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WAS MACHT EIGENTLICH...

Mit nur 38 Jahren übernahm Rösler den Vorsitz der Bundes-FDP − und sollte am Ende kläglich scheitern
Foto: imago / DATA73

… Philipp Rösler?

Der FDP-Politiker war von 2009 bis 2013 Bundesminister für Gesundheit und für Wirtschaft. Danach arbeitete er fürs Weltwirtschaftsforum und eine Stiftung des chinesischen Konzerns HNA. Heute ist der 51-jährige Unternehmensberater der Honorarkonsul für Vietnam.

Als Philipp Rösler 2011 mit 38 Jahren den Vorsitz der Bundes-FDP übernahm, galt er vielen als „Hoffnungsträger der Liberalen“. Zuerst als Gesundheitsminister, dann als Wirtschaftsminister und Vizekanzler von Angela Merkel wurde der promovierte Mediziner vier Jahre lang zu einer der schillerndsten Persönlichkeiten der deutschen Politik. Einige seiner damaligen Projekte wie die gescheiterte Gesundheitsprämie, die kritisierte Gesundheitsreform, das „Einfrieren“ der Arbeitgeberzuschüsse zur gesetzlichen Krankenversicherung oder seine umstrittenen Vorstellungen bezüglich der Energiewende trugen dazu bei, seinen politischen Höhenflug schon zwei Jahre später zu bremsen. 

Hoffnungsträger der Liberalen

Als die FDP dann bei der Bundestagswahl 2013 erstmals den Einzug ins Parlament verpasste, gab Rösler den von Guido Westerwelle übernommenen Parteivorsitz an den vorherigen Generalsekretär Christian Lindner ab und verabschiedete sich gleich ganz von der Politik, wo er „viel über Menschen und Macht gelernt“ habe. Er siedelte 2013 mit seiner Familie nach Zürich um und arbeitete von dort zwischen 2014 und 2017 als Vorstandsmitglied und Geschäftsführer für das Weltwirtschaftsforum in Genf, wo er für Regierungskontakte zuständig war und so bei internationalen Veranstaltungen sehr gute Verbindungen zu Führungseliten verschiedener Länder aufbauen konnte. Dabei entstand der Kontakt zu dem umstrittenen chinesischen Mischkonzern HNA, wo Rösler 2017 Vorsitzender in dessen neuer Stiftung „Hainan Cihang Charity“ mit Sitz in New York wurde. Von den Problemen, die HNA etwa mit der deutschen Finanzaufsicht hatte, hat der Ex-FDP-Chef sich stets distanziert, weil er als Stiftungsvorstand damit nichts zu tun hatte. 

Philipp Rösler ist seit 2021 in der Schweiz Honorarkonsul für Vietnam
Philipp Rösler ist seit 2021 in der Schweiz Honorarkonsul für Vietnam - Foto: imago images/Eventpress

Schon nach 18 Monaten verließ er HNA und arbeitet seitdem von Zürich aus beratend für verschiedene Organisationen und Unternehmen. So saß Rösler von 2018 bis Februar 2023 im Aufsichtsrat von Siemens Healthineers und ist heute in einer solchen Funktion noch tätig bei der Bremer Constructor University (seit 2018), beim finnischen Energiekonzern Fortum (seit 2019), bei der Münchner IT-Firma Brainloop (seit 2020), beim vietnamesischen Agrar-Konzern Loc Troi Group und seit neuestem beim Schweizer Blockchain-Unternehmen CV VC. 2020 wurde er Beiratsmitglied beim Coworking-Start-up „Rent 24“. Derzeit berät Rösler dem „Handelsblatt“ zufolge mit seinem 2020 in Zug gegründeten Unternehmen „Consessor AG“ vor allem Start-ups der Fintech-Branche und Firmen aus seinem Geburtsland Vietnam und entwickelt für die Kunden Marktentwicklungsstrategien und neue Geschäftsmodelle. 

„2024 wird das Jahr von Vietnam und der vietnamesischen Wirtschaft“, verkündet Rösler auf seiner Website und verweist darauf, dass jüngst sogar US-Präsident Biden und Chinas Staatschef Xi das Land besucht haben. Um diesen Aufwärtstrend zu stärken und das Land voranzubringen, ruft er Vietnamesen in aller Welt auf, in dem von seiner Firma geschaffenen „familiären“ Netzwerk mitzuarbeiten. Er selbst beabsichtigt derzeit, vor Ort ein Finanzcenter aufzubauen, das vietnamesischen Firmen einen besseren Zugang zu globalen Finanzmärkten und bessere Entwicklungschancen ermöglicht.

„Habe mich in die Schweiz verliebt“

Der als neun Monate altes, namenloses Waisenkind während des Vietnamkrieges von einem deutschen Ehepaar adoptierte Rösler hat während seiner politischen Tätigkeiten keine Versuche unternommen, seine Herkunft zu erkunden. Sein Geburtsland besuchte er erstmals 2012 und sein ehemaliges Waisenhaus sogar erst 2022. Den Besuch dieses katholischen Hauses, wo Nonnen derzeit 25 Waisenkinder betreuen, bezeichnete Rösler hinterher als „bewegendsten Moment meines Lebens“. Inzwischen ist Vietnam zu seiner „Herzensangelegenheit“ geworden. Vor allem seit er 2021 in der Schweiz Honorarkonsul für Vietnam wurde, besucht er nicht nur in dieser Funktion regelmäßig seine alte Heimat: „Ich will eine Brückenfunktion einnehmen zwischen dem deutschsprachigen Raum und Südostasien“, erklärte Rösler gegenüber der „Handelszeitung“. 

Mit seiner Consessor AG berät er deshalb Unternehmen aus beiden Regionen bei der Expansion im jeweils anderen Kulturraum. Seine Heimat in der Schweiz will er keineswegs verlassen: „Ich habe mich in die Schweiz verliebt“, gesteht der Ex-Bundesminister. Außerdem habe seine Frau Wiebke dort eine lukrative Stelle als Krankenhaus-Ärztin und die beiden Töchter des Paares seien dort inzwischen schon länger zu Hause als zuvor in Deutschland. Nicht vergessen hat Rösler auch die Medizinische Hochschule Hannover, an der er selbst zum Arzt ausgebildet worden war: 2020 half der Udo-Jürgens-Fan finanziell bei Aufbau und Koordination einer Covid-19-Behelfsklinik auf dem Gelände der Hannover-Messe. Neben seinen beruflichen Tätigkeiten war Rösler ab 2008 auch Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken und im ZDF-Fernsehrat (2012/13), dazu noch Vorsitzender der Robert-Enke-Stiftung (2010–14) und gehörte von 2018–22 dem Kuratorium der Bertelsmann Stiftung an. 

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