Peter Wirbel ist vielen Kennern seit Jahren aus der Küche von Jens Jakob bekannt. Seit April nun ist er verantwortlich für das „Midi Restaurant & Markt" in St. Ingbert. Hier gibt es mittags ein Stammessen, und abends wird groß gekocht.
Ich war etwas erstaunt, als ich von der Eröffnung des „Midi Restaurant & Markt" in Rohrbach erfuhr. Vor allem als ich hörte, dass dort der neue Küchenchef Peter Wirbel heißt. Dieser stand bisher mit Jens Jakob und David Christian am Herd des „Le Comptoir" im Saarbrücker Nauwieser Viertel. Hier kochten sie vier Jahre auf hohem Niveau und hatten eine treue Gemeinde, die diese Arbeit zu schätzen wusste. Schon seit 2008 stand Peter Wirbel zusammen mit Jens Jacob in der Küche und kennt sich logischerweise auch mit Kochen auf Sterneniveau aus. Seit Ende April ist er also nun Küchenchef im „Midi".
Die Restaurantleitung hier hat Silke Huber. Vor etwa zehn Jahren lernte ich sie in der „Schlachthof Brasserie" kennen, die sie damals leitete. Vorher arbeitete sie bei zwei weiteren guten saarländischen Adressen: bei „Ressmanns Residence" und im „Gräfinthaler Hof". Als gebürtige St. Ingberterin hat sie nun Heimvorteil im neuen Restaurant in Rohrbach.
Also mache ich mich auf, um mir das Ganze mal anzusehen. Besitzer des Anwesens ist Hubert Pirrung. Ein Mann der weiß, wovon er spricht! Pirrung hat sich einen Namen im Land durch verschiedene Geschäftsbereiche gemacht: Er beliefert Schulen, Krankenhäuser und Firmen mit gutem Essen und kocht auch für besondere Events. Wie so oft bei Menschen aus der Gastronomie wurde auch bei ihm das Interesse schon in der Kindheit geweckt. „Ich hatte das Glück, in einem Elternhaus groß zu werden, in dem gutes Essen eine große Rolle spielte", erzählt der gebürtige Ormesheimer. „Meine Mama hat den Haushalt gemanagt und vier Kinder großgezogen! Sie war gelernte Hauswirtschaftsfachkraft." Und sie hatte ein Talent für gute Küche, war eine herausragende Köchin, wie Pirrung schildert. Von klein auf ist Hubert Pirrung an gesunde Küche gewohnt. Mit eigenem Garten. Und seine Mutter hatte eine Maxime: Es wird nie etwas weggeworfen. Das Brot wurde gegessen bis es aufgebraucht war. Und wurde es mal hart, wusste die Mama stets noch etwas draus zu machen. Auch Weckmehl, das viele heute einkaufen.
Fast alles stammt aus der Biosphäre
Diese Philosophie des Nichtwegwerfens wurde also bereits in seiner Kindheit verankert. So kommen wir bei unserem Gespräch schnell zum Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD). Wir wissen beide, dass das nicht das Datum ist, an dem etwas schlecht wird. Es ist lediglich die staatliche Garantie, dass das Lebensmittel mindestens bis zu diesem Tag haltbar ist. Meist aber noch viel länger. Ich rieche und schmecke immer zuerst einmal. Meist ist alles gut und sinnloses Wegwerfen völlig unnötig. Leider hat die Politik noch keine andere Begrifflichkeit gefunden, um dieses sinnlose Wegwerfen zu verhindern.
Pirrungs Bewusstsein für Nachhaltigkeit hat sich im Laufe seines Lebens immer weiter verstärkt. Das ist bei Lebensmitteln so, aber auch in anderen Bereichen. Als er 2010 sein Schulcatering aufbaute, war klar, dass er für eine bestimmte Qualität stehen muss. Er war einer der ersten fünf Betriebe bundesweit, die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zertifiziert wurden. Beim Essen für Betriebsrestaurants legt er den gleichen Standard an. Dieses Niveau ist also dokumentierbar.
Ich erzähle das alles, weil daraus weitere Gedanken entstanden für die künftige Aufstellung des Unternehmens. Der Anspruch hier ist, nicht nur zertifiziertes Essen zu kochen, sondern auch so, dass es schmeckt. Wie zu Hause. Und das kriegen sie wirklich hervorragend hin. Nicht umsonst sind sie mit diesen geschäftlichen Aktivitäten heute im Saarland Marktführer.
