Abseits von Großbritannien, das den Staatenbund lieber wieder verlassen wollte, gibt es im Osten des Kontinents mehrere Nationen, die gerne der Europäischen Union beitreten wollen. Ein Überblick über die offiziellen Kandidaten.
Albanien
Der Balkanstaat Albanien verfolgt schon sehr lange, seit 2003, eine Beitrittsabsicht. 2006 unterzeichnete die Regierung ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) mit der Europäischen Union. Dieses soll bei allen möglichen Beitrittskandidaten für einen reibungslosen Ablauf bei späteren offiziellen Beitrittsverhandlungen sorgen und vor wirtschaftlichen Schocks nach einen Beitritt schützen. Ziele des Vertrags umfassen unter anderem den Freihandel, den freien Kapital-, Arbeits- und Dienstleistungsverkehr und die Anpassung des nationalen Rechts an EU-Recht. Damals hatte die Republik noch die Absicht, bis 2014, 25 Jahre nach dem Mauerfall, der Europäischen Union beizutreten. Das hat zwar nicht geklappt, aber seit dem Jahr ist Albanien ein offizieller Beitrittskandidat. Nachdem der Europäische Rat den Weg für die weiteren Verhandlungen im März 2020 freimachte, blockierten die Niederlande jedoch die Aufnahme offizieller Gespräche im November desselben Jahres. Sie verlangen von Albanien unter anderem zunächst ein funktionsfähiges und auf Dauer gesichertes Verfassungsgericht.
Montenegro
Seit 2010 ist der kleine Staat Montenegro offizieller Beitrittskandidat. Seitdem hat sich viel getan: Im Bereich der Außenpolitik, der Wissenschaft und Forschung sowie bei Bildung und Kultur ist die EU schon mit der Ausrichtung Montenegros einverstanden. In 30 weiteren Themengebieten laufen die Verhandlungen. Schon jetzt können Bürger des Landes ohne Visum in die EU einreisen, und der Euro ist die offizielle Währung. Auch hier ist mangelnde Korruptionsbekämpfung ein Problem, und auch bei der Pressefreiheit hat Montenegro noch Nachholbedarf.
Nordmazedonien
Der größte Gegner eines EU-Beitritts von Nordmazedonien war über eine lange Zeit Griechenland. Die Regierung sah einen Namenskonflikt mit ihren Verwaltungszonen West-, Zentral- und Ostmakedonien. Der Konflikt konnte erst 2018 durch einen Umbenennung des Landes von Mazedonien in Republik Nordmazedonien gelöst werden. So konnten die Beitrittsverhandlungen mit der EU 2020 bewilligt werden. Die praktische Umsetzung wurde jedoch durch Bulgarien blockiert, ebenfalls wegen der Nationsbezeichnung. In Bulgarien gibt es die makedonischen Bulgaren, es bestehe Verwechslungsgefahr, heißt es. Hinzu kommen zahlreiche kulturelle Streitthemen zwischen den beiden Ländern. Wie in Albanien ist der weitere Verlauf nun ungewiss.
Serbien
Nachdem Serbien 2012 den Status als Beitrittskandidat verliehen bekommen hat, begannen die Gespräche über den Beitritt 2014. Vorausgegangen war die Forderung der EU, die Beziehungen mit dem Kosovo, den Serbien als Staatsgebiet ansieht, zu ändern. Ganz erfüllt wurde der Wunsch nicht: Geblieben ist die serbische Einstufung des Kosovos als „Autonome Provinz Kosovo und Metochien", über den die serbische Regierung aber de facto keine Gewalt hat. Nach dem Fragile States Index, bei dem alle UN-Staaten untersucht werden, gilt das Land als fragil. Außerdem gibt es ebenfalls Probleme bei der Pressefreiheit und der Bekämpfung von Korruption.
Türkei
Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei liegen spätestens seit 2017 quasi auf Eis. Die EU-Kommission attestierte der Nation 2018 Rück- statt Fortschritte in den Bereichen Meinungsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und bei den Grundrechten. Neue Verhandlungen über konkrete politische Themen sind derzeit nicht geplant, ein paar Verhandlungsrunden wurden suspendiert. Die Politik Recep Tayyip Erdoğans, dem Präsidenten der Türkei, hat sich insgesamt in den letzten Jahren, zum Beispiel beim Thema Migration, in Richtung Konfrontationskurs mit der EU verschärft. Eine Veränderung dieser Position ist nicht in Sicht.