Das Autoren-Ehepaar Sebastian Bulker und Jennifer Altkorn nimmt scheinbar banale Begebenheiten und Situationen und überspitzt diese humorvoll mit hemmungsloser Lust am Absurden. „Stellen Sie sich vor, Sie kaufen sich ein Brot", heißt das Erstlingswerk der Saarländer.
Bei den Texten von Sebastian Bulker und Jennifer Altkorn weiß der Leser nie, was als Nächstes passiert. Nur eins ist sicher: Langweilig wird es nicht. Die Kurzgeschichten und Gedichte animieren zum Schmunzeln, zum Staunen, zum Nachdenken und manchmal auch zum Haare raufen. Denn über einige Protagonisten kann man nur den Kopf schütteln.
Zum Beispiel über den Fahrlehrer, der immer selbst am Steuer sitzt und in jeder Übungsstunde einen Wagen zu Schrott fährt. „Aber ich bin ein guter Fahrlehrer, aber ich bin ein guter Fahrlehrer, aber ich bin ein guter Fahrlehrer", singt Herr Schwätzer beim Tanz um das zerknüllte Blech. Das hört sich nicht nur grotesk an, sondern ist es auch. In seinen literarischen Arbeiten greift das Autoren-Ehepaar scheinbar alltägliche, vordergründig banale Begebenheiten und Situationen auf und überspitzt diese humorvoll mit hemmungsloser Lust am Absurden. „Stellen Sie sich vor, Sie kaufen sich ein Brot", heißt das Erstlingswerk, das die Saarländer im Sommer vorgelegt haben.
Sebastian Bulker und Jennifer Altkorn heißen im bürgerlichen Leben Sebastian Schröder und Nadja Frischkorn-Schröder. „Wir wollen Berufliches und Privates trennen", erklärt das Paar mit Blick auf die Pseudonyme. Der gelernte Jugend- und Heimerzieher Sebastian Schröder ist 37 Jahre alt. Seine zwei Jahre jüngere Ehefrau hat zwei Berufsabschlüsse: Medizinische Fachangestellte und Examinierte Altenpflegerin.
Seit Juli 2017 sind die beiden verheiratet, vor zwei Jahren zogen sie von St. Wendel nach Marpingen. Schon in der Kindheit wurde ihre Leidenschaft fürs Schreiben und Geschichten erzählen geweckt. Von einer Freundin lernte Nadja Frischkorn-Schröder damals die Sütterlinschrift. Die Großmutter hatte sie dem Mädchen beigebracht. Die geschwungenen Zeichen fanden die Schülerinnen cool, mit ihnen konnten sie in einer Art Geheimsprache kommunizieren.
Noch heute beschäftigt sich Frischkorn-Schröder mit den Buchstaben, die Erstklässler von 1924 bis 1941 an deutschen Schulen lernten. Aktuell übersetzt sie die Briefe, die ein verstorbener Verwandter in der früheren Standardschrift hinterlassen hat. „Sie schreibt nicht nur in Sütterlin, sie stickt auch in Sütterlin", erzählt ihr Ehemann und zeigt ein Kissen. Auf ihm sind die Autorennamen Sebastian Bulker und Jennifer Altkorn zu lesen.
Die ersten Geschichten von Sebastian Schröder wurden schon zu Papier gebracht, bevor er schreiben konnte. Er diktierte sie der Mutter, der Oma und der Tante. Nach dem alten Notizbuch muss er nicht lange suchen. Neben der Erwachsenenschrift sind dort auch Schröders erste unsichere Schreibversuche dokumentiert. Sogar an ein Inhaltsverzeichnis dachte das literarische Nachwuchstalent.
„Stapelweise Notizzettel mit neuen Ideen"
Schröders Mutter, eine Chefsekretärin, hat ihren Sohn schon in frühen Jahren gecoacht, sie gab ihm Schreib- und Sprechtipps. „Das hat wahnsinnig Spaß gemacht", erinnert sich der Autor. Von den Ratschlägen profitiert er noch heute. Das aktuelle Buch wird momentan als Hörbuch eingesprochen. Und auch die digitale Vermarktung läuft. „Das eBook ist gerade in der Mache", erzählen die beiden.
Ursprünglich wollten sie sich mit ihren gesammelten Werken ab September 2021 bei verschiedenen Verlagen bewerben. Schon ein Jahr zuvor hatte das Paar eine Ballade bei Facebook in einer Autorengruppe veröffentlicht. Die Geschichte handelt von einer Putzfrau, die aufs Übelste gemobbt wird – nur weil sie das bimmelnde Telefon des Chefs abhebt. Kaum war der Text gepostet, da meldete sich Martin Gehring, der Chef von Edition Dreiklein, einem Verlag mit Sitz in Blaubeuren.
Da ihm die Geschichte gefiel, bot er den Marpingern einen Autorenvertrag an. Schnell kamen Gehring und das Autoren-Paar ins Geschäft.
An Material für ein erstes Buch mangelte es nicht: Einige Texte hatten die Autoren schon im Internet veröffentlicht, andere lagen fertig in der Schublade. Ein stimmiges Paket war schnell geschnürt: Fürs Cover erlaubte die Ulmer Galerie Tobias Schrade den Abdruck eines Werkes des 2017 verstorbenen Künstlers Thomas Kahl, um die Illustrationen und die grafische Gestaltung kümmerte sich Marion Hartlieb. Die Grafikerin hat schon mit internationalen Unternehmen wie Galeries Lafayette oder The Walt Disney Company zusammengearbeitet.
Die Chemie zwischen dem Verlagschef und seinen beiden neuen Autoren stimmte von Beginn an. „Die Zusammenarbeit läuft ohne Druck und ohne Stress", versichert Sebastian Schröder. Das sei nicht selbstverständlich. „In der Branche gibt es viele schwarze Schafe." Weitere Buchprojekte sind geplant. „Wir haben stapelweise Notizzettel mit neuen Ideen", erzählt Schröder.
Die Geschichten im Debüt-Band stammen nicht aus getrennten Federn, sondern wurden gemeinsam erarbeitet. „Wir schreiben alles zusammen", sagt das Ehepaar. Und das nicht nur zu Hause, sondern auch mal im Wartezimmer einer Arztpraxis oder in der freien Natur.
Manche Storys sind schon fertig im Kopf, andere entwickeln sich beim Schreiben weiter, so die Autoren. „Wir werden uns immer einig", betonen die beiden. Oft gehe es in den Geschichten um Konfliktsituationen, erläutert Nadja Frischkorn-Schröder. Und wo gestritten wird, da scheppert es auch manchmal: Neben den Autos des Fahrlehrers gehen Christbaumkugeln zu Bruch, eine Brandschutztür wird samt Rahmen aus der Wand getreten. Einige Protagonisten kommen ebenfalls nicht ungeschoren davon: Seppel fällt die Treppe herunter und bricht sich das Genick, die Putzfrau, die ans Telefon des Chefs geht, wird erwürgt und ein Bösewicht, der Hunde töten will, muss einen Klingenköder schlucken. „Der Tierhasser ist – man vermutet – würgend im Straßendreck verblutet", heißt es in dem Gedicht.
„Wir haben großen Spaß daran, alltägliche Situationen ins völlig Obskure driften zu lassen", sagt Sebastian Schröder. Und so verwundert es nicht, dass sich auch der merkwürdige Fahrlehrer spektakulär verabschiedet: Er übergießt sich mit Rasierwasser und geht in Flammen auf.