Marcel Steinbauer hat ein großes Ziel: Im Herbst will er erstmals auf einer Bodybuilding-Bühne stehen. Entsprechend plant er seinen Alltag.
Es gibt Momente, da muss Marcel Steinbauer auch mal über sich selbst lachen. Wenn er zum Beispiel mit seiner Freundin Katharina essen geht oder eine Familienfeier ansteht, dann hat er sein vorgekochtes Essen immer dabei. Auch im Restaurant. „Es kommt schon mal vor, dass die Leute komisch schauen. Aber mir macht das nichts aus. In meinem Umfeld akzeptiert ohnehin jeder meinen Lebensstil. Ohne diese Unterstützung würde es auch nicht gehen“, sagt der 21-Jährige.
Mit eigenem Essen ins Restaurant
Der gelernte Installations- und Gebäudetechniker stammt aus der Steiermark in Österreich, aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Graz. Sport hat er immer schon gerne getrieben. Bis vor drei Jahren spielte er aktiv Fußball, „doch irgendwann war ich dafür zu breit“, sagt er lachend. Steinbauer ist das, was man im Sportlerjargon landläufig als Modellathlet bezeichnet: 1,85 Meter groß und mit einem derzeitigen Gewicht von 92 Kilo. Doch innerhalb der Bodybuilding-Szene ist er noch ein Newcomer. Im Herbst stehen die ersten Wettkämpfe an, derzeit befindet sich der junge Athlet in seiner ersten „Prep“, was Vorbereitung bedeutet. Diese dauert in aller Regel rund 30 Wochen. Nach einer langen Phase des kontrollierten Muskelaufbaus, an deren Ende er 102 Kilo wog, befindet er sich nun seit einigen Wochen in der Diät. Zehn Kilo hat er bereits runter, weitere zehn sollen noch folgen. „Am Ende soll das Wettkampfgewicht bei etwa 83 Kilo liegen. Aber man kann es nicht genau auf jedes Gramm vorhersagen.“ Wichtig ist vor allem, dass nicht zu viel Muskelmasse verloren geht.

Steinbauer geht einen beschwerlichen Weg, der viel Disziplin verlangt. Dennoch sagt er: „Ich habe es mir selbst ausgesucht und kann mir derzeit kein schöneres Leben vorstellen.“ Sein Leben besteht vor allem aus Routinen. Jede Mahlzeit ist auf das Gramm genau abgewogen, sämtliche Kalorien und Makronährstoffe werden mit einer App erfasst. „Ich esse eigentlich jeden Tag das gleiche“, sagt er: „Ab und an variiere ich ein bisschen bei einer Soße. Aber das war es auch schon.“ Angefangen hat Marcel mit 17 Jahren. Er ist ein bescheidener, höflicher junger Mann mit hintergründigem Humor: „Ich habe schon gottgegebene Gene, das muss man einfach so sagen“, sagt er grinsend mit Blick auf seine Physis. Sprich: Disziplin ist in diesem Sport zwar (fast) alles, aber ein gewisses Talent und die körperlichen Voraussetzungen braucht es schon auch. Begonnen hat der Bodybuilder aus der Steiermark wie viele Jugendliche: Irgendwann hat er sich im Fitnessstudio angemeldet, auch weil er abseits des Fußballplatzes etwas für seine Physis tun wollte. Doch er merkte schnell, dass der Lifestyle der Bodybuilder für ihn eine besondere Faszination ausübte. Während sich andere Jungs in seinem Alter auf die vorgefertigten Pläne der Studiotrainer verließen, hat er Hunderte von Youtube-Videos von Branchen-Größen angesehen und analysiert. „Ich habe mir in den ersten drei Jahren eigentlich alles selbst beigebracht. Es ist kein Hexenwerk, es braucht Geduld und Spaß. Und man muss gewisse Dinge ausprobieren, ob sie zu einem passen“, sagt er. Seit einem Jahr arbeitet Steinbauer mit dem Wiener Personaltrainer Tobias Büchner zusammen, der im Wiener Kult-Studio „Das Gym“ arbeitet, das sich selbst als „Europas Mekka des Kraftsports“ bezeichnet. Der 29-Jährige hat schon mehrere Athleten auf die Bühne gebracht und ist derzeit Steinbauers wichtigster Ansprechpartner. Der Gang auf die professionelle Bühne ist dabei mehr als reines Krafttraining. Neben den körperlichen Voraussetzungen muss auch die Präsentation stimmen. Neben seinem üblichen Trainingsalltag übt Steinbauer daher regelmäßig die entsprechenden Posen. In einem Instagram-Video formuliert es sein Trainer drastisch: „Es gibt viele Athleten, die stehen wie ein Sack Kartoffeln auf der Bühne. Die haben keine Chance.“
Bis es so weit ist, will Steinbauer nichts dem Zufall überlassen. Derzeit arbeitet der 21-Jährige noch im Schichtdienst, was vom Zeitmanagement her nicht optimal ist. Nebenbei absolviert er derzeit Trainer-Lizenzen und baut sich ein Standbein als Personal Coach auf. „Langfristig sehe ich meine berufliche Perspektive im Sportbereich“, sagt er. Sein Tag beginnt in aller Regel um 7.30 Uhr und endet gegen 22 Uhr. Er trainiert nicht jeden Tag, was dem weit verbreiteten Vorurteil widerspricht. „Viel bringt nicht zwangsläufig viel. Die Regeneration ist genauso wichtig wie das eigentliche Training“, sagt er. Neben dem Fitnessstudio bestimmen die Planung der Mahlzeiten sowie Spaziergänge den Tagesablauf des 21-Jährigen. Freundin Katharina, die selbst sehr sportaffin ist, trägt diesen Lebensstil mit. „Sie geht selbst gerne ins Studio, hat aber keine Wettkampfambitionen. Für mich ist es auch völlig okay, wenn sie mal mit ihren Mädels feiern geht. Für mich sind Schlaf und Erholung wichtig, daher kommen Dinge wie Clubs nicht infrage“, sagt er.
Das Umfeld muss mitziehen
Steinbauer wird im Herbst an Wettkämpfen in einer naturalen Klasse antreten, was bedeutet, dass Wachstumsmittel, die auf der Doping-Liste stehen, strikt tabu sind. Ohnehin lässt Steinbauer seinen körperlichen Zustand regelmäßig von einem Arzt checken. „In der Aufbauphase nimmt man mehr Kalorien zu sich, in der Diät weniger. Hinzu kommt, dass man viele eiweißhaltige Lebensmittel konsumiert. Daher ist es wichtig, die Blutwerte regelmäßig checken zu lassen. Ich will diesen Sport ja nicht kurzfristig, sondern am liebsten mein ganzes Leben lang betreiben“, sagt er. Sport hat sein Leben schon immer geprägt. Und so schrieb er im Jahr 2019 die Macher der Reihe „Ninja Warriors“ an. Dabei handelt es sich um eine von RTL seit 2016 gesendete Spielshow, in der Kandidaten verschiedene Parcours überwinden müssen. Steinbauer wurde tatsächlich angenommen, auf das Siegertreppchen schaffte er es aber nicht. „Ich bin während des Parcours ins Wasser geplumpst. Vermutlich war ich schon zu schwer“, sagt er, und das ist wieder einer der Momente, in denen er über sich lachen muss. Den Sprung auf das Podest hat er sich vielleicht für die Bodybuilding-Wettkämpfe aufgehoben.