Make-up-Artist Sam Hill stylt regelmäßig Stars für den großen Auftritt und leitet die Inclover Hair & Make-up Academy. Im Interview gibt sie viele Tipps rund um Make-ups, Sommer-Looks und Produkte.
Frau Hill, welche Trends im Bereich Make-up und Nagellack gibt es diesen Sommer?
Es wird bunt! Das Augen-Make-up wird mit knalligen Farben – wer sich traut auch als Colorblocking – für einen Hingucker sorgen. Alle, die sich nicht an Neongrün oder knalliges Azurblau trauen, können auf peachige, kupfrige oder bronzige Lidschatten zurückgreifen.
Für alle natürlichen Augenlider wird diesen Sommer ein Gloss aufgetragen.
Auch im Bereich der Eyeliner gibt es einen besonderen Trend: die doppelte Linie. Dabei wird der untere Wimpernkranz verlängert und erzeugt mit dem klassischen Eyeliner auf dem Oberlid eine doppelte Line. Die Wasserlinie wird dabei mit einem weißen Kajal betont. Dies lässt die Augen besonders groß wirken.
Generell ist der Eyeliner diesen Sommer hoch im Kommen. Je nach Vorliebe kann gern damit experimentiert werden, vom zarten Wing über grafische Muster bis hin zum Bold-Eyeliner.
Welche Trends gefallen Ihnen besonders gut?
Einer meiner Favoriten ist diesen Sommer: Blush Flush! Dabei wird das Rouge flächiger und steiler angesetzt und gern auch über die Schläfen gezogen. Es dominieren die Farben Pink-Orange oder beerige Töne. Diese können hervorragend mit einem Bronzer kombiniert werden für einen „sunkissed"-Look.
Für alle, die es alltagstauglicher gestalten wollen, eignet sich besonders ein pastelliges, helles Rosé.
Wie sieht es bei den Farben aus – was trägt man hier auf den Augenlidern, Wangen, Lippen und Nägeln?
Überraschend kommen für mich diesen Sommer die dunklen Lippen in Pink, Lila und Rottönen. Dabei wirken diese Farben besonders gut auf gebräunter Haut. Kombinieren kann man sie mit einem glossy Lid.
In der Hoffnung, dass bald die Masken fallen können, wäre dies ein absolutes Sommer-Must-have.
Der Monochrom-Look ist ein Make-up-Look, bei dem Augen-Make-up, Rouge und Lippenstift in der gleichen Farbe getragen werden. Rosé oder peachige Looks wirken besonders frisch und dezent.
Wenn es um die Foundation geht, setzen wir diesen Sommer mehr auf Natürlichkeit!
Kommen wir zu den Nägeln:
Einer der angesagtesten Trends wird diesen Sommer ein natürlicher Ton sein. Ob semitransparent oder stark deckend – wir werden viele Nägel in Rosa, Beige oder Nude sehen. Zusätzlich dazu kommen für die Kreativen unter uns Schwarz-Weiß-Muster, Glitzersteine und Perlen, metallisches Pink als French Design und Türkis als Farbe. Überlange Nägel haben diesen Sommer ebenfalls Konjunktur.
Falls man im Sommer zu Selbstbräuner greifen möchte – worauf sollte man achten?
Gerade im Frühsommer, wenn man noch nicht gebräunt ist, benutzen viele einen Selbstbräuner. Dabei ist zu beachten, dass die Haut im Vorfeld gut gepeelt und vor allem ölfrei ist, um ein ebenmäßiges Ergebnis zu erzielen. Wichtig bei Selbstbräuner ist der Ton. Leider neigen viele Produkte dazu, einen orangefarbenen Ton zu erzeugen. Produkte, die einen olivig-nussigen Ton haben, wirken viel natürlicher! Im Internet findet man häufig Vorher-Nachher-Bilder, um sich zu orientieren. Generell sollte man – wie beim Sonnenschutz – jede Saison ein neues Produkt benutzen. Es kann nämlich bei langem Stehen die Farbe ändern. Ich benutze ein Konzentrat, das ich in meine persönliche Pflege mischen kann. Das finde ich hervorragend.
Wie vermeidet man zu viel Glanz im Gesicht?
Gerade im Sommer sind glänzende Looks besonders schön! Aber was too much ist, ist too much!
Um einen möglichst ölfreien Look zu erhalten, lohnt es sich schon, bei der Pflege auf eine möglichst leichte, gelartige Konsistenz zu setzen. Als Nächstes direkt vor der Foundation einen mattierenden Primer benutzen. Eine ölfreie Foundation kann im Sommer ratsam sein. Das Ganze zum Schluss mit einem Fixierspray fixieren. Über den Tag mit Oil-Blotting-Paper arbeiten statt mit Puder. Puder kann am Morgen einmalig benutzt werden, aber im Laufe des Tages kann dieses zu einem fleckigen, unschönen Ergebnis führen.
