Zum ersten Mal seit acht Jahren wurde die B-Jugend des 1. FC Saarbrücken Meister der Regionalliga. Gegen den Hessen-Vertreter TSG Wieseck rechnet sich das Team von Trainer Tobias Eisel gute Chancen aus.
Der 14. Juni 2014 war der letzte richtig große Tag für die Nachwuchsabteilung des 1. FC Saarbrücken. Die U17 setzte sich gegen den SV Wehen Wiesbaden durch und stieg ebenso in die Junioren-Bundesliga auf wie wenige Stunden später die U19 nach einem dramatischen Elfmeterschießen gegen Bayern Alzenau.
Dass es die saarländischen Nachwuchskicker in aller Regel schwer haben, in der Bundesliga zu bestehen, steht außer Frage. Dennoch hat ein Aufstieg immer auch etwas mit Prestige zu tun. Die U19, die immerhin 2015 die Klasse hielt, stieg 2020 coronabedingt ohne Relegationsspiele noch einmal auf. Die U17 wartete acht Jahre auf den Titel in der Regionalliga Südwest. Nur einmal – 2016 – schaffte sie es, als Tabellenzweiter hinter der nicht aufstiegsberechtigten Mainzer Reserve in die Relegation und scheiterte an Kickers Offenbach. Trainer damals: Karsten Specht. Der 32-Jährige leitet heute das Nachwuchsleistungszentrum der Blau-Schwarzen, und es gibt nicht wenige, die ihm eine große Karriere prophezeien. Ex-Trainer Lukas Kwasniok hatte Specht als Video-Analyst im Team und bescheinigte ihm „absolutes Bundesligapotenzial". Doch das ist Zukunftsmusik.
Durchlässigkeit ein zentrales Thema
Specht hat gerade erst seinen Vertrag verlängert und ist hörbar bemüht, die Bedeutung der Aufstiegsspiele der B-Jugend gegen die TSG Wieseck (Hinspiel 12. Juni 13 Uhr im Sportfeld, Rückspiel 19. Juni) nicht zu hoch zu hängen. „Es geht um eine allgemeine Entwicklung. Es ist wichtig, dass wir Meister geworden sind. Und es ist wichtig, dass die Jungs sehen, dass sie bei uns eine Perspektive haben. Es geht in der Nachwuchsförderung um Durchlässigkeit nach oben. Das Beispiel Luca Kerber ist viel wichtiger als ein Aufstieg", sagt Specht. Dennoch ist die Vorfreude spürbar. Vor allem bei U17-Coach Tobias Eisel und seinen Jungs. Nachdem am letzten Spieltag in Eisbachtal die Meisterschaft perfekt gemacht wurde, feierten Mannschaft, Trainerteam und Eltern spontan nach der Rückkehr im Sportfeld. „Die Woche danach haben wir es ruhig angehen lassen, aber ich habe den Jungs klargemacht, dass wir in der Woche vor dem Spiel Vollgas geben. Die Einstellung des Teams ist top", sagt der 31-Jährige.
Es ist ein für saarländische Verhältnisse außergewöhnlicher Jahrgang, den Eisel trainiert. Mittelfeldspieler Andy Breuer – laut Eisel ein „Ausnahmetalent", Defensivmann Abdennour Rhani und Angreifer Tim Walle haben schon bei den Profis mittrainiert. Der 17-jährige Breuer hatte Angebote aus ganz Deutschland, hat sich aber dafür entschieden, seine Profilaufbahn bei seinem Heimatverein zu starten. Bei dieser Personalie zeigt sich, dass die Strategie von Specht und seinen Mitstreitern Früchte trägt. „Wir haben Andy eine Perspektive gezeigt, auch Cheftrainer Uwe Koschinat hat sich eingeschaltet. Es war uns wichtig, dass wir frühzeitig mit den Eltern und Beratern sprechen. Andy könnte problemlos in ein NLZ eines Bundesligisten wechseln", sagt Specht. Doch Breuer hat andere Pläne. „Andy wird sich langfristig an den FCS binden", verkündet sein Berater Guido Nickolay, der auch die Interessen von Shooting-Star Luca Kerber vertritt und spricht ein Lob aus: „Der FCS hat viel gelernt. Früher hat man Jugendspieler eher alibi-mäßig als Nummer 25 im Kader dazu geholt. Heute bekommen die Jungs einen klaren Weg gezeigt. Der Verein sagt ihnen, wo er sie in drei, vier Jahren sieht. Das sind ganz andere Voraussetzungen."
