Digitalkünstler Manfred Franz Friedrich Wimmershoff erschafft mithilfe eines Computerprogramms aus Vorlagen farbenfrohe, alternative Realitäten – dabei kann die Instagram-Community sogar mitsprechen. Wimmershoff-Arts gastierte kürzlich mit Werken in den Victor’s Residenz-Hotels.
Inspiration findet Manfred Franz Friedrich Wimmershoff oft im Alltäglichen. Wie etwa in den Abendstunden, wenn er die Küche in Ordnung bringt und mit dem eingeseiften Schwamm über das nasse Ceranfeld des heimischen Elektroherdes gleitet. Dann ist der Digitalkünstler in seinem Element. „Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass beim Verteilen des aufgeschäumten Spülmittels an der glatten Herdoberfläche die unterschiedlichsten und ungewöhnlichsten Muster und Formen entstehen können?", stellt er eine rhetorische Frage und erlaubt damit gleichzeitig auch einen Einblick in seinen kreativen Arbeitsprozess. Diese aus Schaum und Sauerstoffbläschen willkürlich erschaffenen Bilder wurden schon oft zur Vorlage seiner späteren Werke. Vorausgesetzt, Wimmershoff hatte einen Fotoapparat zur Hand, „um das Kurzweilige einzufangen", sagt er und lächelt. Schließlich seien die Schaumbilder von kurzer Dauer, nach wenigen Augenblicken fließen die Grenzen ineinander über und ändern damit die Ursprungsform des Motivs. In seinem Handy finden sich zahlreiche solcher möglichen Vorlagen für die späteren Kunstwerke. Dabei erschöpfen sich die Anregungen nicht in Seifen-Thematiken. Auch Schnappschüsse von Essen eignen sich laut dem Künstler hervorragend für die digitale Bearbeitung, wie etwa das Foto von einer Eierspeise auf einem frisch aufgeschnittenen Brötchen. Das Gemisch aus Eiweiß und Eigelb wirkt aufgeschichtet. Dadurch weist die Speise eine ungewöhnliche Struktur auf, was wiederum den Künstler an diesem Foto so fesselt. „Aleatorik hat mich schon immer fasziniert", bringt es Wimmershoff auf den Punkt. Damit spielt er auf die Entstehung seiner Vorlagen an, die allesamt auf einen zufälligen Ursprung zurückzuführen sind. „Meine Werke bilden keinesfalls die Natur ab", gibt er einen Interpretationsansatz seiner Kunst. „Vielmehr stellen sie eine eigene Tatsächlichkeit dar, deren Bedeutsamkeit der der Natur in nichts nachsteht. Der Betrachter soll dazu angeregt werden, vor dem Hintergrund seiner individuellen Vorerfahrungen, seinen vielleicht sogar von der Tagesform abhängigen Emotionen sowie seinen Assoziationen nachzuspüren, um zu eigenen und sogar immer wieder neuen Interpretationen zu gelangen."
Jeder Betrachter hat seine Interpretation
Bei der nachfolgenden digitalen Bearbeitung der zufällig entstandenen Fotos wird das ursprünglich abgebildete Motiv bis zur Unkenntlichkeit entfremdet, um sich gleich mit bunten leuchtenden Farben zu umhüllen. Analoge Mischpaletten und Pinsel braucht der Künstler dafür nicht. Auch die Farbnuancen und die Schattierung passt Wimmershoff per Mausklick an. Neben einer farblichen Harmonie oder Disharmonie – je nach der Intention des Bildes – unterstützen die akribisch ausgewählten Farbnuancen die Bildtiefe seiner Kunstwerke und verleihen seinen Arbeiten damit auch einen dreidimensionalen Effekt. Dann wird das Kunstwerk mit seinem Logo versehen – die rechte untere Ecke des Bildes ziert seine unverkennbare Schnäuzer-Signatur – und ausgedruckt. Manche der Arbeiten werden in minutiöser Handarbeit mit Blattgold, Silberstaub und Swarovski-Kristallen veredelt. „Dann ähnelt mein Atelier einem Reinraum", scherzt der Künstler. Tatsächlich ist der Zugang zu seiner Kreativwerkstatt in dieser Arbeitsphase allen Familienmitgliedern untersagt. Die Arbeit sei zu kleinteilig. Vor allem das Blattgold, dessen kleine Stücke mit einem kleinen elektrostatisch aufgeladenen Pinsel auf das Bild aufgetragen wird, sei besonders empfindlich. „Bei jedem Windhauch fliegen die Materialien davon", weiß der Künstler.
Über 10.000 Followers bei Instagram
Doch woher kam diese Faszination für grafische Elemente, Muster und Strukturen? Die Antwort liegt weit in der Vergangenheit des Künstlers. Nach seinem Studium in Kulturwissenschaft, Pädagogik und Mathematik arbeitet er als Gymnasiallehrer in Leverkusen und Köln und bringt den Kindern neben mathematischem Fachwissen auch Liebe zur Kunst bei. In seiner Freizeit reist Wimmershoff zu Kunstausstellungen, besucht Museen und informiert sich über neuen Trends aus den digitalen Kunstsphären. Vor neun Jahren fällte Wimmershoff die Entscheidung, sein Hobby zum Beruf zu machen. Als Testpublikum seiner Werke dient die eigene Familie. An einem Weihnachtsabend stellt er seine ersten digitalen Arbeiten vor. Das Feedback der Lieben fällt jedoch alles andere als besinnlich aus. „Sie meinten zwar, dass ich weitermachen soll mit meiner Kunst, aber nicht so wie bisher." An jenem Abend bekommt Wimmershoff Tipps von insgesamt vier Generationen. „Meine Enkelkinder wünschten sich beispielsweise mehr Farben, meine Tochter richtete einen Wunsch nach ‚einem Gewissen etwas‘ – was den späteren Einsatz von Swarovski-Kristallen nach sich zog – und mein Schwiegersohn bestärkte mich auf meiner Suche nach Formen." Seine Ehefrau Sylvia übernahm das Management ihres Künstler-Gatten. Im August 2018 eröffnete das Ehepaar ihre erste Galerie „Wimmershoff-Arts" in Odenthal-Glöbusch. Parallel dazu ist der Digitalkünstler auch in den sozialen Netzwerken aktiv. Die Wimmershoff-Arts-Tour in den Victor’s Residenz-Hotels konnte dort mitverfolgt werden. Mit mobil aufstellbaren Staffeleien war die Pop-up-Ausstellung geschwind realisierbar. Über 10.000 Followers folgen Wimmershoff auf der farbenreichen Seite auf Instagram. Neben hinterlassenen Grüßen wird auf der Plattform auch kräftig diskutiert und viel interpretiert. „Sobald meine Arbeit beendet ist, stelle ich das Bild erstmals auf meine Instagram-Seite und warte auf Rückmeldung", erzählt Wimmershoff. „Und wenn ich auch immer das letzte Wort habe, kann sich das Bild nach Wünschen meiner Abonnenten – wenn diese Äußerungen auch meine Ästhetik ansprechen – verändern", erzählt Wimmershoff. „Die Followers dürfen bei mir mitbestimmen."