Der Markt für elektrische Gebrauchtwagen ist tot, klagen deutsche Händler. Die Gründe dafür sind vielfältig, daran schuld ist nicht nur die fehlende Prämie. Aber die Preise beginnen zu sinken, zum Leidwesen von Leasingnehmern.
Zeit für ein neues Auto – aber muss es unbedingt ein Elektroauto sein? Diese sind teuer, für Gebrauchte wie für Neuwagen gibt es keine Förderung mehr und die Technik älterer Stromer ist ohnehin veraltet. Aber stimmen diese Vorurteile? Klar ist: Geld vom Staat gibt es nicht mehr. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes muss die Bundesregierung sparen, auch an der E-Auto-Förderung. Mitunter ein Schlag für viele Autokonzerne und Händler, aber auch die Verbraucher. Nun dümpelt auch der Markt für Gebrauchte mit Stromanschluss dahin. Das Online-Portal Autoscout24 meldet zwar eine Verdreifachung des Angebotes seit 2021 – kein Wunder, war diese Antriebsart doch bis dahin noch ein Nischenprodukt.
Verkauft aber werden im Moment nur wenige, ganze 97.000 E-Autos im vergangenen Jahr in Deutschland, so das Kraftfahrtbundesamt, 1,6 Prozent des gesamten Gebrauchtwagenmarktes. Ein Grund dafür sind die noch immer hohen Preise für gebrauchte E-Autos. Die Plattform Mobile.de bietet sie im Schnitt für 38.000 Euro an, 10.000 mehr als für vergleichbare Verbrenner. Ausgeben wollen die Käufer jedoch 14.000 Euro weniger, so eine Studie der Plattform. Die gute Nachricht: Schon jetzt sinken die Preise, und das teils drastisch. Autoscout24 meldet, dass vor vier Jahren der durchschnittliche Kaufpreis für gebrauchte Elektroautos auf ihrer Plattform bei 29.900 Euro lag. Seitdem seien die Preise kontinuierlich gestiegen. Besonders stark sei der Anstieg im Jahr 2022 gewesen – bis auf 43.900 Euro. „Faktoren wie die erhöhten Energiekosten oder die stark angezogene Inflation spielten bei dieser Verteuerung eine wesentliche Rolle“, so Autoscout24.
Hohe Preise durch die Inflation
Seit Ende 2022 sinken die Preise jedoch wieder und bedingen derzeit bei gebrauchten Stromern den größten Wertverlust unter allen Antriebsarten. So lagen die Durchschnittskosten 2023 nur noch bei 36.703 Euro und damit deutlich unter dem Vorjahresniveau. Der Markt für gebrauchte E-Wagen dürfte zudem in der nahen Zukunft absehbar weiter wachsen, was sich für Käufer ebenfalls positiv auf den Kaufbetrag auswirken könnte, so die Verkaufsplattform.
Das Gros der Automodelle, die auf dem deutschen Gebrauchtwagenmarkt landen, dürften VW ID3-Modelle sein, das erste deutsche Modell, das 2021 in großer Stückzahl auf den deutschen Markt kam. Volkswagen aber hatte sich das Recht vorbehalten, Leasingfahrzeuge direkt zurückzunehmen, um so mehr Geld durch einen Weiterverkauf verdienen zu können – diese Rechnung geht nun nicht auf. Die erste Generation der ID3-Modelle gilt als mit Kinderkrankheiten behaftet. Geringe Reichweite, schlechtes Lademanagement, mangelnde Verarbeitung lauteten die Vorwürfe an Volkswagen. Mit dieser Fehlentscheidung muss sich nun der Konzern herumschlagen.
