Die Krimiautorin Elvy Jansen lässt in ihren Büchern Katzen zu Helden werden und schreibt gerade an einer neuen Geschichte, die diesmal im Mittelalter spielt – ohne Samtpfoten. Das Leben der 68-Jährigen würde sicher auch Stoff für einen Roman hergeben.
Elvy Jansen hat schon viel erlebt: Sie heiratete mit 16 Jahren, fuhr mit dem Truck durch halb Europa, war Chefin eines Motorrad-Clubs und lebte zehn Jahre in Barcelona. Heute wohnt die 68-Jährige in einem Mobilheim im Campingpark Reinsfeld im Landkreis Trier-Saarburg und schreibt Kriminalromane. In ihrem Leben gibt es aber auch einige Konstanten: Ihr zweiter Ehemann Rolf (64) weicht ihr seit mehr als 30 Jahren nicht von der Seite. Die Liebe zu ihrem Motorrad ist noch älter: Die 540 Kilo schwere Honda Gold Wing fährt Elvy Jansen bereits 38 Jahre. Mit dem Schmuckstück war sie nicht nur in Ägypten, bei Lesungen kommt es auch schon mal mit auf die Bühne. Teddybär Clemens hält Elvy Jansen sogar schon 66 Jahre die Treue. Das knuffige Plüschtier grüßt von seinem Stammplatz auf dem Wohnzimmer-Sofa. Viele weitere Kuschel-Bären warten im Schlafzimmer. Wenn Elvy Jansen auf Tour geht, kommt Clemens immer mit. Nur einmal hatte sie das Maskottchen vergessen – prompt baute sie einen Unfall.
Die Liebe zum Motorradfahren wurde ihr in die Wiege gelegt. Schon der Vater und der Großvater waren begeisterte Biker. Die kleine Elvy trug noch Windeln, als sie das erste Mal auf Papas Maschine saß. „Dort hat es mir besser gefallen als in jedem Kinderwagen", versichert sie. Die Unterschrift auf ihrem Führerschein war kaum trocken, da schaffte sie sich bereits das erste schwere Motorrad an. „Mit Kleinigkeiten habe ich mich nicht abgegeben", verrät Jansen. Weil sie Benzin im Blut hat, kann sie sich ein Leben ohne Motorrad nicht vorstellen: „Das ist für mich wie essen und trinken". Wenn ihr der Fahrtwind um die Nase bläst, fühlt sie sich frei.
Im Auftrag von Tina Turner unterwegs
Elvy Jansen ist im Saarbrücker Stadtteil Dudweiler geboren und aufgewachsen, seit dem 13. Lebensjahr trägt sie ausschließlich schwarze Kleidung. Weil ihre Mutter meinte, die Tochter müsse im Büro arbeiten, machte sie zunächst eine Ausbildung zur Stenokontoristin. Von ihrem ersten Job hatte sie allerdings schon nach eineinhalb Jahren die Nase voll: „Ich habe mich wie eine billige Tippse gefühlt." Als Reinigungskraft an der Universität wurde sie später viel besser bezahlt. Als ihre erste Ehe nach 21 Jahren zerbrach, orientierte sie sich auch beruflich neu. Jansen gab noch mal Vollgas und wurde Berufskraftfahrerin. Zunächst chauffierte sie Reisegruppen im Bus. Aber eigentlich wollte sie hinters Steuer der großen Trucks. Deshalb machte sie ein Praktikum bei einer Firma in Luxemburg.
Der Fernfahrer, der sich um die Anfängerin kümmern sollte, war zunächst wenig begeistert. „Wenns nicht klappt, schmeiß ich sie nach einer halben Stunde raus", kündigte Rolf an. Doch es kam anders: Aus 30 Minuten wurden über 30 Jahre. Das Duo harmonierte von Beginn an prächtig, schon bald läuteten die Hochzeitsglocken. „Es hat einfach gepasst", sagt die Saarländerin mit Blick auf ihren zweiten Ehemann. Zunächst gingen die beiden gemeinsam als angestellte Fernfahrer auf Tour, später machten sie sich selbstständig. Im Jahr 2000 transportierten die zwölf Lkw ihrer Firma Fracht durch ganz Europa. Der Chef und die Chefin saßen nur selten im Büro, immer wieder zog es sie auf die Straße. „Wir haben aus dem Lkw heraus disponiert", erinnert sich Rolf Jansen. Manchmal waren sie zwei bis drei Monate unterwegs. „Das war herrlich", betont Elvy Jansen mit Blick auf die abwechslungsreichen Jahre. Ihre internationale Spedition hieß Heavy-Metal-Trans: Unter anderem beförderte das Unternehmen schweren Stahl und die Ausrüstung von Heavy-Metal-Bands. Einmal waren Elvy und Rolf Jansen sogar im Auftrag Tina Turners unterwegs, persönlich trafen sie die Rock-Legende allerdings nicht. Da die Firma eine Zweigstelle in Spanien hatte, lebte das Paar einige Jahre in Barcelona. „Das pulsierende Leben war unbeschreiblich", erzählt Elvy Jansen. Noch heute schwärmt sie von der Lebensfreude der stolzen Katalanen.
