Gitarrist Ro Gebhardt steht demnächst zusammen mit drei außergewöhnlichen Musikern auf der Bühne in Neunkirchen. Unter ihnen sein 14-jähriger Sohn Alec.
Die Beatles, Michael Jackson und Papa: Wer Alec Gebhardt nach seinen musikalischen Vorbildern fragt, erhält prompt Antwort. Das Talent wurde dem 14-jährigen Neunkircher ganz offensichtlich in die Wiege gelegt: Sein Vater ist Ro Gebhardt. Der Gitarrist, Komponist sowie Arrangeur für Jazz-, Latin-, Pop- und Fusion-Ensembles hat sich weit über die Grenzen des Saarlandes hinaus einen Namen gemacht. Der Weg des Musikers führte von seinem Geburtsort Neunkirchen unter anderem nach Boston, wo er als Stipendiat am Berklee College of Music studierte. Ro Gebhardts Biografie beeindruckt mit einer Reihe von Auszeichnungen, einer Vielzahl an Lehrtätigkeiten, mehreren CD-Produktionen und unzähligen Auftritten bei Festivals. Zu seinen schönsten Erinnerungen zählt ein Auftritt im legendären Blue Note, dem bekanntesten Jazz Club New Yorks.
Seiner Heimat ist er trotz alledem treu geblieben. Heute lebt der 58-Jährige zusammen mit seiner Frau sowie Tochter und Sohn in Neunkirchen. Ein eigenes Studio darf dort nicht fehlen: „Ich verbringe hier täglich viel Zeit, allerdings nicht nur, um Gitarre zu spielen, denn ich bin auch als Arrangeur und Produzent tätig." Eigentlich war Klavier das Wunschinstrument seiner Kindheit. „Dafür hat damals das Geld nicht gereicht. Aber als ich zwölf war, hat mir mein Großvater eine Gitarre geschenkt", berichtet Ro Gebhardt.
Arrangements entstehen im eigenen Heimstudio
Diese Familientradition setzte er bei seinem Sohn fort: Auch Alec erhielt in frühen Jahren seine erste Gitarre, die dieser allerdings bald gegen den Bass tauschte. „Der hatte nur vier statt sechs Saiten, das war einfacher zu lernen", sagt der Junge lachend. Es war die richtige Entscheidung, denn er zeigte Begabung und Lerneifer. Ganz zur Freude seines Vaters, der seinem Sohn Unterricht gab. „Es macht mich glücklich zu sehen, dass Alec Spaß an der Musik hat", erzählt er. Druck und Stress gebe es dabei nicht, bestätigen beide.
Längst ist aus dem gemeinsamen Üben ein gemeinsames Spielen geworden. Das klappt nicht nur zuhause im Studio gut, sondern auch auf der Bühne. Demnächst unter dem Motto „Spielfreude pur auf 10 Saiten: Wenn der Vater mit dem Sohne…" werden bekannte und weniger bekannte Stücke aus Jazz, Pop, Blues, Funk, Brasil und Tango als Grundlage für ihre Improvisationen genutzt. Zudem stehen Songs aus Ro´s eigener Feder von der aktuellen, beim SR produzierten CD „Fruit of Passion" auf dem Programm. „Nie waren die beteiligten Künstler besser aufeinander eingespielt, als bei diesem Projekt", betont Ro Gebhardt, dem die Vorfreude auf den Abend deutlich anzuhören ist. Neben seinem Sohn sind auch zwei ganz besondere Musiker mit von der Partie.
Armindo Ribeiro (Voc, Keys, Akkordeon) teilt mit den beiden die frühen Wurzeln für seine Leidenschaft. Er wurde in Portugal geboren und kam mit zehn Jahren nach Deutschland. Bereits als Kind interessiert er sich „für alles, was Tasten hat", bekam Orgel-, Piano- und Akkordeon-Unterricht. Seit seiner Studienzeit in Saarbrücken singt er und spielt Keyboard, Klavier sowie Akkordeon in zahlreichen Bands mit verschiedenen Stilrichtungen wie Rock, Pop, Elektro, Latin und Jazz. Zudem ist er einer der Gründer der bekannten Fado-Gruppe Sina Nossa.
Ribeiros Expertise in Sachen Crossover sowie Brasil und Latin Jazz wird beim „Ro Gebhardt and Friends"-Abend in der Stummschen Reithalle ebenso eine Rolle spielen wie der feinfühlige Swing von Jean-Marc Robin. Der vielfach ausgezeichnete Luxemburger Schlagzeuger studierte klassische Percussion und ist für seine ausgeprägte Klangsensibilität bekannt. Neben Jazz und Funk spielt vor allem Swing eine zentrale Rolle in seinem Spiel.
Vier ganz unterschiedliche Persönlichkeiten, verschiedene Instrumente, viel Raum für Improvisation: Und trotzdem entsteht ein harmonischer Klangkörper, der im gemeinsamen Spiel von Vertrauen und in den Soli von Respekt zeugt. „Wir verstehen uns ohne Worte, reagieren aufeinander und entwickeln jedes Stück immer wieder aufs Neue, das ist immer wieder überraschend", erklärt Ro Gebhardt das bewährte Prinzip. Das Konzertprogramm beschreibt er als „World Jazz und Latin Jazz mit Einflüssen aus Pop und Blues".
„Wir verstehen uns ohne Worte"
In seine Vorfreude mischt sich wenige Wochen vor dem Konzert die Befürchtung, dass es aufgrund der Corona-Regeln nicht stattfinden kann – so wie viele seiner Veranstaltungen in den vergangenen zwei Jahren. „Mir erging es wie vielen Kollegen: Ich hatte von heute auf morgen keine Chance mehr, meine Kunst auf der Bühne zu präsentierten", sagt Ro Gebhardt. Die wenigen Streaming-Konzerte, die er gegeben hat, seien „grauenhafte" Erfahrungen gewesen.
Allerdings habe er im Gegensatz zu vielen anderen großes Glück gehabt: Als Dozent beim Musikwissenschaftlichen Institut der Universität des Saarlandes ist sein Einkommen gesichert. Zudem gibt er Online-Musikunterricht. Trotzdem habe er die Bühne vermisst: „Ich liebe es zu performen und für das Publikum zu spielen, das ist mein Leben."
Auch mit dieser Leidenschaft hat er seinen Sohn angesteckt. „Konzerte zu spielen macht großen Spaß. Währenddessen konzentriere ich mich ganz auf die Musik und auf mein Instrument, hinterher fühle ich mich glücklich", berichtet Alec. Einen konkreten Berufswunsch hat er noch nicht. Sein Vater macht diesbezüglich keinen Druck: „Der Junge ist talentiert, aber er soll frei entscheiden, was er einmal werden will. Es wäre allerdings schön, wenn wir weiterhin für Konzerte gemeinsam auf der Bühne stehen würden." Fest steht, dass auf der nächsten Ro-Gebhardt-CD, die im Frühjahr auf den Markt kommt, die Grooves von Alecs Bass zu hören sind. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Vater-Sohn-Duo eines Tages die Gelegenheit erhält, im Blue Note in New York zu spielen.