Doch Eisels Team besteht nicht nur aus Breuer. „Es ist ein verschworener Haufen. Keiner neidet dem anderem etwas", sagt Eisel und Specht erklärt: „Der Jahrgang galt lange Zeit als nicht sonderlich talentiert. Vielleicht haben die Scouts der Bundesligisten nicht genau hingeschaut. Für uns ist das gut. Die Gruppe konnte sich entwickeln, es ist etwas gewachsen." Nicht nur Breuer, sondern auch vier, fünf anderen trauen Eisel und Specht eine Profilaufbahn zu. Neben Angreifer Walle und Verteidiger Abdennour werden auch Offensivakteur Leo Sahin, Mittelfeldspieler Louis Kessler oder Kapitän Felix Jubelius genannt. „Die Jungs haben eine enorme Entwicklung genommen, und man darf nicht vergessen, dass sie noch zwei Jahre in der Jugend vor sich haben", sagt Eisel und betont die gewachsene Struktur der Mannschaft. „Viele Räder greifen ineinander. Wenn Andy Breuer nicht spielt, merkt man das vom Spielerischen her. Wenn ,Jubbe‘ nicht dabei ist, fehlt der Anführer auf dem Platz. Gemeint ist Kapitän und Abwehrchef Jubelius. Der 17-jährige Gymnasiast ist der Chef auf dem Platz. Körperlich und mental sehr weit, ist er der unumstrittene Anführer im Team. „Er ist vielleicht nicht mit dem überragenden Talent gesegnet, aber er ist ein unglaublicher Arbeiter. Er hört in jedem Training zu, geht immer ans Maximum. Seine Entwicklung ist phänomenal. Bei ihm bin ich gespannt, was nach oben möglich ist", sagt Eisel.
Breuer dirigiert, Jubelius räumt auf
Jubelius selbst macht sich um seine Zukunft noch keine Gedanken. „Ich genieße die aktuelle Situation. Ich bin ein Saarbrücker Bub, stehe bei Heimspielen der Ersten im Block. Dass ich die Mannschaft am Sonntag im Sportfeld aufs Feld führen darf, ist eine Ehre. Ich bin einfach stolz." Auch Jubelius war kurz davor, bei den Profis mitzutrainieren, im Winter bremste ihn aber eine Rückenverletzung aus. „Wenn ich Gas gebe, werde ich die Chance bekommen. Es liegt an mir", sagt der 17-Jährige, der von sich selbst sagt, dass er „Schule und Fußball erstaunlich gut unter einen Hut" bekommt. Druck machen sich weder Kapitän noch Trainer. „Wir sind Meister geworden, das ist viel Wert. In den Aufstiegsspielen ist alles möglich. Es gehört auch Glück dazu. Ich kann aber versprechen, dass wir alles raushauen und die blau-schwarzen Farben würdig vertreten werden", sagt Jubelius. Rund 2.000 Zuschauer erwartet der FCS zum Hinspiel im Sportfeld. „Die Jungs sollen das genießen und nicht verkrampfen. Sie haben es sich erarbeitet. Wenn sie durch den Tunnel kommen und die Fans laut werden, brauche ich niemanden zu motivieren", sagt Eisel. Der 12. Juni 2022 könnte ein großer Tag werden für die Nachwuchsabteilung des FCS.