Was sieht immer gut aus, auch wenn man sich selbst nicht professionell schminken kann?
Für jemanden, der sich absolut nicht ans Make-up traut, empfehle ich, sich erst einmal optimal beraten zu lassen, wenn es um die Foundation geht. Das ist das A und O.
Bei den Lidschatten würde ich auf natürliche Töne setzen, am besten cremige. Diese kann man sehr gut auch mit dem Finger verblenden und korrigieren. Dann mit einem Kajal einen zarten Strich am Wimpernkranz ziehen und mit einem Pinsel oder Q-Tip verwischen. Die Wimpern gut tuschen.
Für die Augenbrauen eine getönte Brow-Mascara benutzen, außer im Hochsommer.
Mit einem dezenten Bronzer die Wangen und Schläfen leicht konturieren und wer mag, kann einen frischen Rotton oder einen lebendigen Nude-Lippenstifft verwenden.
Lash Extensions erfreuen sich großer Beliebtheit. Was halten Sie davon?
Ich muss mich jetzt als ein absoluter Anti-Lash-Extensions-Fan outen!
Warum? Aus folgenden Gründen:
Meine Abschminkroutine beinhaltet als ersten Schritt Öl, was bekanntermaßen nicht mit Lash Extensions vereinbar ist, aber in meiner Hautpflege-Routine ein wahrer Game Changer wurde.
Ich variiere gern, je nach Stärke des Augen-Make-ups, auch die Intensität von Wimpern. Mit Lash Extensions ist dies aber schon vorgegeben. Dabei machen Wimpern unheimlich viel aus, wie ein Augen-Make-up wirkt. Oft entwerfe ich Looks, bei denen gar keine Wimperntusche eingesetzt wird.
Auch sind Lash Extensions hinderlich beim Auftragen von Eyeliner und ausschattierten Kajalen. Ganz abgesehen vom Entfernen dieser.
Sollte man sich doch dafür entscheiden, lege ich euch ans Herz, zu jemandem zu gehen, der viel Erfahrung besitzt, um eventuelle Schäden an den Naturwimpern zu verhindern.
Wichtig sind vor allem die Wahl der Länge und die richtige Biegung der Lash Extensions. Dies richtet sich nach euren Naturwimpern. Vor allem solltet ihr rechtzeitig zum Auffrischen gehen, um mögliche Brüche von Naturwimpern zu vermeiden.
Mit welcher Technik tuscht man denn die Wimpern am besten?
Es gibt zwei Techniken, die ich gern anwende – je nachdem, welchen Effekt ich erzielen möchte.
Für einen natürlichen bis mittelstarken Augen-Make-up-Look setze ich das Bürstchen am Ansatz der Wimpern an und mache eine leichte Links-Rechts-Bewegung auf der Stelle. Dann ziehe ich das Bürstchen gerade hoch. Dabei drücke ich leicht in Richtung Lid, um einen stärkeren Schwung zu bekommen. Ich halte auch gern diesen Druck 1-2 Sekunden, damit die Wimperntusche leicht antrocknet. Diesen Vorgang wiederhole ich so oft, bis der gewünschte Effekt erreicht ist. Sollen auch die Unterwimpern getuscht werden, tusche ich diese als Erstes, damit keine Abdrücke von noch feuchter Wimperntusche am Oberlid entstehen. Für die feinen Wimpern am Augenansatz nutze ich die Spitze der Wimperntusche.
Für einen dramatischen Wimpern-Look schminke ich die Wimpern beim geschlossenen Auge. Für diese Technik legst du am besten den Kopf in Nacken und setzt das Wimpernbürstchen auf die Wimpern, möglichst nah am Wimpernkranz. Mit einer rollenden Bewegung Richtung Lid bis in die Spitzen tuschen, so als würdest du die Wimpern rund bürsten. Dann zügig das Bürstchen von unten bei wieder geöffnetem Auge – wie oben beschrieben – am Wimpernkranz ansetzen und im Zickzack die Wimpern positionieren. Drücke die Wimpern gegen den Wuchs, halte kurz und bürste bis zur Spitze. Die Tuschrichtung zwei- bis dreimal wiederholen.
Bei dieser Technik werden alle Wimpern komplett umhüllt und wirken dadurch voller und dramatischer.
Worauf sollte man bei Mascara achten?
Ich persönlich bevorzuge bei der Mascara dünne, schmale Bürstchen, die es mir ermöglichen, besonders nah an den Wimpernkranz zu kommen. Generell ist es wichtig, die Tusche vorab gut abzustreifen, um Fliegenbeinchen und das Verkleben von Wimpern zu vermeiden – vor allem bei der Spitze.
Ansonsten ist die Wimperntusche nach den eigenen Bedürfnissen zu wählen. Ich rate jedoch von dem häufigen Gebrauch von wasserfester Wimperntusche ab. Diese kann die Wimpern spröde machen.
