Im September wird gleich drei Mal im Osten gewählt: Sachsen und Thüringen machen am 1. den Auftakt, dann folgt Brandenburg am 22. September. Der Wahlkampf ist hitzig – und könnte Folgen für die ganze Republik haben.
Es ist halt der Osten! Gewiss, insbesondere die Parteien, die im Ost-Wahlkampf mit Antimigrationsrhetorik auffallen, haben einen enormen Stimmenzuwachs zu verzeichnen. Aber ist das wirklich nur ein Ost-Problem? Gerne werden die „neuen“ Bundesländer als Sonderfälle betrachtet, aber sind sie das wirklich? Schaut man sich den gesamteuropäischen Vergleich an, könnten Sachsen, Thüringen und Brandenburg keine Sonderfälle, sondern die gesamtdeutsche Zukunft sein.
Der Ton wird rauer, nicht nur im Osten. Aufsehen erregte nicht zuletzt der Sozialdemokrat Matthias Ecke, der beim Plakatieren für die Europawahl Anfang Mai in Dresden von einem Trupp Rechtsextremer krankenhausreif geprügelt wurde. Oder die Brandenburger Landtagskandidatin Adeline Abimnwi Awemo (CDU), die in Cottbus Opfer von Gewalt werden sollte. „Gewalt und Hetze in unserer Gesellschaft betreffen nicht nur die Innenpolitik“, betonte auch Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU). Verrohung und Enthemmung seien ein Problem der gesamten Gesellschaft, nicht nur im Osten und nicht nur in Deutschland.
Dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – scheinen gerade extreme Meinungen Wählerstimmen zu generieren. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) schaffte es aus dem Stand in allen drei Ländern auf ein zweistelliges Umfrageergebnis, die AfD hat nach Prognosen fast überall die Mehrheit. Das mag auch an Themensetzung und Rhetorik liegen. Beide haben den Krieg in der Ukraine zu einem zentralen Element erklärt – auf einer politischen Ebene, die dort kaum Einfluss hat. Wo Wagenknecht von „starken Zeichen gegen die Raketenpläne der Amerikaner und der Ampel“ spricht, sieht Thüringens AfD-Chef Björn Höcke die Ostwahlen als entscheidend dafür, „ob dieses Land den Kriegskurs verlässt oder ob es weiter in Richtung Kriegs-Eskalation hineinmündet.“
Ukraine-Krieg und Unzufriedenheit
Von den etablierten Parteien schneidet die CDU in den Umfragen noch am besten ab, doch fehlt ihnen nicht nur ein klassisches Gewinnerthema, sondern in Teilen auch die klare Abgrenzung nach rechts. In zahlreichen Kommunen und auch auf Landesebene hat die CDU in jüngster Vergangenheit gemeinsam mit der AfD abgestimmt und Entscheidungen wie etwa das Gender-Verbot in Thüringen durchgesetzt. Dennoch bleibt die Union dabei: Die Brandmauer nach rechts soll bestehen bleiben – und auch nach links will man sich abgrenzen.
Doch genau das sorgt für das nächste große Problem, bei dem gerade die Union nur verlieren kann: Mit wem soll eine Regierungsbildung gelingen? In Sachsen wäre nach aktuellem Stand nicht einmal dann eine Mehrheit ohne AfD und BSW möglich, wenn alle weiteren Parteien koalieren.
Gefahren, auf die auch der Bund früher oder später zusteuern könnte. Denn die Probleme liegen am Ende nicht bei „Ost“ oder „West“. Die Unzufriedenheit mit der aktuellen politischen Situation wächst. Rund 79 Prozent der Befragten des ARD-Deutschland-Trends Anfang August gaben an, weniger oder gar nicht zufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung zu sein. Viele sind in Zeiten von Kriegen und Bedrohungen verunsichert. Alles Themen, aus denen man gerade an den Rändern im Wahlkampf ordentlich Profit schlagen kann.
Die Wahlen im Osten sind am Ende also weit mehr als „nur“ der Osten, sondern ein Stück weit auch Probelauf vor der nächsten Bundestagswahl. 392 Tage später – wenn alles gut läuft.