Im Heimspiel gegen den VfB Oldenburg zeigte der 1. FC Saarbrücken die beste Halbzeit seit 16 Monaten. Doch es wurde auch sichtbar, dass das Team noch nicht dauerhaft stabil ist.
Für Routinier Tobias Jänicke war es das 200. Pflichtspiel für den 1. FC Saarbrücken. Der Dauerbrenner aus Mecklenburg konnte sich nach Spielschluss auch ein Lachen nicht verkneifen. „Den Zeitz hole ich mir noch“, blickte er auf die interne Rangliste. Der 32-Jährige ist ein Gesicht des FCS seit dem Umbruch 2016, er hat viele Höhen und auch einige Tiefen mitgemacht. Daher lohnt es sich, dem Leitwolf genau zuzuhören. „Wir haben wieder einen Plan, auch wenn man gesehen hat, dass wir noch nicht in allen Phasen stabil sind“, sagte Jänicke nach dem 3:1-Erfolg gegen den VfB Oldenburg. Zur Pause führte das Team von Rüdiger Ziehl nach Toren von Marvin Cuni (9. Minute), Julian Günther-Schmidt (25.) und Richard Neudecker (31.) souverän mit 3:0. „Wir hätten auch das vierte oder sogar das fünfte Tor machen können. Aber insgesamt bin ich sehr zufrieden“, sagte Ziehl, fügte aber auch an: „In der zweiten Halbzeit wurde es zäh. Wir waren teilweise sehr passiv. Der Gegner hat umgestellt, ist besser in die Zweikämpfe gekommen und dann haben wir uns schwergetan.“
Doch zu mehr als Adetulas Anschlusstreffer in der 76. Minute reichte es nicht, auch weil Daniel Batz kurz vor dem Ende abermals eine große Chance des Gegners vereitelte. „Wenn der reingeht, hätten wir noch ein paar Minuten gehabt. Im Fußball ist vieles möglich“, haderte Gästetrainer Dario Fossi, ließ aber keinen Zweifel daran, dass der FCS-Sieg „absolut verdient“ war.
Nach einem äußerst zähen Saisonstart und dem Trainerwechsel ist die positive Stimmung auf dem Platz zurückgekehrt. Das Team hat Spaß am Spiel, die Angst vor dem Gegner weicht zunehmend dem größer werdenden Selbstbewusstsein. „Wir müssen aber aufpassen, dass wir es nicht übertreiben. Manchmal fehlt uns noch die nötige Mischung“, sagte Günther-Schmidt, der auch auf ein personelles Handicap aufmerksam machte: „Es ist in einer englischen Woche normal, dass man sich nach einer hohen Halbzeitführung ein wenig zurückzieht. Aber wir haben leider keinen echten Sprinter im Team, der dann mal mit einem langen Lauf für Entlastung sorgt.“ Auch das wird neben der Trainersuche eine Hauptaufgabe für Manager Ziehl während der Pause sein. Doch mittlerweile werden die Stimmen immer lauter, die fordern, dass der Zweibrücker auch im neuen Jahr auf der Trainerbank sitzt. „Wir werden uns nach dem Spiel in Halle dazu äußern. Unser Ziel bleibt es, zum Vorbereitungsstart Ende November einen neuen Trainer zu präsentieren“, sagte der 45-Jährige. Doch die Angelegenheit gestaltet sich schwierig. Ziehl hat den Nerv der Mannschaft getroffen, das Team gewinnt von Spiel zu Spiel mehr an Struktur.
Auch intern haben sich die Wogen längst geglättet, die Zusammenarbeit von Ziehl und Sportdirektor Jürgen Luginger ist äußerst harmonisch, was auch daran liegt, dass Luginger Ziehl im Sommer 2021 als Nachfolger von Lukas Kwasniok verpflichten wollte. Damals setzte sich aber Ex-Vizepräsident Dieter Ferner mit seinem Wunschkandidaten Uwe Koschinat durch. Dass die Konstellation Ziehl/Luginger funktioniert, zeigt sich schon nach wenigen Wochen. Außer Frage steht aber auch, dass es sinnvoll war, Ziehl als Bindeglied zwischen sportlicher Leitung und Präsidium zu installieren. Den „gordischen Knoten“ kann man eigentlich nur damit durchschlagen, dass man einen ähnlichen Trainer-Typen wie Ziehl findet, der eine moderne Philosophie vertritt und die intelligente und homogene Mannschaft mitnimmt. Doch der ist schwer zu finden. Trainer, die passen würden, wie der Verler Mitch Kniat, der Freiburger Thomas Stamm oder der Ulmer Thomas Wöhrle, sind ebenso gebunden wie der aktuelle Würzburger Trainer Marco Wildersinn, der bereits mehrfach mit dem FCS in Kontakt stand. Ein klassischer Drittligatrainer vom Schlage Koschinat passt nachweislich nicht zur Mannschaft. Und einen jungen Trainer aus einer unteren Liga zu verpflichten, würde ein gewisses Risiko beinhalten. Bemerkenswert ist aber die Tatsache, wie souverän Ziehl mit der Situation umgeht. „Im Fußball ist vieles eine Momentaufnahme. Sollten wir in Halle verlieren, kann die Stimmung wieder anders aussehen. Ein Trainerwechsel ist immer die Chance für einige Spieler, aber es gibt sicherlich derzeit auch welche, die nicht zufrieden sind. Das kann ich schon einordnen.“
Fest steht aber schon jetzt, dass der FCS mit Ziehls Zwischenspurt die 30-Punkte-Marke erreicht hat. Nach dem Jahresabschluss in Halle stehen im neuen Jahr noch zwei Hinrundenspiele an. „Wir haben den ersten Schritt gemacht. Wenn wir am Ende der Hinrunde 35 und mehr Punkte haben, sind wir auf dem Weg nach ganz oben“, sagte Offensiv-Akteur Günther-Schmidt.
FORUM-Einzelkritik
Daniel Batz: Nur einmal gefordert, dann aber hellwach. Note 2
Calogero Rizzuto: Viel unterwegs, etwas ungenau beim Flanken. Note 3
Bone Uaferro: Solider Auftritt mit einem Fehler kurz vor Schluss. Note 3
Lukas Boeder: Konzentriert und weitgehend fehlerfrei. Note 2-
Bjarne Thoelke: Bis zu seiner Verletzung mit absoluter Lufthoheit. Note 2-
Tobias Jänicke: Vor der Pause sehr stark, danach im Verwaltungsmodus. Note 3
Dave Gnaase: Bester Akteur mit überragender erster Hälfte. Danach schwanden die Kräfte. Note 1-
Richard Neudecker: Stark vor der Pause, danach unauffällig. Note 2-
Julian Günther-Schmidt: Im Zentrum endlich wieder torgefährlich. Note 2-
Kasim Rabihic: Zwei Assists, aber auch einige Abspielfehler. Note 2-
Marvin Cuni: Torgefährlich, aber auch mit Stockfehlern. Note 2-
Steven Zellner: Kam für Thoelke und spielte arg risikobehaftet. Note 3-
Mike Frantz: Fand schwer in die Partie, kämpfte sich aber rein. Note 3-
Manuel Zeitz: Nach seiner Einwechslung eher unauffällig. Note 3-