Eigentlich wollte Peter Blasius vom Restaurant „Ratsstube Blasius“ in Merzig in diesem Jahr in den Ruhestand gehen und an seinen Sohn und dessen Frau übergeben. Wegen Nachwuchs im Hause Blasius hängt der Meister nun noch zwei Jahre dran.
Merzig ist immer eine Reise wert. Hier ist alles unaufgeregter. Hinter dem Restaurant „Ratsstube Blasius“ – meinem heutigen Ziel – fließt der Seffersbach friedlich vorbei. Auf der anderen Seite des kleinen Baches haben einige Markthändler ihre Stände aufgebaut. Menschen spazieren vorbei, hier ist die Welt noch in Ordnung. Das „Blasius“ steht schon seit vielen Jahren für beste Qualität. Hier wird hervorragend gekocht, auf jedes Detail geachtet, Verbesserungen in allen Bereichen sind ein permanenter Prozess. Ich würde selbst alleine der Weinkarte wegen zu Peter Blasius gehen.
Das 1898 inmitten der Merziger Altstadt errichtete Haus wurde 1959 von dessen Eltern erworben und zu einer Gaststätte ausgebaut. Am 23. Juli 1981 eröffnete das Restaurant „Ratsstube Blasius“ dann unter Leitung von Peter und Ursula Blasius neu. „Als wir das Haus von meinen Eltern übernommen hatten, haben wir erweitert und uns spezialisiert“, erzählt Peter Blasius. „Wir wollten der Speisekarte auch eine saarländische Note geben. Vor acht Jahren kam dann unser Sohn Hanspeter zurück, nachdem er einige Jahre in der Schweiz, England, Schottland und Neuseeland verbracht hatte. Er machte zudem eine Ausbildung in Zürich zum Sommelier und verbrachte in Neuseeland ein Jahr auf dem Weingut eines Schweizer Winzers. Mit Sternerestaurant.“ In dieser Zeit erkrankte seine Mutter Ursula Blasius schwer und verstarb viel zu früh. „Unser Sohn übernahm dann mit mir zusammen den Betrieb“, erklärt der Hausherr weiter.
Mittagstisch als Menu für Eilige
Die „Ratsstube“ ist in unterschiedliche Bereiche unterteilt. Im von der Grillstation dominierten vorderen Teil sitzt man als Gast mitten im Geschehen, kann Service- und Küchenpersonal bei der Arbeit über die Schulter schauen und das ein oder andere Schwätzchen halten. Die beiden hinteren ineinander übergehenden Gasträume bieten hingegen eher eine Atmosphäre ruhiger und gepflegter Gastlichkeit. Der Wintergarten ist bei all jenen beliebt, die mit Blick auf das Altstadttreiben die vorzüglichen Gerichte bei einem frisch Gezapften oder einem regionalen Wein genießen möchten. Der 2008 fertiggestellte schöne Kräuter-, Gemüse- und Bauerngarten hat es jenen angetan, die gern in einer ruhigen Atmosphäre mittags essen möchten oder bei einem gemütlichen Abendessen die Zeit vergessen wollen.
Bei unserem Besuch in der „Ratsstube Blasius“ ist Sohn Hanspeter ausnahmsweise einmal nicht da. Da bei Ehefrau Julia die Wehen eingesetzt haben, sind die beiden gerade ins Krankenhaus unterwegs. Manchmal gibt es eben Wichtigeres als den Job. Julia Blasius arbeitet auch im Familienbetrieb mit, und ich weiß, dass sie eigentlich Küchenchefin werden sollte, während Peter langsam mal an den Ruhestand denken wollte. Peter Blasius steht bereits seit 42 Jahren in der Küche oder vor den Gästen, für die er immer ein gutes Wort übrig hat. Vor dieser Lebensleistung ziehe ich wirklich den Hut! Jetzt muss der Ruhestand noch etwas warten, denn die junge Mutter wird mindestens zwei Jahre lang bei den Kindern zu Hause bleiben. Julia Blasius begann ihre Ausbildung hier im Haus. Nach der Kochausbildung bildete sie sich weiter und sollte dieses Jahr eigentlich die Küche übernehmen. Mittlerweile ist sie auch Sommelière.
Insgesamt beschäftigt der Familienbetrieb 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zum großen Teil langjährige Mitarbeiter, die teilweise schon Jahrzehnte da sind. Im Restaurant gibt es zwei Besonderheiten. Einmal den „schnellen Mittagstisch“ und die Besonderheiten am Mittwochabend. „Der schnelle Mittagstisch“ ist ein Menü für Eilige, damit jeder in der Mittagspause etwas Vernünftiges zu essen bekommt. Zuerst gibt es die Tagessuppe. Dann gibt es Vorspeise, Hauptgang und Dessert – serviert auf einer dafür gemachten Platte und in kleinen Schalen. Mittwochabends gibt es ein Degustations-Menü in vier Gängen, das bei den Gästen bestens ankommt. Diese kommen aus dem Landkreis Merzig-Wadern, aber auch aus Luxemburg und Frankreich. Ein internationales Publikum, jung und alt. Wobei immer mehr junge Menschen kommen, wie Peter Blasius ausdrücklich betont.
