Die Verkehrsregeln sind kleinteilig und manchmal schwer zu merken – das trifft alle Verkehrsteilnehmer. Für Fahrradfahrer ergeben sich interessante Sonderfälle. Wichtige Fragen und Antworten – für Deutschland und beliebte Rad-Reiseländer.
Darf das Smartphone während des Fahrradfahrens benutzt werden?
Ein klares Jein! Denn es kommt darauf an, wie. Grundsätzlich gilt: Sitzt das Telefon fest in einer Lenkerhalterung, darf es als Display zum Beispiel für Navigationshinweise oder mit einer Freisprecheinrichtung zum Telefonieren genutzt werden. „Der Blick auf den Bildschirm darf aber nicht vom Verkehrsgeschehen ablenken“, sagt Roland Huhn, Rechtsreferent beim ADFC in Berlin. Und nicht in die Hand genommen werden darf es während der Fahrt, da gelten die gleichen Verbote wie am Autosteuer. Auf Radreisen sollte man also zum Beispiel für Erinnerungsfotos anhalten. Gleiches gilt, wenn man etwas posten oder nur schnell eine Push-Meldung überfliegen möchte.
Wer über Ohrstöpsel oder Kopfhörer telefoniert oder Musik hört, muss wissen: Erlaubt ist das nur, sofern die Außenwelt akustisch ebenfalls noch genügend wahrgenommen wird. Denn übertönt der Sound Martinshörner, Fahrradklingeln oder Hupgeräusche, beeinträchtigt das potenziell die Verkehrssicherheit. Musik- oder Podcast-Hören und Radfahren harmoniert auf einsamen Radwegen ohnehin besser als im Großstadtverkehr. In Frankreich, Italien und Frankreich wird allein das Tragen von Kopfhörern oder Headsets im Verkehr streng geahndet.
Kann Fahrradfahren den Autoführerschein kosten?
Ja – allerdings muss man schon ein ziemlicher Verkehrsrowdy im Sattel sein. Zum Beispiel sehr betrunken: Wer mit 1,6 Promille auf dem Fahrrad im öffentlichen Verkehrsraum erwischt wird, begeht eine Straftat. Wird man angezeigt und kommt es zum Strafverfahren, müssen schon Ersttäter mit einer saftigen Strafe rechnen. Die kann sich auf ein Netto-Monatsgehalt belaufen (30 Tagessätze).
Weil man mit so viel Alkohol im Blut als völlig fahruntauglich gilt und die Rechtsprechung davon ausgeht, dass man regelmäßig trinkt, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die zuständige Fahrerlaubnisbehörde eine medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) anordnet. Mit ihr soll die Fahreignung überprüft werden. Weigert man sich, an der MPU mitzuwirken, oder fällt durch, wird in aller Regel der Führerschein entzogen. Auch ein unbefristetes Radfahrverbot kann ausgesprochen werden.
Ein weiteres Fehlverhalten auf dem Fahrrad kann ebenfalls die Pkw-Fahrerlaubnis kosten: der Rotlichtverstoß. Führt er im Flensburger Fahreignungsregister zu mehr Punkten als toleriert, wird ebenfalls ein Fahrverbot ausgesprochen. Das ist der Fall ab acht Punkten. Auch 0,3 Promille können übrigens strafbar sein, wenn die Ausfallerscheinungen krass sind oder man einen Unfall baut.
Im Ausland klaffen die Regeln auseinander. In Skandinavien, Großbritannien und Irland gilt keine allgemeine Promillegrenze, sondern es wird eher an die Vernunft appelliert, sich nicht sturzbesoffen auf den Sattel zu schwingen, was ebenfalls deftig geahndet würde. In Tschechien jedoch ist man mit 0,0 im Vorhinein rigoros. In vielen anderen europäischen Ländern wie Italien, Frankreich, Kroatien oder Niederlande gilt eine 0,5-Promille-Grenze.
Darf man auf der Straße nebeneinander radeln?
Es kommt darauf an. Nämlich darauf, ob Radler den Verkehr dabei behindern. Gerade auf verschlafenen Landstraßen-Etappen von Fahrradreisen würde man gern auch mal nebeneinander strampeln, um ein wenig zu plauschen. Solange die Fahrbahn breit genug ist, ist das in Deutschland auch gestattet. In den Niederlanden oder Spanien zum Beispiel darf schon lange paarweise parallel gefahren werden, im Straßenverkehr der Schweiz ist es dagegen untersagt.
