Psychologie wollte sie studieren, den Platz an der Uni hatte sie schon. Doch es sollte anders kommen. Der Zufall führte Nina Links auf die Musicalbühne, auf der die 26-Jährige heute als Profi-Darstellerin in diversen Rollen überzeugt.
Musical, das ist ein Gesamtpaket. Auf der Bühne stehen. Das Publikum unterhalten. Singen und tanzen. Nina Links hat sich für dieses Gesamtpaket entschieden und fasst gerade erfolgreich Fuß in einem Beruf, von dem viele nur träumen. Die 26-Jährige ist Musicaldarstellerin. Dass dieser Job einiges an Fähigkeiten, an Flexibilität und Disziplin verlangt, wird beim Blick hinter die Kulissen schnell klar. Dass aber auch Herzlichkeit und Humor nicht schaden können, merkt man, wenn man Nina Links trifft. Dabei war der Weg auf die Bühne eigentlich gar nicht geplant.
Wenn Nina Links ihrem ursprünglichen Berufswunsch gefolgt wäre, hätte sie heute vielleicht irgendwo eine Praxis, sie wäre Therapeutin, Gutachterin oder Psychologin. Jedenfalls würde sie nicht das tun, was sie jetzt macht. Nach dem Abitur 2009 stand eigentlich ein Psychologiestudium auf dem Plan, für das sie an der Universität des Saarlandes bereits einen sicheren Platz hatte. Dass die Saarländerin heute als Musicaldarstellerin in ganz Deutschland unterwegs ist, verdankt sie einem Zufall – oder vielleicht auch dem Schicksal.
Sie erinnert sich an die entscheidende Zeit zwischen Abitur und Studium: „Ich habe in den Sommerferien einen Musicalworkshop in Frankfurt gemacht." Und fügt hinzu: „Aber nur aus Spaß, um zwei Wochen zu überbrücken." Danach erhält sie ein Angebot. Die Musicalschule, die den Workshop veranstaltet hat, schlägt ihr vor, dort den Beruf der Musicaldarstellerin zu lernen. Die Aufnahmeprüfung hat sie sich durch den Workshop praktischerweise bereits gespart. Nina Links ist spontan und packt die aufregende Gelegenheit beim Schopf. So geht es aus dem Saarland nach Frankfurt, aus Psychologie wird Musical. Dieser mutige Schritt ist auch heute noch eine Entscheidung, die sie nicht bereut.
Ein Musicalworkshop stellte die Weichen
Viele Eltern wären wahrscheinlich weniger angetan, wenn die Tochter ihre seriösen Studienpläne zugunsten eines Künstlerberufs über den Haufen wirft. Bei Familie Links sieht das anders aus. Ihre Eltern unterstützen die Tochter bei ihren Plänen. „Sie haben mir sehr vertraut und auch darauf vertraut, dass ich das realistisch einschätze." Dabei ist sie sich bewusst, dass es auch ganz andere Fälle gibt von Kollegen, die sich „alleine durchboxen" müssen. Nina Links weiß, was sie an ihrer Familie hat. „Ich habe ganz tolle Eltern. Dafür bin ich sehr dankbar."
Und das Vertrauen ihrer Eltern war goldrichtig. Nach drei Jahren beendet sie ihr Studium erfolgreich und kann sich seitdem Diplom-Musicaldarstellerin nennen. Dieser etwas sperrige Begriff bezeichnet etwas, das in der Realität nicht direkt greifbar ist. Den Studiengang könne man schlecht mit herkömmlichen Ausbildungsberufen vergleichen, erzählt Nina Links. Ein bisschen wie Uni, ein bisschen wie eine Lehre und vor allen Dingen kombiniert mit viel Praxiserfahrung. Richtig los geht es dann aber für die fertigen Musicaldarsteller erst im Anschluss an das Studium. Wer auf dem Markt Fuß fassen will, braucht auch danach Durchhaltevermögen. Nicht immer wartet der große Ruhm.
Dessen ist sich Nina Links bewusst, und so trifft sie nach ihrem Abschluss eine weitere Entscheidung. Anstatt sich gleich ins Musicalleben zu stürzen, nimmt sie sich Zeit für ein zweites Studium. Sie setzt auf den berühmten Plan B, den viele nicht haben. Bei Nina Links gestaltet er sich so, dass sie zusätzlich Publizistik und Amerikanistik an der Universität in Mainz studiert. Aber natürlich ruht auch der eigentliche A-Plan während dieser Zeit nicht.
Dem Musiktheater bleibt die junge Frau während des Studiums treu und wirkt bei mehreren Produktionen des „Jungen Staatsmusicals" am Hessischen Staatstheater in Wiesbaden mit. Im Jahr 2016 hat sie schließlich den Abschluss in Mainz in der Tasche und wendet sich von nun an voll und ganz dem Musical zu.