Viele Viktualien aus der Region
Doch kommen wir zum Wesentlichen: unserem Essen. Ich bestelle nichts, sondern lasse mich vom Chef überraschen. Er serviert uns ein Linsencurry mit Minze-Joghurt-Sauce, Rinderrouladen mit Kohlrabi und Salzkartoffeln, einen Hors d’œuvre-Teller mit Räucherlachs, Gravedlachs, Avocado und Krabben, einen Feldsalat mit Ziegenkäse-Crostini und roter Bete sowie Trüffelrisotto mit argentinischen Rotgarnelen und einen Rehrücken mit Waldpilzsauce, Rotkraut und Grumbeer-Spatzen. Und zum Abschluss gibt es Crêpes Suzette mit Vanilleeis und Sahne. Aber hallo!
Es ist so viel, dass wir unmöglich alles essen können – so sehr wir uns auch anstrengen. Ich probiere vor allem das Linsencurry, den Vorspeisenteller mit Lachs und Krabben sowie das Trüffelrisotto. Alles wirklich herausragend gut. Vor allem freue ich mich aber auf die Rinderrouladen. In 90 Prozent der Fälle bekommt man diese mit Rotkraut. Meine Mutter aber machte sie früher immer mit Kohlrabi-Gemüse – genau wie Peter Blasius. Himmlisch! Ebenso die Crêpe Suzette mit Vanilleeis und Sahne – ein klassisches Dessert, wie ich es liebe. Die Fotografin widmet sich den übrigen Speisen und ist ebenfalls begeistert. Ich picke zumindest bei ihren Speisen mal da und dort und kann nur bestätigen, dass auch das alles einfach herausragend ist.
Nachhaltigkeit und Regionalität spielen für Familie Blasius eine große Rolle, also die Natur und das unternehmerische Handeln in Einklang zu bringen. Jedes Jahr werden neue Projekte angegangen. So haben sie beispielsweise 2022 auf ein Elektroauto umgestellt. Grundsätzlich achten sie darauf, woher ihre Viktualien kommen. Schweinefleisch, Kalbfleisch, Wurstwaren und Schinken stammen beispielsweise von der Landmetzgerei Austgen in Brotdorf. Dazu auch noch von der Firma Metro und der Saarbrücker Metzgerei Schwamm. Wild kommt von der Wildkammer in Merzig. Spargel, Erdbeeren, Äpfel, Birnen, Zwetschgen und Mirabellen bekommt die „Ratsstube Blasius“ vom Obstgut Klosterberg in Besseringen, Salate und Frischgemüse aus Lisdorf. Fast der gesamte Fisch stammt von der Deutschen See und Havekost. Kartoffeln kommen von Bauer Stephan Schmitt, Brot von den Bäckereien Marxen und Tinnes, Milchprodukte vom Frischedienst Daum. Nur das Rindfleisch hat einen weiten Weg und kommt aus Argentinien.
Gut durchdachte Weinkarte
Wein spielt in der Familie Blasius schon lange eine große Rolle. Nicht nur, weil Julia und Hanspeter das Sommelier-Handwerk erlernt haben. Die Weinkarte des Hauses ist schon seit Jahrzehnten eine besondere und setzt schwerpunktmäßig auf Regionalität. Nehmen wir ein Beispiel: Der ehemalige Bundeskanzler Schröder bezog seinen Elbling einst nur vom Weingut Apel in Nittel. Ich besuchte das Weingut mal vor ein paar Jahren. Ich würde jetzt nicht von mir behaupten, dass ich ein großer Elblingfan sei. Doch bei Apel kaufte ich auch Wein von der ältesten Rebe, die es in unserer Gegend gibt.
Wenn man auf der Weinkarte die Seite „Magnumflaschen“ aufschlägt, lese ich an regionalen Winzern: Schmitt-Weber, Van Volxem, Markus Molitor und Nik Weis. Noch Fragen? Dies ist nicht nur beim Weinanbaugebiet Mosel so. Das zieht sich durch über alle Seiten, alle Anbaugebiete. Peter Blasius betont, dass sein Sohn auch immer auf junge Winzer achte, die durch hohe Qualität auffallen. Fragen Sie ihn einfach beim nächsten Besuch danach.
Eigentlich wollte ich bei diesem Besuch über die dritte Generation im Haus schreiben. Über Julia und Hanspeter und ihre Planungen für die Zukunft. Grund genug, spätestens in zwei Jahren nach der Babypause nochmals beruflich vorbeizuschauen und nachzuhaken, wie es dann konzeptionell weitergehen wird. Übrigens: Die Babys – Zwillinge – sind gesund zur Welt gekommen. Mutter und Kindern geht es gut. Mit Marlon und Matthias steht also vielleicht eines Tages die vierte Generation bereit. Nach meinem Besuch kann ich nur sagen: Danke Peter Blasius, Du bist ein ganz Großer!