Bei Hertha BSC ist einiges in Bewegung. Der geplatzte Rangnick-Coup, der schwelende Streit mit Fredi Bobic und erste Transfers prägen den Sommerstart der Alten Dame.
Die Schlagzeilen waren so schnell veraltet, wie sie aufgekommen waren – am Sonntagmorgen vergangener Woche hatte zuerst „Bild“ gemeldet, dass Hertha BSC in fortgeschritteneren Verhandlungen mit Ralf Rangnick stehe. Präsident Fabian Drescher sei sogar eigens zu einem Gespräch mit dem derzeitigen österreichischen Nationaltrainer nach Wien gereist. Doch praktisch schon am Mittag vermeldete der „Kicker“, dass eine Zusammenarbeit Rangnicks mit dem Berliner Zweitligisten aktuell nicht zustande kommen werde. Bekanntlich befindet sich Hertha BSC immer noch in der Sondierung geeigneter Kandidaten für den vakanten Posten des Geschäftsführers nach dem Abgang von CEO Thomas Herrich. Natürlich sorgte die sich zunächst wie ein Lauffeuer verbreitende Meldung für Staunen – Frage: Weshalb sollte sich der 67-Jährige, dessen Vertrag im Fall einer erfolgreichen Qualifikation bis zum Ende der Weltmeisterschaft 2026 laufen würde, die schwierige Aufgabe bei der Alten Dame antun, wo er etwa in vergleichbarer Situation im vergangenen Jahr sogar dem FC Bayern abgesagt hatte? Letzten Endes war dies auch einer der Gründe, weshalb es zur Absage Rangnicks kam: Dazu seien die konkreteren Verhandlungen auch zu spät begonnen worden, um noch eine seriöse Planung für die kommende Spielzeit aufzustellen. Völlig abwegig war der Vorstoß der Hertha-Spitze in der Angelegenheit aber auch nicht – schließlich sei Rangnicks besonderes Interesse für Hertha BSC verbrieft.
Kein attraktives Angebot
Nicht zuletzt, weil der langjährige Abwärtstrend des Traditionsvereins den „Fußballprofessor“ reizen könnte, sich der „unlösbar“ erscheinenden Aufgabe zu widmen, aus dem notorischen Sorgenkind einen Erfolgsverein zu machen. Die (unerfüllte) Liaison zwischen Rangnick und der Alten Dame hat dabei auch eine längere Vorgeschichte, wie der „Tagesspiegel“ noch einmal auflistete. So entschied sich der damalige Manager Dieter Hoeneß im Jahr 2004 zwischen ihm und Falko Götz bei der Wahl des Nachfolgers von Hans Meyer für den Ex-Profi und früheren Hertha-Interimstrainer. Auch 2012 fiel der Name Rangnick hinsichtlich des Neuanfangs in der 2. Liga – letztlich führte Jos Luhukay dann aber die Blau-Weißen zum Wiederaufstieg. Und 2021 hatte sich der damalige Präsident Werner Gegenbauer für Fredi Bobic anstatt des einst von den Medien als „Fußballprofessor“ titulierten Kandidaten als neuen Sportvorstand starkgemacht. Die neuerliche Meldung um eine kurzfristig zustande kommende Kooperation zwischen beiden Parteien, die sich schnell als wenig haltbar erwies, kam so wohl eher aus dem Zusammenwirken zwischen dem Nachrichtendruck des „Sommerlochs“ und der im Verein immer noch nicht ausgemerzten Praxis des Durchstechens interner Informationen zustande. Endgültig geschlossen scheint die „Akte Rangnick“ bei Hertha BSC damit aber immer noch nicht zu sein – Gerüchte besagen, dass diese nach Abschluss seines Engagements für den ÖFB wieder auf den Tisch kommen könnte.