„Solange man den Verkehr nicht behindert, darf man nebeneinander fahren“, sagt ADFC-Experte Roland Huhn. Gemäß deutscher Straßenverkehrs-Ordnung müssen Autofahrer beim Überholen von Fahrrädern einen seitlichen Mindestabstand von 1,5 Metern innerorts und 2,0 Metern außerorts einhalten – ist das beim Nebeneinanderradeln nicht gewährleistet, liegt im Zweifel eine Verkehrsbehinderung vor. Dort, wo Schrittgeschwindigkeit gilt, dürfen Pkw nicht an Radlern vorbeiziehen, weil sie dann schneller als erlaubt wären. In solchen Zonen ist nebeneinander zu radeln also okay. Ansonsten gilt für Radler wie für Autofahrer das Rechtsfahrgebot – also immer so weit rechts halten, wie es geht.
Ein Sonderfall liegt laut StVO (§ 27) vor, wenn im Verband geradelt wird, die geführte Gruppe der Pedaltreter aus mindestens 16 Leuten besteht. Dann ist das Nebeneinanderradeln in Zweiergrüppchen sogar erwünscht, denn ein Verband ist für Kfz besser zu überholen als eine lange Radlerschlange.
Darf man auf Fußgängerwegen radeln?
Wieder lautet die Antwort: Ja und nein. Nicht nur auf dem Weg zur Schule oder Kita, auch auf Radreisen sind Eltern oft mit Kindern unterwegs. Führt die Etappe durch eine Stadt, fühlt sich der Bürgersteig nach langer Überlandetappe auf separiertem Radweg sicherer als der Radstreifen auf einer viel befahrenen Straße an. Wer dem Impuls nachgibt und auf den Gehweg abbiegt, verstößt nur dann nicht gegen die Verkehrsregeln, wenn der Nachwuchs jung genug ist oder die Beschilderung Ausnahmen schafft.
Denn: Grundsätzlich ist Radeln auf dem Gehweg – der Name legt’s nahe – verboten. Doch keine Regel ohne Ausnahmen: Sind Bürgersteige oder Fußgängerzonen mit dem Zusatzschild „Radfahrer frei“ versehen, darf fröhlich pedaliert werden, aber dann nicht schneller als Schrittgeschwindigkeit. Das soll Kollisionen mit Fußgängern vorbeugen.
Und: Bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen junge Pedaltreter sogar auf den Gehweg, bis dahin darf auch eine radelnde Begleitperson mit aufs Trottoir, die mindestens 16 Jahre alt ist. Bis zum zehnten Geburtstag dürfen kleine Radfahrer noch auf den Gehweg, danach grundsätzlich und bis auf erwähnte Ausnahmen nicht mehr. In Portugal zum Beispiel wird die Altersgrenze ebenfalls bei zehn Jahren gezogen, während Dänemark das Radfahren auf Bürgersteigen und Wegen mit Ausnahmen untersagt.
Bei Zebrastreifen ist die Sache verzwickt: Sie dürfen von Radlern genutzt werden, wenn sie an Radwege- oder Streifen anschließen. „Jedenfalls von Radweg zu Radweg sehe ich kein gesetzliches Gebot zum Absteigen und Schieben“, sagt Huhn. Aber Vorrang wie Fußgänger oder Rollstuhlfahrer vor dem kreuzenden Verkehr genießen sie nur, wenn sie absteigen und schieben – ein selten gesichtetes, aber durch und durch korrektes Verhalten. Denn es handelt sich um einen Fall des § 10 StVO: Einfahren auf die Fahrbahn von einem anderen Straßenteil.
Müssen Radler Radwege nutzen, sofern vorhanden? Und dürfen sie diese auch in der Gegenrichtung befahren?
Das oben genannte Gehwegverbot bedeutet für viele also: ab auf die Straße oder einen Fahrradweg. Oft ist Radlern hier die Wahl freigestellt. Außer, ein blaues Radwegeschild wurde aufgestellt. Dann besteht Benutzungspflicht. Außerorts ist das eher die Regel, innerorts manchmal der Fall. Nur wenn der Radweg blockiert ist, etwa wegen Bauarbeiten oder unbeschnittenen Büschen unpassierbar, darf auf die Straße ausgewichen werden.