Nina Links landet direkt einen Erfolg: Im Sommer 2017 wird sie für die Hauptrolle der Alex Owens im Stück „Flashdance" in Meppen gecastet. Für die begeisterte Tänzerin eine Traumrolle, für die sie wie gemacht ist. Groß, schlank und tänzerisch hochkarätig, mit einem wilden Lockenkopf. Wenn man Nina Links sieht, bleibt aber nicht nur ihr Aussehen in Erinnerung, sondern vor allem auch ihre positive Ausstrahlung.
„Manchmal ist es einfach Glück"
Musicaldarsteller müssen flexibel sein und viel reisen. Je nach Engagement verbringen sie mehrere Wochen in einer fremden Stadt, um dort zu arbeiten und auch zu leben. Manchmal werden Wohnmöglichkeiten vom Theater bezahlt, manchmal müssen die Künstler die Kosten selbst tragen. Nina Links hat gerade ihre Wohnung, die sie in den vergangenen Jahren in Wiesbaden hatte, aufgegeben. „In den nächsten zehn Monaten habe ich viele unterschiedliche Engagements in drei oder vier Städten." Eine Wohnung zu unterhalten und letztlich doch nicht dort zu wohnen, würde sich nicht lohnen. „Deshalb bin ich im Moment erst mal wohnungslos", erzählt sie. Ein bisschen Wehmut schwingt in diesen Worten mit, denn in Wiesbaden habe sie sich sehr wohlgefühlt. Doch auch das aktuelle Engagement bietet seine Vorzüge hinsichtlich der Wohnsituation. Momentan arbeitet Nina Links am Saarländischen Staatstheater und kann für diese Zeit wieder bei ihren Eltern einziehen. Auf diese Zeit habe sie sich gefreut, nicht zuletzt, weil sie sich hier eben daheim fühlt: „Im Saarland ist immer mein Zuhause."
In Saarbrücken wirkt sie in den Stücken „Blues Brothers" und „My Fair Lady" mit. Bei Letzterem ist sie zusätzlich als Dance Captain eingesetzt. Das bedeutet, sie arbeitet als Assistentin des Choreografen und ist Ansprechpartnerin für das Ensemble in Fragen rund um den Tanz und die Choreographie des Stücks. Neue Rollen zu erhalten, ist nicht immer leicht. Für Nina Links hat sich bisher oft ein neues Engagement aus einem vorhergehenden ergeben. Selbstverständlich ist das nicht, das weiß sie auch: „Manchmal sind es einfach Glück und Zufall." Vor allem Frauen sind im Musicalgeschäft zahlreich vertreten. Nina Links weiß, dass man als weibliche Darstellerin oft nur eine von vielen ist: „Selbst, wenn man perfekt singt und tanzt, auf den Typ passt und sympathisch ist, gibt’s immer noch zehn andere, die diese Kriterien auch erfüllen."
Sie mag ihren Beruf trotzdem. Mit Begeisterung erzählt sie von Momenten, die den Abend auf der Bühne zu etwas Besonderem machen: „Immer, wenn du vor Publikum stehst, hast du die Verantwortung, dass du die Menschen unterhältst. Aber mein Anspruch ist es auch, das Publikum zu erreichen. Dass es ans Herz geht. Und wenn man merkt, dass man das an einem Abend erreicht hat – da bekomme ich jetzt noch Gänsehaut. Es ist egal, in welcher Rolle man ist, ob man im Ensemble war oder die Hauptrolle gespielt hat."
Nina Links arbeitet mit viel Herz. Das gilt sowohl für ihre Zeit auf der Bühne als auch die dahinter. Sie betont, wie wichtig der kollegiale Zusammenhalt ist. Im Laufe der Zeit haben sich so für sie enge Freundschaften entwickelt. Das sei, wie Nina Links erzählt, gerade im Bühnengeschäft gar nicht so selbstverständlich.
Musicals stehen oft für seichte, massentaugliche Unterhaltung, für große Show und Kitsch. Fragt man Nina Links, ob es eine Rolle gibt, von der sie träumt, ist ihr Wunsch weit von diesen Shows entfernt. Ihr Traum wäre es, die Rolle der Cathy im Stück „Die letzten 5 Jahre" zu spielen, einem kleinen, intimen Off-Broadway-Stück. Es gibt nur zwei Darsteller, einen Mann und eine Frau, die ihre gescheiterte Beziehung thematisieren. Dialoge gibt es in diesem Kammerspiel kaum, das meiste drückt die Musik aus. Ein Broadway-Hit sieht anders aus, doch der Erfolg dieses Stücks von Jason Robert Brown bei den Kritikern zeigt, dass Musical eben mehr sein kann. Diese Rolle wäre, sagt Nina Links, aber eher in einigen Jahren ein Projekt.
Wo sie sich in zehn Jahren sieht, weiß sie noch nicht. In dieser Zeit kann viel passieren, neue Engagements, neue Möglichkeiten, vielleicht Haus und Familie. Was die Zukunft ihr sonst bringt, dem gegenüber ist sie offen. Im Moment steht Nina Links jedenfalls mit beiden Beinen fest auf der Bühne.