Verwirrung über verstrichene Frist
Gewisse Verwirrung stiftete auch die Meldung, dass Hertha BSC die Frist zur Annahme des Vergleichsvorschlags im Prozess mit Fredi Bobic verstreichen ließ. Nach dem letzten Sitzungstag war dieses vom Gericht nach dem Entwurf der Klägerseite vorgelegte Angebot noch vom Verein durchaus positiv bewertet worden. Bobic selbst hatte die Chancen auf eine Einigung nach mehrfach erwirktem Aufschub der Hauptverhandlung durch den Club dabei fast schon erleichtert kommentiert („Es ist schön, wenn man nach zwei Jahren so miteinander reden kann – mit sachlichem Ton, auch von der Gegenseite“ ). Nun aber muss das Gericht wohl doch entscheiden – und zwar im Rahmen der nächsten Sitzung, die für den 3. Juli anberaumt ist. Dass Hertha BSC dann möglicherweise eine höhere Zahlung als die im Vergleich zu erwartenden etwa vier Millionen Euro inklusive Prozess- und Anwaltskosten zu leisten haben wird, heizte die Spekulationen über das Vorgehen des Vereins ebenfalls an. Möglicherweise ging es den Verantwortlichen von Hertha BSC darum, die durch das Urteil zu erwartenden Kosten erst im neuen Geschäftsjahr veranschlagen zu müssen, das mit dem 1. Juli 2025 beginnt. Für Kopfschütteln im Umfeld sorgte obendrein die Bekanntgabe des Wechsels von Jonjoe Kenny zu PAOK Saloniki nach Griechenland – dass der 28-Jährige, in diesem Sommer ablösefreie Außenverteidiger, die Hauptstädter verlassen würde, stand dabei bekanntlich außer Frage. Lange Zeit aber hieß es, dass ein Transfer zurück nach England für Kenny ganz oben auf der Wunschliste stehe – allerdings verpasste Sheffield United als hartnäckigster Interessent den Aufstieg in die Premier League. Dazu ließen andere bekannt gewordene Verhandlungspartner, etwa aus der Bundesliga, ebenfalls Zweifel über die „Brexit-Strategie“ Kennys und seiner Berater aufkommen. Nun also erhielt der griechische Erstligist den Zuschlag, der mit stattlichem Angebot und der Teilnahme an der Europa League punkten konnte. Zum Trainingsstart am 23. Juni stand dagegen neben den frühzeitig vermeldeten Zugängen Sebastian Grönning (28, Angriff – FC Ingolstadt) Leon Jensen (28, Mittelfeld – Karlsruher SC) sowie Niklas Kolbe (28, Abwehr – SSV Ulm) auch der jüngst für 400.000 Euro von Schalke 04 verpflichtete Paul Seguin auf dem Platz. Mit dem erfahrenen Mittelfeldspieler hat Hertha BSC die neue Prämisse in der Transferpolitik fortgesetzt, die sich mehr an Kandidaten orientiert, die die Spielklasse schon kennen und für die dort erforderlichen Basics stehen. Dass der 30-Jährige dabei in der Vergangenheit für den ungeliebten 1. FC Union gespielt hat, dürfte nach der erfolgreichen „Integration“ des ehemaligen Köpenickers Toni Leistner kein größeres Problem mehr darstellen. Vielmehr wird der 30-Jährige explizit als „Wunschspieler“ des Trainers bezeichnet, der Seguin aus seinen gemeinsamen Zeiten bei Greuther Fürth schätzt und ihn immer noch als „einen der herausragendsten Mittelfeldspieler in dieser Liga“ bezeichnet. Auch auf John Anthony Brooks waren die Augen zum Auftakt besonders gerichtet, ist das inzwischen 32-jährige Eigengewächs doch nach seiner zehnmonatigen Verletzungspause erstmals wieder im Teamtraining dabei und könnte defensiv zumindest als „Back-up“ wieder eine Rolle spielen. Mitte Juli geht es für Hertha BSC dann ins Trainingslager nach Kitzbühel (11. bis 19. Juli) – ehe Anfang August die 2. Liga in die neue Saison startet.