An entsprechenden Passagen auf den Fahrradweg auf der anderen Straßenseite zu wechseln ist aus rechtlicher Sicht nur dann eine gute Idee, wenn dieser auch ausdrücklich in der Gegenrichtung befahren werden darf. Das ist entweder dann gegeben, wenn das Schild „Radfahrer frei“ dies erlaubt – dies gilt auch bei Einbahnstraßen – oder wenn er in Fahrtrichtung links mit einem blauen Radwegschild versehen ist. „Dann besteht sogar Benutzungspflicht“, sagt Huhn.
Wer Radurlaub im europäischen Ausland macht, sollte wissen: Oft, wie in Belgien, Polen, Spanien, Frankreich, Österreich oder der Schweiz, besteht in der Regel Radwege-Benutzungspflicht, in einzelnen Ländern aber nicht, zum Beispiel in Großbritannien.
Wie war das eigentlich nochmal mit der korrekten Beleuchtung?
Kaum eine Gesetzesänderung wurde in der Fahrradwelt so begrüßt wie die vom August 2013. Seitdem erlaubt die Straßenverkehrs-Ordnung alternativ zu dynamobetriebenem Licht auch Akku-Leuchten an normalen Fahrrädern. Bis dahin waren die Batterielampen nur an Rennrädern von unter elf Kilogramm zulässig – die alten Seitenläufer-Dynamos hätten die dünnen Rennradreifen beschädigt. „Mit dieser Begründung hatte der Rennradfahrer-Verband BDR diese Ausnahme erreicht“, sagt Roland Huhn.
Weiterer Vorteil der Anstecklichter: Mit ihnen lässt sich bei Bedarf jedes Fahrrad regelkonform beleuchten, wenn auch die sogenannte passive Beleuchtung, also die zehn – übrigens auch tagsüber – vorgeschriebenen Reflektoren an Bord sind. Nachteil: Man muss darauf achten, dass die Akkus stets genügend geladen sind.
Und besser ist’s auch, wenn man sie immer dabei hat. Denn sobald es die Lichtverhältnisse erfordern, muss Beleuchtung ans Fahrrad. Das ist nicht nur bei Dunkelheit der Fall, sondern unter Umständen bei Regen oder Nebel auch tagsüber. Im europäischen Ausland kommen bei schlechten Sichtverhältnissen teils weitere Maßnahmen hinzu, etwa in Frankreich und Italien, wo dann außerhalb geschlossener Ortschaften Warnwesten getragen werden müssen.
Dass Fahrradlampen zulässig sind, belegt in Deutschland ein Prüfzeichen des Kraftfahrt-Bundesamtes. Dieses setzt sich aus einem Wellensymbol, einem „K“ und einer fünfstelligen Nummer zusammen. Erlaubt, aber kein Muss sind Lichtfunktionen wie Bremslicht, Fernlicht oder Standlicht. Blinkende Lichter dagegen sind nicht zulässig, weil sie für andere Verkehrsteilnehmer schwerer als dauerhaftes Licht zu orten sind.
In Deutschland besteht keine Helmpflicht, droht bei Unfällen ohne Kopfschutz dennoch eine Teilschuld?
Nach geltender Rechtsprechung, nein. Entsprechend hat 2014 der Bundesgerichtshof entschieden (AZ.: VI ZR 281/13). Der BGH stellte klar, dass Fahrradfahrern Schadenersatz in voller Höhe zusteht, auch wenn sie bei einem unverschuldeten Unfall Kopfverletzungen erlitten haben, „die durch das Tragen eines Schutzhelms zwar nicht verhindert, wohl aber hätten gemildert werden können“.
Der VI. Zivilsenat hielt fest, dass ein fehlender Helm für Alltags- und Freizeitradler keine negativen Folgen haben muss – bezog seine Entscheidung aber auf den verhandelten Fall im Jahr 2011, als die Erforderlichkeit eines Schutzhelmes nicht dem „allgemeinen Verkehrsbewusstsein“ entsprochen habe. Ob der BGH heute ähnlich entscheiden würde, sei dahingestellt.
Im Ausland weichen die Regeln teils stark ab: So drohen in Australien saftige Bußgelder fürs Radeln ohne Kopfschutz. Helmpflicht besteht auch in Albanien, Finnland, Malta, Montenegro und der Türkei, in Spanien und der Slowakei nur außerorts, in anderen europäischen Ländern lediglich für Kinder und Jugendliche.