Sportlich war Bentley schon immer. In den vergangenen Jahren hat die Marke sich jedoch neu erfunden. Das SUV von Bentley ist mehr ein Sportwagen als ein SUV, jedenfalls was seine Fahreigenschaften angeht. Wir haben den Bentley Bentayga S getestet – aus der Sicht des Beifahrers.

Früher stand Bentley für zurückhaltende Luxusautos, die sich durch sportliche Fahreigenschaften hervortaten. Chrom war wichtiger Bestandteil der Fahrzeuge, dezente Eleganz, die vermied aufzufallen, ebenfalls. Das hat sich – im positiven Sinn – geändert. Immer noch steht Bentley für sportlichen und dynamischen Luxus, aber die optische Zurückhaltung ist einer avantgardistischen Haltung gewichen. Unser Testwagen ist in einem matten Hellgrau lackiert. An den unteren Kanten des Fahrzeugs verläuft eine farbige Zierleiste – in Pink! Was schräg klingt, sieht einfach faszinierend aus. Ein Aufschrei, der raus will aus der dezenten Nische. Bentley fällt auf, jedoch dezent und auf eine Art, die deutlich macht, dass hier jemand kommt, der sich Luxus leisten kann, aber keine Lust hat, sich deswegen zu verstecken, ohne aber protzig zu sein. Man ist etwas Besonderes, jung und dynamisch.
Farbdesign im Wert eines eigenen Autos

Chrom – nein danke. Jedenfalls bei unserem Testwagen. Eine Vorstellung, die mir so gar nicht gefallen wollte, bis ich den Bentley Bentayga S in natura gesehen habe. Das Auto ist „entchromt“. Alles, was ich in Chrom erwartet hätte – etwa den Kühlergrill, die Umrandung der Scheinwerfer, die Türgriffe, eben gesetztes Understatement – ist matt schwarz lackiert. Faszinierend schön! Eine Kombination, auf die ich selbst nicht gekommen wäre, nicht bei diesem Auto. Dafür bedurfte es der Expertise von Mulliner, einer Ausstattungsvariante von Bentley. Das schicke Farbdesign schlägt allerdings mit 24.375 Euro – netto – zu Buche. Es nennt sich „Light grey satin“ und ist wirklich wunderschön, wenngleich andere sich für das Geld ein komplettes Auto kaufen.
Von vorn imponiert ein großer Kühlergrill, der dadurch an Wucht verliert, dass er matt schwarz lackiert ist. Er ist umgeben von großen Lufteinlässen, die den 8-Zylinder-Verbrennungsmotor belüften, während dieser seine Arbeit verrichtet.
Wie von Bentley bekannt, ist der Kühlergrill auf jeder Seite von zwei unterschiedlich großen Scheinwerfern eingefasst, die nach außen hin eine ansteigende Linie zeichnen. Ein Designmerkmal, das für Erfolg, Sympathie und positive Dynamik steht. Neu ist hingegen, dass der Kühlergrill zwar das Logo von Bentley trägt, das geflügelte B aber auf der Motorhaube liegt und dort nicht mehr wie eine Gallionsfigur thront. Es passt zu diesem Auto.

Wer den Bentley Bentayga S von hinten sieht, was auf der Autobahn den meisten so gehen dürfte, sieht ein großzügiges, in schlichter Eleganz gehaltenes Heck, das unter der Fensterkante einen leichten Spoiler ausbildet. Diese Erhabenheit unterstützt die kräftige Erscheinung des Dachspoilers, die bei jeder Geschwindigkeit für einen guten Andruck auf die Straße sorgt. Das Nummernschild des Wagens ist von zwei Auspuffrohren eingerahmt, die unterhalb des Stoßfängers in die Karosserie integriert sind.
Von der Seite betrachtet zeigt der Bentayga ebenfalls eine leicht ansteigende Linie zum Heck hin. Hinter dem vorderen Kotflügel, der ein 22-Zoll-Rad überdeckt, findet sich ein Lufteinlass. Die hinteren Kotflügel lassen keinen Zweifel an der Kraft des Bentley Bentayga. Sie wölben sich weit über die hinteren Räder hinaus und bilden somit ein schwungvolles Radhaus. Das i-Tüpfelchen ist auch an der Seite die feine pinkfarbene Linie, die schon von der Front her bekannt ist. Die hinteren Fenster sind durchgehend dunkel getönt. An den hinteren Seitenfenstern finden sich im Innenraum elektrische Sonnenblenden, die einen Blick nach außen aber nicht verwehren.
Exzellente Sitze mit höchstem Komfort
Auch im Innenraum gibt es sowohl an den Sitzkanten als auch an den Abgrenzungen des Fahrgastraums und in den Türverkleidungen pinkfarbene Elemente. Ein Designmerkmal, das für extravagante Frische sorgt. Vor dem Beifahrersitz symbolisiert ein in eine polierte Aluplatte eingeschliffenes Muster Diamanten. Rosa Diamanten, mit die wertvollsten Diamanten, die es gibt. Das Armaturenbrett ist in hochwertiges Leder eingefasst, geziert von Steppnähten. Die Mittelkonsole beherbergt ein aufgeräumtes, übersichtliches Sortiment an Bedienelementen, die für den Beifahrer selbsterklärend und leicht bedienbar sind. Ausgesprochen positiv fällt das große Display auf, das hauptsächlich das Navi präsentiert. Es ist groß, aber nicht überdimensioniert, und es ist in das Armaturenbrett integriert. Nicht aufgesetzt. Für den kleinen Schluck Tee zwischendurch hat die Mittelkonsole zwei Cupholder, direkt neben dem Schaltknüppel. Das Display des Fahrers wirkt modern und gut ablesbar. Die Funktionalität sei auch sehr gut, sagt mein Fahrer.

