Das Thema Heizen im kommenden Winter treibt nicht nur die Regierung um. Private Verbraucher horten Holz und suchen nach Alternativen zur fossilen Wärmegewinnung – oft vergeblich.
Cynthia G. liebt ausgedehnte Wanderungen durch den Wald. „Frische Luft. Und man bekommt den Kopf frei." Doch seit dem Frühjahr sind die ausgedehnten Exkursionen der 51-Jährigen durch das Berliner und Brandenburger Unterholz auch mit einer Maßnahme ihrer privaten Energiewende verknüpft: Die Physiotherapeutin hat das große Fach ihres Wanderrucksacks freigeräumt, und dort landet jetzt immer Bruchholz. „Das ist echt eine Wissenschaft für sich. Das beste Holz für meinen Kaminofen ist selbstverständlich Buche, es erzeugt eine schöne Flamme, entwickelt viel Glut und hält lange vor". Doch Buche beim Holzhändler kann sich Cynthia G. schon lange nicht mehr leisten, oder besser: will es sich nicht leisten, sie hält die bald verdreifachten Preise innerhalb von zwei Jahren für Abzocke. Darum ist sie nun zur Holzsammlerin geworden.
Preis von Brennholz steigt deutlich
Sie bewohnt eine typische Berliner Altbauwohnung, 3,80 Meter hohe Decken in einem Nobelkiez in Charlottenburg. Das Haus wurde 1892 gebaut und verfügt demnach noch über die entsprechenden Rauchabzüge. Die Ofenheizungen wurden Anfang der 1980er-Jahre herausgerissen, dafür rumort jetzt im Keller eine Ölheizung. „Vor fünf Jahren wollte ich meine Heizkosten senken, nachdem ich im Jahrestakt immer wieder höhere Heizkostenvorauszahlungen bekommen habe. Da kam ich auf die Idee mit dem Kaminofen", erzählt Cynthia G. im FORUM-Gespräch. Der Schornsteinfeger spielte mit und tatsächlich sind ihre Heizkosten seitdem jährlich wieder gesunken. Doch diese Einsparung könnte im kommenden Winter durch die explodierenden Kosten für Brennholz aufgefressen werden.
Holz ist nicht nur auf dem Bau knapp, sondern auch das Brennholz für den gemütlichen Teil des Wohnzimmers. Trotz Sommer. Wer derzeit in den Baumärkten auf der Suche nach Brennholz ist, egal ob als Hartholz, Pellets oder Holzbriketts, sucht meist vergeblich. Die entsprechenden Paletten sind längst leer geräumt, und der Nachschub stockt.
Liebling aller Kaminofenbetreiber ist, wie für Cynthia G., Buchenholz, weil es den höchsten Brennwert hat. Doch der Kubikmeter Brennholz-Buche liegt mittlerweile, wenn überhaupt vorhanden, zwischen 250 und 400 Euro. Für Cynthia G. sind das absurde Preise. „Mit einem Kubikmeter komme ich doch nicht mal bis Weihnachten." Ihre Heizkosten werden damit im kommenden Winter völlig neue Dimensionen erreichen. Es ist in ihrem Fall eine rein rechnerische Frage, was weniger teuer wird: der Kaminofen oder die Ölzentralheizung.
Allerdings droht der Berlinerin und mit ihr bundesweit Hunderttausenden Bundesbürgern mit Kaminen und Öfen in ihren Wohnungen nun ein weiteres, echtes Ungemach. Laut Emissionsschutzgesetz sollen viele Feuerungsanlagen auch in den privaten Unterkünften stillgelegt oder modernisiert werden. Dazu bereiten die Länder neue Richtlinien vor. Wie bei den fossilen Brennstoffen Kohle, Gas und Öl entstehen bei der Verfeuerung von Holz Emissionen, die die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern in Zukunft möglichst vermeiden wollen, damit die Klimaziele erreicht werden. Wer in Zukunft Holz- oder Pelletöfen betreibt, soll sie mit Filteranlagen ausrüsten, empfiehlt das Umweltbundesamt.