Händler haben andere Probleme: Die Nachfrage nach gebrauchten Stromern steigt derzeit langsamer als das Angebot. Die Kaufprämien für Elektroautos setzten 2021 einen Anreiz, sich rasch ein elektrisches Fahrzeug zuzulegen. Händler rieten beispielsweise zum Leasing, weil die Batterie-Generationen durch die hochlaufende Batterie-Forschung rasch wechseln könnten und damit Batterien und Ladesysteme von vor drei Jahren heute veraltet seien. Jetzt kommen erste Leasing-Rückläufer zurück auf den Gebrauchtwagenmarkt, treffen dort auf wenig Nachfrage, die nun mittels heftiger Rabatte angekurbelt wird. Und dies sorgt wiederum für steigende Leasingraten.
Der Grund: Die Händler preisen geringe Wiederverkaufswerte schon bei Leasingraten mit ein. Dies schreibt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer in einer Studie des Bochumer Center Automotive Research (CAR). Wer sich einen E-Neuwagen leistet, kann im Schnitt mit knapp 16 Prozent Rabatt rechnen, so das Ergebnis der Untersuchung. Ausgewertet wurden die Preise für 53 Modelle verschiedener Hersteller. Den höchsten Rabatt gebe es dabei derzeit beim vollelektrischen Dacia Spring mit 44 Prozent. Chinesische Hersteller, die auf den europäischen Markt drängen, lockten mit 20 bis 30 Prozent Rabatt, bei VW seien für ID-Modelle bis zu 19 Prozent Nachlass möglich. Grund sei das nachlassende Interesse an E-Autos nach dem Wegfall der staatlichen Kaufprämie, so Dudenhöffer.
Wiederverkaufswert eingepreist
Beim Leasing sehe dies anders aus, stellt das Institut anhand von Beispielen von Volkswagen und Opel fest. CAR hat hier die Raten konzernunabhängiger Anbieter ausgewertet. So koste ein elektrischer VW ID.3 im Barkauf nach Abzug aller Rabatte derzeit rund zwölf Prozent mehr als ein VW Tiguan mit Benzinmotor, im 48-Monats-Leasing seien dagegen unterm Strich 23 Prozent mehr fällig. Bei einem Opel Corsa liege der Barpreis für die Elektroversion knapp 70 Prozent über dem des Benziner-Modells, beim 48-Monats-Leasing seien es dagegen sagenhafte 142 Prozent Aufpreis. Offenbar rechneten die Leasinganbieter mit einem hohen Wertverlust der Gebrauchtwagen und setzten vor allem bei langen Laufzeiten entsprechend höhere Raten an.
Dudenhöffers Fazit: „Das Elektroauto ist seit den staatlichen Prämien-Kürzungen für Leasing-Gesellschaften, Vermieter, Firmenkunden zum Problem geworden. Es scheint, je höher die Rabatte, umso größer der Vertrauensverlust und die Furcht vor einem Wertverlust.
Die Furcht vor veralteten und weniger leistungsfähigen Batterien aber sei unbegründet, sagt zumindest Maximilian Fichtner. Autoscout24 befragte den als deutschen „Batteriepapst“ bekannten Professor und Direktor des Helmholtz-Institutes für Elektrochemische Energiespeicherung. Fichtner bewertet den Kauf eines gebrauchten E-Autos optimistisch: „Der Kauf eines gebrauchten Elektroautos kann genauso gut funktionieren wie der eines gebrauchten Verbrenners. Autos wie Tesla-Modelle aus dem Jahr 2017 sind gute Beispiele. Viele, die 2021 gebraucht verkauft wurden, wiesen immer noch mehr als 95 Prozent ihrer Batteriekapazität auf. Das unterstreicht, dass gebrauchte Elektroautos von hoher Qualität sein können. Was dabei nach Einzelfällen klingt, ist auch durch aktuelle Studien aus den USA und Schweden belegt. Ein ‚State Of Health‘-Test durch den Tüv oder ADAC sollte bei Gebrauchtwagen ohnehin immer obligatorisch sein und hilft dabei, vor dem Kauf für Klarheit zu sorgen.“