzierung ganzer Professuren oder Institute – dann ist dieses Prinzip in Gefahr.
Wie müsste ein Transfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft aussehen?
Ein Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Wirtschaft ist natürlich wünschenswert, ebenso wie die wissenschaftliche Bearbeitung von Fragestellungen, die sich aus wirtschaftlicher Tätigkeit heraus ergeben. Wichtig bei allen Kooperationen ist wie gesagt, dass sie nicht dazu führen, dass die Ausrichtung der freien universitären Forschung von privatwirtschaftlichen Interessen geleitet wird. Entsprechende Kooperationsverträge müssen in jedem Fall öffentlich sein.
Welche Änderungen kommen auf die Hochschulen zu, wenn sie ihre Absolventen auf die digitale Wirtschaft vorbereiten müssen?
Der digitale Wandel erfasst ja nicht nur die Wirtschaft, insofern greifen viele Änderungen in Arbeitsweisen und im Kompetenzerwerb ohnehin ineinander. Für Hochschulen wird es wichtig sein, neue Methoden zu vermitteln, etwa im Bereich Data Science, und sich auf neu entstehende Berufsbilder einzustellen. Im Bereich der digitalen Wirtschaft wird man aber ohnehin weniger davon ausgehen können, dass eine einmal abgeschlossene Ausbildung den Abschluss des Wissenserwerbs darstellt. Hier spielt kontinuierliche Weiterbildung eine größere Rolle.