Es gibt sie noch – freie Ausbildungsplätze im Hotel- und Gastronomiegewerbe. Der Berliner Senat hat in seinem Programm „Ausbildungshotel" 100 Stellen geschaffen. Das „Abacus Tierpark Hotel" war als Erstes dabei.
Der Konferenzraum sieht noch etwas leer aus. An den Wänden stehen Tische, zwei Servierwagen sind vollgestellt mit Gläsern, Tellern und Besteck. Hier soll am Nachmittag festlich getafelt werden. Die Auszubildenden im dritten Lehrjahr bereiten sich auf ihre Prüfungen vor und haben dazu Verwandte und Bekannte eingeladen. Während in der Küche die angehenden Köchinnen und Köche mit Pfannen und Töpfen hantieren, sind die Azubis aus dem Restaurantbereich dabei, die Tische vorzubereiten. Dazu gehört auch, kunstvoll Servietten zu falten. Hotelchefin Karen Friedel schaut vorbei. Nach einem prüfenden Blick auf die Tische gilt ihre Aufmerksamkeit den jungen Leuten. Ist auch die Arbeitskleidung picobello? Schließlich ist der Service das Aushängeschild eines Hotels, das lernen die Azubis ganz schnell.
Dass gerade in der Gastronomie und Hotellerie ausgebildet wird, ist derzeit fast die Ausnahme. Besonders diese Branche hat die Pandemie hart getroffen. Da Restaurants und Hotels schließen mussten, mussten auch die Lehrlinge ihre Ausbildung unterbrechen, beenden oder konnten gar nicht damit beginnen. Deshalb hat die Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales das Sofortprogramm „Ausbildungshotel" für zunächst 33 Monate aufgelegt und dafür 2,7 Millionen Euro bereitgestellt. Es gibt insgesamt 100 Plätze für die Berufe Koch/Köchin, Hotelfachfrau/-fachmann, Restaurantfachfrau/-fachmann, Fachkraft im Gastgewerbe und Hauswirtschafter/-innen. Als Kooperationspartner konnten der Hotel- und Gaststättenverband Berlin (Dehoga), die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Region Berlin-Brandenburg (NGG) und als Bildungsträger das Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg (BFW) mit seinem Tochterunternehmen Inab gewonnen werden. Bei Inab erfolgt die theoretische Ausbildung, die Praxis lernen die Azubis im „Abacus Tierpark Hotel" in Berlin-Lichtenberg kennen.
„Wir hatten mit der Inab schon im Rahmen der Verbundausbildung zusammengearbeitet, und als sie dann mit der Idee auf uns zukamen, haben wir gesagt, wir probieren es", erklärt Karen Friedel. „Im September vergangenen Jahres begannen die ersten Vorgespräche, da waren wir noch sehr optimistisch, dass alles bald wieder seinen gewohnten Gang geht. Wir haben 36 Plätze zur Verfügung gestellt und sind dann im November gestartet, mit zwei Azubis. Das Projekt musste sich ja erst mal herumsprechen."
Das hat es. Inzwischen haben zahlreiche Hotels und Restaurants das Programm in Anspruch genommen. So lief es auch bei Angelika Klante. Sie ist im dritten Ausbildungsjahr und seit Februar dabei. „Mein Hotel hat komplett zugemacht", erzählt die 19-Jährige, „da haben meine Ausbilder mich gefragt, ob ich das machen möchte und mich dann hier angemeldet. Ob ich zurückkommen kann, hängt davon ab, ob das Hotel wieder öffnet. Ich mache jetzt aber erst mal meine Prüfung."
Bei Darius Stephan war es schon vorher klar, dass er einen Teil seiner Ausbildung in einem anderen Hotel absolviert. „Ich war in meinem alten Betrieb drei Monate in Kurzarbeit und oft nur zu Hause, da war ich schon froh, wieder anzufangen", erklärt der 21-Jährige, der auch im Restaurantbereich arbeiten möchte. „Ein, zwei Wochen habe ich gebraucht, um wieder reinzukommen. Vorher war ich der einzige Auszubildende, da war schon ein gewisser Druck, mit den anderen mithalten zu können. Jetzt ist es besser, und ich verstehe mich mit den anderen super. Ich habe auch eine tolle Ausbilderin, die kümmert sich um uns und unsere Probleme rund um die Uhr. Und wenn sie nicht da ist, können wir ihr schreiben."