Wie zaubert man Frische ins Gesicht?
Am Einfachsten mit Rouge und Bronzer! Einen Geheimtipp habe ich noch für Personen, die gern Puder zum Fixieren von Make-up benutzen: Verwende ein leicht schimmerndes Produkt! Dieses wird deine Haut nicht nur zum Strahlen bringen, sondern lässt sie wie frisch eingecremt wirken. Zusätzlich kann man eine lebendige Lippenstift-Farbe tragen –
je nach Vorliebe in natürlichen Nuancen oder in Orange-Rot.
Sollen die Lippen nicht im Fokus stehen, setze eher auf bronzige oder kupfrige Lidschatten.
Haben Sie beim Schminken eine Schwäche für besondere Gesichter oder Details?
Definitiv! Ich liebe es, das Gesicht durch Sculpting zu formen. Beginnend mit einer guten Vorbereitung der Haut – von Enzympeelings über Seren bis zur Feuchtigkeitsmaske. Das macht für ein gutes Make-up-Ergebnis enorm viel aus. Dann erarbeite ich Höhen und Tiefen und setze gezielte Glanzspots. Wenn es thematisch passt, bin ich sehr happy über minimalistische, abstrakte Details.
Welche Schmink-Fauxpas gilt es zu vermeiden?
Einer der größten Fauxpas ist tatsächlich die falsche Foundation – sie kann den gesamten Make-up-Look ruinieren. Dabei geht es nicht nur um den falschen Ton, sondern vor allem auch um die Beschaffenheit. Zu stark deckend und matt kann sie die Haut schnell älter, spröder und maskenhaft wirken lassen.
Lieber punktuell kaschieren und eine Foundation dem Hauttyp entsprechend wählen. Eine aufbauende Deckkraft ist ideal. Dadurch kann man dort, wo etwas mehr Abdeckung benötigt wird, punktuell Foundation auftragen und muss nicht flächig arbeiten.
Flächig verwendeter Puder wirkt sehr maskenhaft und lässt die Haut trocken wirken. Wird noch zusätzlich ein farbiges Produkt benutzt, wirkt es schnell unnatürlich. Setze lieber auf einen transparenten Puder, der nicht ultramatt ist und benutze ihn nur an den Stellen, wo es nötig ist (T-Zone). Diesen kannst du dann auch hervorragend über das Rouge auftragen, um es weicher wirken zu lassen.
Zu trockener Concealer verursacht sichtbare Fältchen. Generell gehört unter den Concealer eine gute Augenpflege, um den sensiblen Bereich zu schützen. Zu nah am Wimpernkranz lässt Concealer die Augen gerötet und kleiner wirken.
Starkes Contouring, welches noch falsch positioniert wurde und vom Ton viel zu warm erscheint, ist ebenfalls ein großer Fauxpas. Leider gibt es sehr wenige kühle, braun-gräuliche Contouring-Produkte auf dem Markt. Wenn man die natürlichen Schatten im Gesicht betrachtet, wirken sie grau bis dunkelgrau statt goldbraun-braun. Dadurch sehen Contourings oft zu stark und künstlich aus. Die warmen Töne können als Bronzer genutzt werden, dann aber zum Beispiel auf den Wangenknochen aufgetragen statt darunter.
Auch sehe ich oft zu stark konturierte Augenbrauen. Der Ton ist sehr wichtig und sollte für ein harmonisch wirkendes Make-up eher eine Nuance heller als zu dunkel gewählt werden. Man sollte sich bewusst sein, dass gerade Augenbrauen und deren Form eine starke Wirkung auf das Gegenüber haben. Im Film und beim Theater werden Charaktere stark über ihre Augenbraunform angelegt – böse, naiv, arrogant et cetera. Optimal ist die Verwendung von unterschiedlichen Tönen: Die dunkelste Farbe für fehlende Härchen, die mittlere zum Ausschattieren der letzten zwei Drittel und die hellste am Anfang der Braue. Der Ansatz sollte möglichst symmetrisch und eher aus der Gesichtsmitte schräg herauslaufen. Fleckige und kantige Lidschattenformen wirken unvorteilhaft. Am besten eignen sich weiche Pinsel – Blender – zum Ausschattieren. Damit kann man hervorragend Lidschattenübergänge verwischen.
Was finden Sie bei Make-ups unästhetisch?
Tatsächlich finde ich eine überpuderte Haut, die förmlich nach Feuchtigkeit schreit, am Unästhetischsten.
Wie schafft man eine Ästhetik beim Make-up?
Ein ästhetisches Make-up sollte harmonisch wirken. Farben und Produkte fließen ineinander und sind gut verblendet. Auch ein ausgewogenes Farbkonzept ist wichtig. Vor allem muss aber die natürliche Gegebenheit von Form und Fülle beachtet werden. Das Make-up sollte eher unterstreichen als übertünchen.