Exzellent sind die Sitze, die wir in jeglicher Hinsicht einstellen können. Die Auflagefläche der Oberschenkel, deren Neigung, die Rückenlehne mit einer Lordosenstütze, die Seitenpolster für Oberschenkel und Rücken – einfach alles lässt sich perfekt elektrisch anpassen. Nicht nur auf langen Strecken ist die eingebaute Massagefunktion für den Rücken – in Kombination mit der angenehmen Sitzheizung – ein Genuss. Bei warmem Wetter können alle Insassen ihren Sitz belüften. Dafür lässt sich eine Automatik aktivieren.
Hervorragende Kurvenlage
Für den bequemen Ein- und Ausstieg fahren die vorderen Sitze jeweils ein Stück nach hinten, sobald die Tür geöffnet wird. Sitzt der Passagier, bewegen sich die Sessel automatisch wieder nach vorn. Auf den hinteren Plätzen ist der Komfort genauso gut. Lediglich die Neigung der Rückenlehnen müssen die Fahrgäste von Hand verstellen. Dank einer Vier-Zonen-Klimaautomatik kann jeder Fahrgast sein eigenes Raumklima schaffen. Die beiden hinteren Mitfahrer können über die an den Rückenlehnen der Vordersitze angebrachten Monitore Musik streamen, Filme ansehen oder andere Dinge tun, die ihnen belieben. Damit das nicht zu einem fulminanten Crescendo an Dissonanzen führt, liegen in den Türablagen Bluetooth-Kopfhörer bereit. Das luftgefederte Fahrwerk des Bentley Bentayga lässt keine Wünsche offen. Über Kopfsteinpflaster gleitet es hinweg wie ein Luftkissenboot über die Wasseroberfläche. In schnell gefahrenen Kurven fehlt etwas – die Wankbewegung zur Seite. Es ist einfach faszinierend!

So viel Opulenz und – wenngleich dezente – Auffälligkeit und Understatement sorgen für Aufmerksamkeit. Noch am Münchener Flughafen überholt uns ein Polizeiwagen im Schritttempo. Gleich nach der Schranke des Parkplatzes steht er am Straßenrand, die Beamten stoppen uns. Begründung ist eine „Zollkontrolle“. Unser Auto hat ein britisches Kennzeichen. Wir fahren das Luxusauto aber in Deutschland. Da liegt der Verdacht nahe, dass wir in Deutschland ein in England angemeldetes Fahrzeug fahren. Und das wiederum könnte ein Zollverstoß sein. Die drei jungen Beamten sind sehr nett und zuvorkommend. Der Sachverhalt ist schnell aufgeklärt. Dennoch haben wir den Eindruck, dass der eigentliche Zweck der Kontrolle das Interesse an unserem Auto war, denn die mehr oder weniger verstohlenen Blicke ins Innere des Wagens waren durchaus auffällig.
Auf dem Parkplatz eines bayerischen Schlosses erregen wir ebenfalls Aufmerksamkeit. Einige Passanten nähern sich bis auf etwa 20 Meter und debattieren dann aus der Ferne darüber, was das wohl für ein Auto sei. Wir laden sie ein, doch einfach näherzutreten und es sich anzugucken, was alle dankend und freudig in Anspruch nehmen.
Für die meisten Menschen wird der Bentley Bentayga ein unerreichbarer Traum bleiben. Das soll sicher auch so sein. Es gibt aber immer mehr Menschen, auch junge, die sich ein Auto wie dieses Luxusmodell durchaus leisten können. Sie werden viel Spaß und Freude mit dem Auto haben.