Azubis brauchen oft intensive Betreuung
Das „Abacus Tierpark Hotel" hat Erfahrung mit Berufsausbildung und dafür eine eigene Lehrküche. Doch auch das Hotel hat in den vergangenen, „normalen" Jahren immer weniger ausgebildet. Aktuell sind es vier Auszubildende, 2020 wurden gar keine neuen Azubis eingestellt. Im Programm sind es derzeit 30 junge Menschen, die bei ihnen in den Bereichen Hotel, Restaurant und Küche lernen. „Zwei haben die Probezeit nicht geschafft, einige waren nur für ein paar Monate da, das war so geplant, alle anderen sind dabeigeblieben", resümiert Karen Friedel. „Damit sind wir auch ganz gut ausgelastet. Wir haben die Pandemie ohne Schließung überstanden, da Geschäftsreisen ja immer möglich waren. Ab Januar kamen dann auch wieder ganz wenige Gäste, in der Woche so zwischen 30 und 50, am Wochenende gar keine. Damit kann man einen normalen Ausbildungsbetrieb aufrechterhalten, und wir haben mehr Zeit für die Azubis. Ein Vorteil für sie, weil die Ausbildung intensiver ist. Es gibt für jeden Bereich Ausbildende, für die Küchenfachkräfte hat das der Bildungsträger übernommen. Die kochen für die Mitarbeiter und die Gäste, bereiten das Frühstück mit vor, helfen bei der Mittags- und Abendversorgung der Gäste oder unterstützen uns beim Catering für Tagungen, die bei uns stattfinden."
Das schätzen auch die Azubis. Der 21-jährige Mert Hayta ist jetzt im dritten Lehrjahr und sieht in der Hotellerie seine Zukunft. „Ich habe 2019 eine Ausbildung als Fachkraft im Gastgewerbe abgeschlossen und danach in der Gastronomie gearbeitet. Aber dann reifte der Entschluss, doch lieber im Hotel zu arbeiten, das hat mich schon immer fasziniert. Nun bin ich sehr zufrieden. Bereits nach kurzer Zeit durfte ich selbstständig arbeiten und wenn ich mal nicht weiter wusste, bekam ich Hilfe. Gerne würde ich nach der Ausbildung hierbleiben."
Hotelchefin Karen Friedel hat ihren Entscheidung, am Programm teilzunehmen, nicht bereut. „Ich muss sagen, das sind schon tolle Jugendliche, die wir hier haben, ich bin echt begeistert. Sie sind engagiert, weil sie wissen, dass sie mit dem Projekt einen Fünfer im Lotto haben. Das geben sie auch an die Gäste zurück." Sie schätzt ebenso die Unterstützung durch den Bildungsträger, der eine Sozialarbeiterin stellt, die für die jungen Leute vor Ort da ist. „Das war schon immer ein Wunsch von uns. Unsere Azubis brauchen oftmals eine intensivere Betreuung oder jemanden, der sie auch mal an der Hand nimmt und hilft, wenn es beispielsweise Probleme in der Berufsschule gibt." Schon vor Corona wurde es in den letzten Jahren immer schwieriger, geeignete junge Menschen für die Branche zu finden, zumal trotz der ungewöhnlichen Arbeitszeiten auch nicht so üppig bezahlt wird. Sie hofft, dass alle nach der Ausbildung einen Job finden. „Für Köche und Köchinnen läuft es noch gut, dank der vielen Kochshows. Aber ich fürchte, wenn die Karten neu gemischt werden, sterben demnächst die Restaurantfachkräfte aus, Corona hat das nur beschleunigt. Es werden einfach zu viele ungelernte Kräfte angestellt." Chancen sieht sie eher in der Hotellerie, weil da die Anforderungen höher sind und die Ausgebildeten vielseitiger eingesetzt werden können.