Aarhus und Djursland in Dänemark sind nicht nur geografisch eine Reise wert, sondern auch genusslich, wie unsere Autorin findet. Sie nimmt uns mit zu den Spezialitäten unserer nordischen Nachbarn.
Die meisten Menschen essen, um zu leben, wir Dänen leben, um zu essen", brachte es mal ein Genießer auf den Punkt. In Aarhus, der zweitgrößten Stadt Dänemarks, gelingt das bestens, gibt es doch zahlreiche gute und sehr gute Restaurants. Beliebt ist aber auch „Aarhus Streetfood" in einer Busgarage mit langen Tischen draußen und drinnen. Ein „Grundnahrungsmittel" darf auch nicht fehlen: Røde Pølser (rote Würstchen), garniert mit Senf, Gurkenscheiben und Röstzwiebeln. Diese Pølser feierten vor Kurzem ihren 100. Geburtstag. Ebenso beliebt ist Smørrebrød (sprich Smörrebröd), ein Butterbrot, üppig belegt mit Fleisch, Fisch, Krabben oder Gemüse. Aarhus ist ein Venedig des Nordens.
Wer ein besonderes Ambiente bevorzugt, speist unterm „Regenbogen" von Olafur Elíasson, der das AroS-Kunstmuseum krönt. Der ist begehbar und zeigt den oben Wandelnden die Stadt mal in Grün, Rot oder Gelb. Im Museumsrestaurant folgt ein gewisses Aufatmen. Dort ist nur der Blattsalat grün, sind die Himbeeren rot und die Zitronen gelb.
Insgesamt geben sich die Dänen gelassen. Bei der jährlichen Umfrage, wo die Menschen am glücklichsten sind, haben mal die Dänen, mal die Finnen die Nase vorn. Bei den deutschen Urlaubern sind sie bereits die Sieger. 2021 stammten 50 Prozent der ausländischen Gäste aus Deutschland, da sie sich in Dänemark offenbar wohl und sicher fühlten.
Beliebtes Reiseziel der Deutschen
So richtig grün, Bio und nachhaltig wird es in der angrenzenden Region Djursland und dort in Auning im „Grønne Museum". Dieses „Grünen Museum" findet sich in Backsteinbauten aus dem 16. Jahrhundert. Im Park grünt und blüht es bis in den Spätherbst hinein. Das Ensemble gehört zum Schloss Gammel Estrup, nun ebenfalls ein Museum. Gammel bedeutet im Dänischen nicht vergammelt, sondern alt und ist eher positiv besetzt.
Im Grünen Museum sind frühere Küchenutensilien, altes Geschirr, Werkzeug und sogar ein Pølser-Wagen zu sehen, weiß mit großen roten Rädern, „Varme Pølser, 25 Øre", steht darauf. Das waren noch Zeiten. Heutzutage ist Dänemark nicht mehr ein Billigland, bietet aber viel Qualität.
„In der allerhöchsten Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot", lautet ein Sprichwort, doch so werden die Gäste im Grünen Museum nicht abgespeist und auch nicht im Kochtrakt. Beim traditionellen Kochkurs müssen die Gruppen selbst fürs Sattwerden sorgen. Abgesehen von der Januar-Pause sind diese Kurse ganzjährig buchbar. Eine Anmeldung ist unter info@dgmuseum.dk möglich.
Butter machen im Handrührgerät
Nun ist Kochen wie zu Uromas Zeiten angesagt. Zwei junge Frauen – Karoline und Mathilde – stehen den Neulingen hilfreich zur Seite. Ein Mann zögert. „Kochen? Das macht zu Hause immer meine Frau", bekennt er. Okay. Stattdessen soll er buttern, denn „gute Butter" ist für die Dänen das A und O. Sogleich schüttet Begleiter Rasmus Amtkjaer frische Milch in ein Holzfass und zeigt, was zu tun ist. Ausdauer und gleichmäßiges Tempo sind wichtig. Während Mathilde an einem alten eisernen Kochherd steht und in einer Soße rührt, macht sich Karoline am offenen Feuer zu schaffen und schaut schon mal in einen hohen, mit Heu gefüllten Holzkasten. „Eine halbgare Mahlzeit wird da drin in einer Stunde von alleine gar", erklärt sie. Energiesparen war schon früher üblich.
Eine Kochschülerin rührt derweil nach altem Rezept den Teig für die Kartoffelplinsen. Den vorab geriebenen Kartoffeln fügt sie vier Eier, Mehl, Butter, etwas Zucker und Apfelschnitze hinzu. Bald schmurgeln die Plinsen duftend in einer schweren Eisenpfanne. Und jetzt ist Tempo nötig, um die dazugehörige Schlagsahne mit einem Handrührgerät steif zu kriegen.
Der Buttermacher hat auch brav gerührt und die Milch in einen gelben Butterklumpen verwandelt. Kochendes Wasser mit dünnen Apfelscheiben ergibt nun einen aromatischen Apfeltee. Der passt bestens zu diesem schmackhaft-gesunden Uroma-Lunch.