Fernwärme vom örtlichen Energieversorger wäre eine Idee, doch darauf hat die Mieterin, wie so viele andere in Deutschland, keinen Einfluss. Das ist Sache des Vermieters und dem sind auch die Hände gebunden, wenn zum Beispiel kein Fernwärme-Anschluss verfügbar ist. So weit, so unbefriedigend für alle Beteiligten, die halbwegs warm über den kommenden Winter kommen wollen. Für die 51-Jährige in ihrer Altbauwohnung in Berlin-Charlottenburg im vierten Stock gibt es keine wirkliche Alternative. Cynthia G. gibt die Hoffnung nicht auf und sammelt unbeirrt weiter in diesem Sommer beim Waldwandern Bruchholz, lagert in ihrem Keller ein, was geht. „Keiner weiß, was da kommt, und darum sammele ich jetzt für den kommenden Winter." Der Einbau einer Wärmepumpe ist laut Vermieter frühestens in fünf Jahren möglich, wenn das von der Bodenbeschaffenheit hier in der Innenstadt überhaupt geht.
Dieses Problem kennt auch eine 46-jährige Sportlehrerin aus Grünau bei Berlin. Katrin W. bewohnt ein Mittel-Reihenhaus in dem grünen Vorort der Bundeshauptstadt. Alle Häuser der nach der Wende errichteten Siedlungsanlage haben separate Ölheizungen im Keller. Keine vier Jahre ist es her, da kam die Eigentümer-Initiative auf den Gedanken, die Ölheizungen zu entsorgen und dafür auf eine Sammel-Gasheizung umzustellen. Viele der Nachbarn konnten sich das aber nicht leisten: Wenn das Haus noch abbezahlt werden soll, wird eine Heizungsumstellung zur finanziellen Herausforderung. Zwei, aus heutiger Sicht, vorausschauende Reihenhausbesitzer entschieden sich für eine Wärmpumpe, für die es damals noch ordentlich Subventionen gab. Die kollektive Umstellung auf Gas kam damit nicht zustande, für Katrin W. und ihre Nachbarn heute ihr größtes Glück. Der Preis für Gas, gerechnet in Kilowatt pro Stunde Heizleistung, hat längst den des Öls hinter sich gelassen.
Handwerkermangel bremst Umstellung
Doch in diesem Sommer steht die Sportlehrerin mit der Ölheizung preislich ebenfalls vor einem echten Dilemma. Ihr Tank ist noch halb voll. „Für mich ist der eher halb leer, und ich weiß nicht, ob ich damit über den kommenden Winter komme. Aber jetzt Öl bestellen, da zahle ich weit mehr als das Doppelte als im letzten Jahr." Katrin W. ärgert sich über sich selbst. Als ihre beiden Nachbarn auf Wärmepumpen umgestellt haben, hat sie noch überlegt mit einzusteigen. Doch so dringend erschien ihr der Abschied von der fossilen Energie in ihrem Heizungskeller damals nicht. Jetzt will sie – und kann nicht. Das Finanzielle bereitet ihr Bauchschmerzen. Der Umbau liegt bei mindestens 5.000 Euro, „doch bei so einer Umstellung sollte man eher das Doppelte einplanen", denn mit der Wärmepumpe alleine ist es nicht getan. Hinzu kommen noch Umbauten der Heizanlage im Haus, zum Beispiel eine Fußbodenheizung. Selbst wenn sie das Geld dafür lockermacht: Katrin W. findet keinen Installateur, der ihr terminlich für die Umrüstung auf Geothermie eine feste Zusage machen könnte, dass spätestens Ende Oktober tatsächlich eine Wärmepumpe im Garten vor sich hinsurrt. Das Problem ist, wie in vielen anderen Bereichen derzeit auch: Lieferengpässe und fehlende Fachkräfte bei Handwerkern. Nach Testanrufen im 50-Kilometer-Umfeld konnte keine der sechs angefragten Firmen eine feste Zusage machen. Meist hieß es, die Unternehmen seien auftragsmäßig ausgebucht, hätten nicht das erforderliche Material, kein Personal oder beides. Zwar wurden Termine gern vorgemerkt, aber ohne Garantie.
Also bleibt die Ölheizung von Katrin W. erst einmal da, wo sie ist. Ein Kaminofen wäre eine gute Alternative, denkt sie, doch die scheitert schon an den baulichen Auflagen. Ein neuer Rauchabzug müsste in dem Reihenhaus eingezogen werden. Zudem steigen auch die Preise für Kaminöfen gerade. Somit hilft Katrin W. auch Bruchholzsammeln im Wald nichts. Obwohl es davon genügend in ihrer Umgebung gibt.