Wie entsteht Krebs und wie lässt er sich verhindern? Krebsforscherin Dr. Hanna Heikenwälder erklärt, was jeder selbst tun kann. Bewegung, Ernährung und gesunder Schlaf sind die stärksten Waffen.
Seit Menschengedenken gilt Krebs als großes Schreckgespenst. Für viele bedeutet der Befund Angst, Schmerz und oft auch Tod. Doch neue Forschungsergebnisse läuten vielleicht das Ende dieses Zeitalters ein: „Es ist das Ende der Ära Krebs“, ist sich Molekularbiologin Dr. Hanna Heikenwälder sicher. Die renommierte Krebsexpertin forscht zum Thema seit vielen Jahren an der Uni Tübingen. In ihrem Buch „Krebs: Das Ende einer Angst“ bringt sie Leser auf den neuesten Stand der Dinge. Darin erklärt sie, wie Krebs entsteht und wie der Ausbruch der Krankheit womöglich zu verhindern ist. Wichtigste Erkenntnis: Wir können viel mehr als früher gedacht tun, um Krebs in die Schranken zu weisen. „Nur etwa fünf bis zehn Prozent aller Krebserkrankungen entstehen durch angeborene Gendefekte, 90 bis 95 Prozent dagegen durch genetische Veränderungen, die wir erst im Laufe unseres Lebens erwerben“, so die 38-Jährige im Interview.

Ergo: Durch unsere eigene Lebensweise können wir Krebsvorstufen schon früh den Nährboden entziehen. „Vielen Menschen ist nicht bewusst, wie groß ihr eigener Handlungsspielraum ist. Die effizientesten Methoden zur Krebsprävention sind völlig kostenlos: Dazu zählen täglicher Sport oder andere körperliche Bewegung, Verzicht auf industrielle Nahrungsmittel, auf Industriezucker, Alkohol und Zigaretten“, rät Hanna Heikenwälder. Wichtig seien ein gesundes Körpergewicht und regelmäßige Essenspausen. Weniger Stress und guter Schlaf können ebenso nicht schaden.
„Gesunder Lebensstil kann dem Krebs in vielen Fällen den Nährboden entziehen“
Das wichtigste Sicherheitsnetz gegen Krebs sei unser eigenes Immunsystem. Und gerade das können wir neuesten Erkenntnissen zufolge nach den Worten der Fachfrau stark beeinflussen. Doch warum werden neue wissenschaftliche Erkenntnisse von Ärzten gegenüber Patienten kaum kommuniziert? „Das wäre schön, ist aber gar nicht möglich, weil Ärzte nicht so viel Zeit haben in ihren täglichen Sprechstunden. Man kann von einem Arzt nicht erwarten, dass er neben seiner Arbeit, die darin besteht, Krankheiten zu erkennen und optimal zu behandeln, noch das gesamte Wissen eines Tumorbiologen intus hat und auf dem aktuellen Stand hält.“ Schade eigentlich, denn wohl jeder wünscht sich einen Arzt, der auf dem neuesten Stand der Medizin ist.
Für wünschenswert hält die gebürtige Norddeutsche indes zusätzliche Strukturen mit Richtlinien, wer Risikopatienten sind und wie diese medizinisch überwacht werden. „Hierfür benötigen wir spezielle Präventionszentren wie etwa in einem Pilotprojekt in Heidelberg am Deutschen Krebsforschungszentrum. Bürger können sich hier unter anderem auch in einer ‚Präventionssprechstunde‘ über ihr persönliches Krebsrisiko aufklären lassen.“
Und wie hält sich die Wissenschaftlerin selbst fit? „Mit täglichem Sport. Das kann auch Gartenarbeit sein. Ich vermeide Zucker in Nahrungsmitteln, trinke nie gezuckerte Getränke, auch keine Säfte. Am liebsten trinke ich Kaffee oder Tee“, so die zweifache Mutter. Als Ausnahme gönnt sie sich nachmittags mal ein Stück dunkle Schokolade. Abends wird früh gegessen, schon wegen der kleinen Kinder. „Abends arbeite oder lese ich, sehe nie fern. Ich schlafe etwa sechs Stunden pro Nacht“, so die Frau, die schon in vielen Ecken der Erde arbeitete, darunter in den USA.
Wo es am schönsten war? „An der Ostsee am Timmendorfer Strand. Ich stamme von dort und liebe bis heute den Geruch des Meeres. Ohne Wind fehlt mir was. Ich liebe sogar den Sturm und den Regen“, so das gebürtige Nordlicht, das sich im Gespräch auch als Schweiz-Fan outet. In Berlin sei sie wiederum oft zu Vorträgen und Events. Die City versprühe das Flair einer Stadt, in der alles möglich ist.
Einmal habe sie an einem einzigen Tag in Restaurants mittags am Tisch neben Angela Merkel, abends in Sichtweite von Volker Schlöndorff gesessen. „So was gibt es nur in Berlin. Natürlich liebe ich hier auch das Naturkundemuseum und das Virchow-Museum der Charité“, sagt die Buchautorin.
Zum Schluss kommt das Gespräch aber wieder auf Krebs. Hanna Heikenwälder rät hier auch zu Impfungen: „Unbedingt zu empfehlen ist die Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV) zum Schutz vor Gebärmutterhalskrebs und die Hepatitis-Impfung gegen Leberkrebs durch Hepatitis-Viren.“ Weltweit seien Infektionen für etwa 20 Prozent aller Krebsfälle verantwortlich.
Für wünschenswert hält sie ein Schulfach „Gesundheit“ sowie „Schulkrankenschwestern“, die Risikopatienten frühstmöglich erkennen und sie unabhängig von Herkunft und gesellschaftlichem Status unterstützen: „Nur in der Schule und im Kindergarten können wir noch alle Mitglieder unserer Gesellschaft erreichen und haben Optionen, ihnen gesundheitsfördernde Routinen auf den Lebensweg zu geben.“ Gesundheit dürfe kein Luxus sein, den sich nur Privilegierte leisten können. Die Molekularbiologin spricht sich gegen eine Zweiklassen-Medizin aus: „Alles was sinnvoll ist, muss einem Patienten auch zustehen!“