Moderne Atomkraft kann den immer größer werdenden Energiehunger aller Länder befriedigen. Ihr Ausbau ist eine politische Entscheidung, die in vielen Staaten der Welt die Dekarbonisierung der Wirtschaft voranbringen kann.
Atomkraft als nachhaltige Energieressource zu bezeichnen, ist richtig. Moderne Kraftwerke der nächsten Generation sind sicherer, effizienter. Und, im Hinblick auf Deutschland: Der direkte CO2-Fußabdruck ist geringer als der von Braunkohle. Hätte man alle sechs noch übrigen deutschen Atomkraftwerke über 2022 hinaus noch laufen lassen, könnten sie fünf Braunkohlekraftwerke ersetzen. „Hätte" hilft aber bekanntlich nicht weiter. Emotionaler Kern jeglicher Kritik an Atomkraft ist ihre Sicherheit und das Risiko eines Störfalles, der CO2-intensive Uranabbau, das Ewigkeitsproblem der Endlagerung. Atomkraft, das zeigte sich in Fukushima, ist in ihrer Komplexität zwar beherrschbar, aber alles andere als frei von Risiken.
Wir werden jedoch in Zukunft die Atomkraft als Energielieferant brauchen – außer in Deutschland, das sich politisch schon für den Ausstieg entschieden hat. Sie wird jedoch anders aussehen als heute. Sicherer, weniger riskant, mit weniger gefährlichen Brennstoffen.
Die sogenannte vierte Generation der Anlagen steht in den Startlöchern. Flüssigsalz- oder Thoriumreaktoren produzieren einen Teil ihres Brennstoffes selbst. Druckwasser-Explosionen entstehen deshalb nicht, weil der Reaktor bei normaler Atmosphäre arbeitet, ihre geringeren Abfallprodukte strahlen mit „nur" 500 Jahren deutlich kürzer als die herkömmlichere Variante, Thorium kommt in der Natur deutlich häufiger vor als Uran. Natriumreaktoren, wie die Stiftung von Bill Gates sie erforscht, sind mit einer Milliarde Dollar relativ kostengünstig, benötigen nur wenig Uran-235, das Natrium fungiert als Batteriespeicher für bis zu einem Gigawatt Strom. Und dann ist da noch die Kernfusion, die schier unendlich Energie produziert, allerdings noch Jahrzehnte bis zur Serienreife braucht.
Moderne Meiler lösen das CO2-Problem vieler Atomstaaten
Weltweit wird an insgesamt sechs unterschiedlichen Reaktortypen der Generation IV geforscht. Denn nicht überall, wo Energie benötigt wird, können Wind- oder Sonnenenergie genutzt werden, Dunkelflauten benötigen verlässliche Grundlast, Batterien und smarte Stromnetze. Die Welt verbrauchte 2019, vor der Pandemie, 14.000 Megatonnen Öleinheiten an Energie, umgerechnet 162.820 Terawattstunden. Der Weltenergierat prognostiziert bis 2050 eine Verdoppelung der heutigen Nachfrage. Dieser Energiebedarf, sollte dieser Fall so eintreten, muss gedeckt werden, bevor er, wie der Rat ebenfalls feststellt, nach 2050 wieder sinkt. Bis dahin sind moderne Reaktortypen längst serienreif. Immer mehr Länder setzen auf Atomenergie, um sich zu dekarbonisieren, und auf moderne Reaktortypen. Gründe dafür sind in den Atomstaaten unterschiedlich: Beispiel Frankreich, dort stammt der Strom zu zwei Dritteln aus Atomkraft, erneuerbare Energien stecken hier noch in den Kinderschuhen, obwohl Potenzial da ist. Ihr Ausbau verläuft langsam, deshalb müssen angesichts des erwartbaren Energiehungers neue Atommeiler her – von allen Alternativen ist ihr CO2-Fußabdruck der geringste. Gleiches in Polen: Hier stammen zwei Drittel des Stroms noch aus Kohlekraftwerken, der Erneuerbaren-Anteil soll steigen, doch auch der Atomanteil. Die zentrale Frage lautet hier: Warum investieren die Länder dann nicht gleich in Fotovoltaik und Wind? Die Antwort: Das tun beide, nur in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Die Dekarbonisierung mittels Atomkraft bleibt in diesen Ländern in erster Linie eine politische Entscheidung. So wie der Atomausstieg Deutschlands. Und politische Entscheidungen kann man aufgrund neuer Erkenntnisse korrigieren.