Doch im Laufe der Zeit erhielt das Unternehmen immer weniger Aufträge, der Fuhrpark musste abspecken. Als die Corona-Pandemie ausbrach, zogen Elvy und Rolf Jansen einen Schlussstrich. Sie gaben die gemieteten Zugmaschinen zurück, verkauften die Sattelanhänger und halfen ihren Mitarbeitern, einen neuen Job zu finden. Dann machten sie die Spedition dicht. Anfang 2021 verkauften sie auch ihr Haus in Saarbrücken und zogen vom Saarland nach Rheinland-Pfalz. Das Motorrad und die Plüsch-Bären kamen natürlich mit. „Ich vermisse es, auf dem Bock zu sitzen", sagt Elvy Jansen. Die Hände in den Schoß legt sie aber auch im Ruhestand nicht. Jetzt hat sie mehr Zeit, sich einer weiteren Leidenschaft zu widmen – dem Schreiben von Kriminalromanen.
„Es begann während der langen Nachtfahrten im Lkw", berichtet sie. „Um Rolf und mich wach zu halten, habe ich Geschichten erfunden und erzählt." Und weil sie nicht nur das Brummen des Diesels, sondern auch das Schnurren von Katzen liebt, spielen die Samtpfoten darin die Hauptrolle. Als ihr Ehemann vorschlug, die Geschichten aufzuschreiben, war Elvy Jansen zunächst skeptisch: „Wer soll das denn lesen?" Mittlerweile haben die kleine, schwarze, freche Katze Laila und die durchgeknallte Kater-Gang eine richtige Fangemeinde. „Schöne Urlaubslektüre. Lustig geschrieben und spannend bis zum Schluss", meint ein Leser, den die Autorin auf ihrer Homepage zitiert. Regelmäßig führen die miauenden Undercover-Agenten die Kommissare auf die richtige Spur. Die Miezekatzen sind nicht erfunden, alle haben im Leben von Elvy Jansen eine Rolle gespielt. Die Geschichten, die sie erleben, entstammen allerdings ihrer Fantasie.
Nichts für zarte Gemüter
Und was erwartet die Leser? „Sarkastisch-schwarzer Humor", sagt Jansen. Die Storys sind nichts für zarte Gemüter. Es fließt reichlich Blut, Tote sind an der Tagesordnung, und auch die Katzen leben gefährlich und kommen nicht ohne Blessuren davon. Mittlerweile umfasst die Reihe sechs Bände. „Schwarze Katze und die Erinnerung aus dem Jenseits" lautet der Titel des jüngsten Werkes, das Ende September 2021 erschienen ist: Mehrere junge, bildhübsche Frauen wurden auf bestialische Art und Weise umgebracht, misshandelt, und auf einem Grab eines alten Friedhof abgelegt. In der Kleinstadt sind sie völlig unbekannt, die Polizei tappt im Dunklen. Treibt hier ein Serientäter sein Unwesen? Katze Laila muss sich nicht nur mit dem kniffligen Fall, sondern auch noch mit einer handfesten Identitätskrise herumschlagen. „Es macht einfach Spaß, ich schreibe, wann und wo ich Lust habe", erzählt die Kri-miau-torin. Früher tippte sie viel auf dem Lkw-Beifahrersitz, heute steht ihr Laptop immer griffbereit im Wohnzimmer. Wenn sich die Geschichte dem Showdown nähert, werden die Schlafpausen täglich kürzer und die Ringe unter den Augen immer größer. Das erste Buch gab Jansen noch im Eigenverlag heraus. Dann wurde der Verlag Twentysix auf sie aufmerksam und nahm sie unter Vertrag. Gatte Rolf und der beste Freund der beiden entwerfen die Covers. Viele bereits geplante Lesungen mussten wegen Corona abgesagt werden. Aktuell arbeitet die Autorin an ihrem siebten Buch. Katzen spielen darin ausnahmsweise nicht die Hauptrolle. Immer wieder wurde sie gefragt, ob sie nicht mal etwas über das Leben der Fernfahrer schreiben wolle. „Warum nicht?", sagte sich die Schriftstellerin. Die Handlung verlegte sie allerdings von der Gegenwart ins Mittelalter. Erzählt wird die Geschichte von Fuhrleuten, die zur Zeit Karls des Großen mit Pferde- und Ochsenkarren Waren transportierten. In dem Krimi kommt die Heldin einem Mordkomplott auf die Spur.
Neben dem Motorradfahren und dem Schreiben gibt es noch eine Leidenschaft in Elvy Jansens Leben: Heavy Metal. Ob AC/DC, Iron Maiden, Airbourne, oder Metallica – allen, die in der Hardrock-Szene Rang und Namen haben, jubelte sie schon live zu. Nur mit einem Rammstein-Konzert hat es bisher nicht geklappt. Aber das kann ja noch kommen, auch mit 68 Jahren besucht Elvy Jansen noch gerne Festivals. Nach dem Gespräch mit FORUM machte sie sich mit ihrem Ehemann auf den Weg nach Dillingen: Im Lokschuppen spielten zwei Cover-Bands die Hits von AC/DC und Metallica.