Warum manchen Parteien und deren Personal droht, zur Luftnummer zu werden
Der Wind hat sich gedreht im politischen Deutschland, und die Zeichen stehen längst auf Sturm. Trotz krachender Wahlpleiten bei Kommunal- und Landtagswahlen starren die etablierten Parteien weiter Löcher in die Luft, und insbesondere die rot-gelb-grüne Regierungskoalition baut weiter munter Luftschlösser, während die Parteienlandschaft mehr und mehr zersplittert, die Ränder erstarken und sich die Unterstützung der Regierungs-Wählerschaft immer mehr in Luft auflöst. Böse Zungen sprechen davon, dass die Regierung nur noch heiße Luft fabriziere und sich daran ergötze, dass der eigne Darmwind immer gut rieche, während alle anderen dringend einen Luftwechsel wollen.
Der Cum-Ex-sturmerprobte Bundeskanzler Olaf Scholz ignoriert all dies mit hanseatisch-stoischer Gelassenheit. Er wird sogar in Interviews nicht müde zu betonen, dass er felsenfest davon überzeugt sei, im kommenden Jahr bei der Bundestagswahl wieder einen Wählerauftrag zu bekommen. Entsprechend versucht er, gutes Wetter beim Wahlvolk zu machen. Die Kritik an seiner Politik und insbesondere an seiner Person sei völlig aus der Luft gegriffen, betont er. Auch die Frage nach einem Misstrauensvotum oder gar einem Rücktritt hat Scholz kürzlich in den Wind geschlagen.
Doch längst wollen gut informierte Journalistenkreise davon Wind bekommen haben, dass so mancher Genosse Scholz mittlerweile für einen Luftikus hält und es längst nicht mehr ausgeschlossen sei, dass die Partei ihre Galionsfigur vor der Bundestagswahl in den Wind schießen könnte. Frei nach dem Motto des griechischen Universalgelehrten Aristoteles: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen“. Die Demokraten in den USA haben durch den Wechsel von Joe Biden zu Kamala Harris ja schließlich auch Rückenwind im Präsidentschaftskampf bekommen.
Und die Opposition? Die CDU macht insbesondere in den vergangenen Wochen mächtig viel Wind in der Asyl- und Migrationsfrage. Schlägt gemeinsame Gespräche mit der Regierung vor, um diese gleich wieder abzubrechen. Nicht wenige Kritiker mutmaßen, dass diese Aktion bereits im Vorfeld zehn Meter gegen den Wind zu riechen gewesen sei, weil die Union und insbesondere der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz keinerlei Interesse daran haben könnten, dass die sturmreif geschossene Regierung und insbesondere deren Lotse Olaf Scholz vor der Landtagswahl in Brandenburg positive Schlagzeilen bekomme und dies die Umfragewerte der SPD beflügeln könne.
Auch wenn Merz immerhin dem ständig aufgeblähten Windbeutel aus der Münchener Staatskanzlei den Wind aus den Segeln nehmen konnte und als Kanzlerkandidat der Union in den Bundestagswahlkampf 2025 ziehen wird, kann auch bei der CDU/CSU keine Rede von einem frischen Wind sein. Aber immerhin wissen die Wähler, woher bei Merz der Wind weht, wobei Markus Söder bei jedem Thema sein Fähnchen aufs Neue in den Wind hängt. Dass der Mittelfranke Söder in der Kanzlerfrage allerdings so schnell die Segel streichen würde, dürfte den ein oder anderen Beobachter dann aber doch überrascht haben. Vielleicht ist es – trotz aller anders lautenden Beschwichtigungen – auch nur die Ruhe vor dem Sturm.
Doch was tun mit der windigen AfD und dem neuen Hotspot auf der Wetterkarte, dem BSW? Wie Luft behandeln? Wind und Wetter trotzen und weitersegeln wie bislang? Sicher nicht, denn sonst wird bald ein noch schärferer Wind wehen. Die etablierten demokratischen Parteien müssen den Extremen endlich klarmachen, dass wer Wind sät, Sturm ernten wird. Müssen die Bürger und deren Probleme und Ängste – ob real oder gefühlt – wieder ernst nehmen und den Souverän, also das Wahlvolk, nicht wie Luft behandeln. Mit anderen Worten: Sie müssen sich dem Gegenwind stellen und endlich gemeinsam die Probleme angehen, anstatt weiter auf der Welle der eigenen ideologischen Überzeugung zu surfen.
Es wird Zeit, ernsthaft gegen den Wind zu reden. Sonst können die demokratischen Parteien die politische Zukunft Deutschlands – und ihre eigne – in den Wind schreiben.