Doch damit nicht genug. In „Karens Køkken" am Hafen von Ebeltoft – mit Blick auf den Dreimaster „Fregatten Jylland" – warten noch „Sternschnuppen" (Stjerneskud) auf Testfreudige. Dieses beliebte Gericht wurde von einem Seemann erfunden. Doch kein Sauerkraut aus dem Fass kommt auf den Tisch, wie es früher als Vitamin-C-Spender zwecks Skorbut-Verhütung auf Schiffen üblich war. Stattdessen liegt ein kross gebratenes Schollen-Filet, begleitet von Lachsscheiben, Krabben, Blattsalat und Weißkohlfäden, auf den Tellern. Danach bringt Karen noch selbst gebackene Kekse, genannt Kransekager. Auch dazu kann niemand „Nein" sagen.
Auf der Fregatte Jylland vor den Fenstern, dem weltweit größten Holzschiff, gebaut 1860, wurden die Speisen in einer geräumigen Kombüse zubereitet. Auf der Steuerbordseite kümmerte sich der Chefkoch um die Mahlzeiten für die Offiziere und später auch um feine Gerichte für die Royals, die nach Umbau des Schiffes zur königlichen Yacht (1874) öfter an Bord waren. Backbord kochte der Smutje für die Mannschaft.
Anschließend wird ein Spaziergang durch Ebeltofts bezaubernde Altstadt ein Genuss für die Augen. Gemütlich wirkt das kleine Familienrestaurant „Mellem Jyder". Doch eine Essenspause ist nötig, um am Abend in Aarhus ein Dinner bei „Langhoff og Juhl", einem ökologisch orientierten Restaurant, genießen zu können. Auf Tierwohl wird dort besonders geachtet.
Das Amuse-Bouche – Jakobsmuschel mit Jerusalem-Artischocke auf einem alten Silberlöffel – überzeugt sofort, ebenso das sehr feine Kabeljau-Filet auf Polenta mit Spinat. Als Dessert wird Eis auf Corncream mit Brom- und Blaubeeren serviert. Köstlich!
Als köstlich fürs Auge erweist sich anderentags Aarhus’ Altstadt „Gamle By". Das älteste Gebäude ist der Aarhuser Bürgermeisterhof, ein Renaissance-Gebäude von 1597. Die übrigen Häuser stammen aus anderen Gegenden Dänemarks, wurden vor dem Abriss gerettet und nach Aarhus transportiert. Diese kunterbunte, durchaus echt wirkende Altstadt ist ein Magnet. Auch für die Dänen. Gern werden dort Geburtstage, Hochzeiten und sonstige Feste gefeiert. Im Gasthof „Gæstgivergården" ist eine Tischreservierung zu empfehlen. Feines Gebäck und verführerische Torten locken ins Café Bonnich. Nur das Bier, das drei fröhliche Herren in einem Keller brauen, ist gewöhnungsbedürftig.
In „Aarhus Streetfood", beliebt bei Dänen und Fremden, ist das nicht zu befürchten. Für die Food-Tour über den Globus, kreiert von Köchen aus aller Welt, wären Tage nötig. Schon durch seinen Namen animiert der Stand „Duck it, duck me, duck you". Die dünnen Entenbrust-Scheiben werden frisch gebraten und zergehen auf der Zunge. Eiscreme wird ebenfalls frisch produziert, aber nur am Stiel verkauft. Wer zwei Sorten kombinieren möchte, muss beidhändig und möglichst schnell schlecken, um nicht zu kleckern.
Dänisches Essen ist kein Dickmacher
Wie wär’s nun mit einer Verkostung bei „Stiller’s Coffee" im alten Latinerviertel, Klostergade 32 E? Der Chef, ein Deutscher, weiß wohl fast alles über Kaffee und kooperiert mit ausgewählten Plantagen. Zu seiner Kaffeebar gehören noch eine Kaffeerösterei, eine Kaffeewerkstatt und sogar eine Kaffeeakademie. Doch die Verkostung verwundert. Die erste Portion ähnelt dünnem Tee und hat kaum Aroma. Die nächsten sind dunkler und bitterer. Dass ein Espresso schwarz sein muss, sei den Italienern zuzuschreiben und nur eine Angewohnheit, kritisiert Stiller. Erst bei einem Capuccino nach bekannter Art werden die Kaffee-Verkoster wieder glücklich.
Noch mehr Vergnügen bereitet ein Drink auf der Dachterrasse vom Kaufhaus Salling in der Østergade. Bei „Æbleskiver", einer Art Krapfen, und einem heißen Glas Gløgg (Glühwein) liegt den Gästen die Stadt mit dem gotischen Dom zu Füßen. In der Ferne sind der Hafen und das Meer zu sehen. Wer keine Höhenangst hat, stellt sich auf ein Glasfenster im Boden und schaut 25 Meter in die Tiefe. Klitzeklein wirken die Menschen in der Fußgängerzone.
Nach dieser Mutprobe muss sich niemand vor „Mefisto" im Latinerviertel fürchten. Fast teuflisch gut sind die Speisen, gilt doch dieses Restaurant als eines der besten in Aarhus. Zur reichlichen mit frischem Dill garnierten Lachsportion gesellen sich ein krosses Blätterteig-Brötchen und eine Terrine mit Spinat in Sahnecreme. Alles fantasievoll und sehr lecker. Es bleibt ein Genuss ohne Reue, auch daheim beim Blick auf die Waage. Ein halbes Kilo mehr zeigt sie an. Na und? Das schwindet im Alltag schnell. Gutes dänisches Essen ist also kein Dickmacher!