Zwölf Jahre blieb sie ungeschlagene Box-Weltmeisterin und hat von ihren 56 Profi-Kämpfen nur einen verloren. Seit ihrem Karriereende 2007 arbeitet sie gelegentlich fürs Fernsehen und veröffentlicht Fitness-Bücher. Die 47-Jährige veranstaltet heute Box-Camps.
Als Weltmeisterin Regina Halmich 2001 dem TV-Moderator Stefan Raab in einem Show-Kampf mit einer linken Geraden das Nasenbein brach, verfolgten über sieben Millionen Zuschauer dieses Event am Bildschirm. Auch bei einem zweiten Fight 2007 war das Publikumsinteresse ähnlich. Beide Male blieb Halmich siegreich. „Ich glaube, die Leute hat´s amüsiert“, kommentiert sie heute dieses ungleiche Duell, zu dem es im September 2024 noch einmal kommen soll. Halmich hat in Deutschland dem Frauenboxen in den 90er Jahren zum Durchbruch verholfen, nachdem es zuvor lange verboten war und belächelt wurde. Boxen ist laut Halmich „einfach die männlichste Sportart bis heute geblieben.“ Dass sie als Frau im Ring nicht willkommen war, habe sie oft genug zu spüren bekommen, betonte sie 2021 im „Deutschlandfunk“. Besonders viel Häme habe sie zu spüren bekommen, als sie 1995 bei einem ihrer ersten Profi-Kämpfe in Las Vegas ihre einzige Niederlage einstecken musste und unästhetische Fotos in den Medien landeten. „Die konnten mich nicht plattmachen“, erklärte Halmich und meint damit gleichermaßen Gegnerinnen, männliche Kollegen, Funktionäre, Boxfans und Journalisten.
Männerdomäne Boxring
Die großen Erfolge Halmichs brachten dem Fernsehen hohen Zuspruch, der sich für die Karlsruherin nach langem Ringen auch finanziell positiv auswirkte, weil sie nun „nach Einschaltquoten und nicht nach Geschlecht“ bezahlt wurde. Die Forderung nach Gleichbehandlung der Geschlechter hält Halmich bis heute aufrecht und setzt sich in Motivationsvorträgen für Gleichberechtigung ebenso ein wie sie Gewalt gegen Frauen bekämpft. In diesen Zusammenhang steht auch ihr Einsatz für die Brustkrebsfrüherkennung, bei dem sie mit Bodypainting und Erklär-Videos für regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen wirbt. „Krebs ist ein Thema, das mich schon lange beschäftigt!“, schreibt sie auf ihrer Website. Sie habe durch diese Krankheit schon ein Familienmitglied verloren und miterlebt, wie eine gute Freundin gerade noch gerettet werden konnte.
Während das Frauen-Boxen derzeit in Deutschland nicht mehr so im Blickpunkt steht, kassieren in Großbritannien und in den USA Boxerinnen Millionengagen. „Die Mädels machen eine Riesenshow und vermarkten sich, entweder sind sie supersexy oder sie pöbeln rum wie Shields und sorgen so für Aufmerksamkeit!“, sagte Halmich kürzlich bei T-online. Sportlich sei das Frauenboxen aber athletischer und technisch anspruchsvoller geworden und vor allem in der Breite gewachsen: „Das ist richtig geiles Boxen!“ Halmich ist ihrem Sport seit ihrem Karrierende 2007 immer treu geblieben. Anfangs hat sie Boxkämpfe im Fernsehen kommentiert, heute berät sie einige Boxerinnen und Boxer. „Aber das mache ich privat, da gebe ich Tipps, beispielsweise für Vertragsverhandlungen!“ Ihr Geld möchte sie in „dieser Männerdomäne“ nicht mehr verdienen.
Halmich glaubt, dass sie ihre Beliebtheit ihrer Authentizität verdankt: „Ich war und bin natürlich, ich verstelle mich nicht!“ , betont sie bei t-online. Sie habe auch den Mut, sich klar zu positionieren: „Es war schön, dass es den Menschen gefallen hat, wie ich bin!“ Das heutige deutsche Boxen brauche wieder Charaktere, die die Leute fesseln und begeistern können. Auch würde sie sich wünschen, „dass man beispielsweise mal die Nachwuchsboxer auf dem Weg nach oben begleitet und finanziell unterstützt!“ Von den aktuellen deutschen Top-Boxern rechnet Halmich bei den Frauen Nina Meinke und bei den Männern Agit Kabayel international gute Entwicklungschancen aus. Dafür müsste aber die Bereitschaft bestehen, in sie zu investieren und für mehr TV-Präsenz zu sorgen, wie man es früher bei den Klitschkos gemacht habe. “Wir können von Boxerinnen und Boxern keine Weltklasse erwarten, wenn sie nebenher noch arbeiten müssen!“, betonte Halmich bei t-online. Sie selbst will mit ihren seit 2010 veranstalteten Box-Camps interessierte Jugendliche für ihre Sportart gewinnen.
Ein großes Herz für Kinder
Ihre Erfahrungen im Boxsport versucht Halmich auch in Vorträgen bei Firmen und Institutionen weiterzugeben, indem sie über die Gemeinsamkeiten von beruflichem und sportlichem Erfolg referiert. Darüber hinaus macht sie sich durch mediale Veröffentlichungen über Fitness oder durch Video-Trainingsanleitungen für mehr sportliche Betätigung der Menschen stark. Vor Kurzem hat sie auch ein ganzheitliches Training entwickelt, das Boxen zum neuen Fitness-Trend machen soll: „Für mich ist Boxtraining das effektivste, motivierendste und beste Training überhaupt!“, betont sie auf ihrer Website. Abseits vom Sport fungiert Halmich seit 2014 als Botschafterin des deutschen Kinderhilfswerkes und kritisiert den oft fehlenden Willen, allen Kindern ein möglichst gutes Leben zu ermöglichen. Bei „Terre des Hommes“ setzt sie sich für Straßenkinder ein und hat über das Projekt „Patenkinder Matara“ die Patenschaft für „ihr“ Kind in Sri Lanka übernommen: „Es macht mich glücklich zu hören, welche großen Fortschritte es macht!“