Jeden Mittag wird im „Midi" ein Stammessen angeboten. Neben den Mitarbeitenden verschiedener Firmen kommen sehr viele Senioren hierher essen oder lassen die Speisen abholen. Die Angebote sehen alle sehr gut aus. Ich probiere Gyros mit Zaziki, Erbsen und Fair-Trade-Reis. Gebongt. Also mittags Stammessen auf gutem Niveau, abends große Küche vom Maître Peter Wirbel.
Der Raum mit seinen 700 Quadratmetern ist auch viel zu groß, um ihn nur zum Abendessen zu nutzen. Ein herrlicher Raum, perfekt unterteilt, und überall hängen schöne Bilder. Wundervoll!
Dazu hatten die Betreiber hier die Idee, einen Hofladen in der hinteren Ecke einzurichten. Und gar nicht so klein. Jeder weiß, wenn er unterschiedliche Produkte aus dem Bliesgau sucht, fährt man von Produzent zu Produzent. Den Honig da, die Öle hier. Der Gedanke bei diesem Hofladen ist, alle Produkte an einem Ort anzubieten. In der Mitte frisches Obst und Gemüse und an den vier Wänden entlang das Beste aus dem Bliesgau. Da gibt es etwa Rindergulasch vom Biolandhof Wack. Das sind die mit der Bliesgau-Molkerei. Oder regionale Gewürze, Linsen, Öle. Auch Weine und Saarland-Schoki. Auf einem großen Schild steht der Anspruch: „Geschenke aus dem Bliesgau in unserm Markt". Natürlich kochen sie hier auch mit den Produkten aus ihrem Hofladen. Peter Wirbels Ziel ist es, dass 80 Prozent auf dem Teller aus der Biosphäre stammen. So geht Nachhaltigkeit.
„Ich gehe meinen eigenen Weg"
Und nicht nur das. Das gesamte Energiekonzept hier ist nachhaltig durchdacht. Auf der Internetseite ist nachzulesen: „Aus diesem Grund ist Nachhaltigkeit fest in unserem Leitbild verankert: qualitative Rohprodukte, zum Großteil frisch und direkt aus der Region. So können wir kurze Wege und Lagerung gewährleisten, unnötigen Energieverbrauch vermeiden und die Wertschöpfung in der Region verstärken. Saisonal angepasste Speisepläne und vegetarische Alternativen sind für uns selbstverständlich." Und das gilt auch für ihre Autos, ihr eigenes Kraftwerk und so viel mehr, dass alleine, um über dieses nachhaltige Energiekonzept zu schreiben, drei oder vier Seiten nicht reichen! Abends im großen Restaurant wird dann anders aufgetischt. Rote Bete etwa. Peter Wirbel hat sich viele Gedanken dazu gemacht: „Das soll ein erdiges Gericht sein. Rote Bete selber, aber auch die Pastinaken dazu. Wir haben die Rote Bete ausgebacken, dann sauer mariniert in einem Fond. Da hatten wir auch Gurken drin. Das gibt eine besondere Charakteristik. Die Pastinaken gibt es dazu als Chips und unten als Püree. Wegen der Textur. Die Rote Bete ist perfekt gegart mit leichtem Biss. Das Weiche vom Püree und noch etwas Frittiertes. Schaum von der Beurre rouge."
Natürlich geht es abends auch schon mal über die regionale Küche hinaus. Etwa beim Wolfsbarsch von Peter Wirbel, den ich goutiere. Hammergut! Klassisch-mediterran von Meisterhand zubereitet mit herausragendem Blattspinat. Dieser wurde kurz blanchiert und dann in der Pfanne gegart. Mit Beurre rouge aufgeschäumt und Polenta dazu. Ein Traum. Auch die Weinkarte hat eine enorme, regionale Handschrift. Besonders finde ich, dass sie hier auch Weine aus dem Bliesgau anbieten. Ein 2020er Sauvignon Blanc und Weißburgunder von Ralf Steffen etwa.
Der Besuch hier war für mich ein Erlebnis der besonderen Art. Ich muss unbedingt bald nochmal kommen. Zum Abschied sagt Peter Wirbel: „Ich stehe hier für meine eigene Küche, meinen Weg. Ich werde meine Ideen vorantreiben, weiter meinen eigenen Weg gehen. Ich möchte aber auch, dass alle wissen, dass ich mit Jens Jakob super auseinandergegangen bin. Wir telefonieren täglich."