Kaum ein saarländischer Koch steht so sehr für eine moderne regionale Küche wie Cliff Hämmerle. Das gilt für das „Landgenuss“ gleichermaßen wie in der Sterne-Küche an seinem „Chef’s Table“. Seine Rezepte teilt der SR-Fernsehkoch gern mit Interessierten. Gerade ist das dritte Kochbuch der Reihe entstanden.
Es ist immer wieder eine große Freude, zu Familie Hämmerle nach Blieskastel zu fahren, um die regionale Küche zu goutieren. Cliff Hämmerle und sein Team stehen mit Herz am Herd. Und das schmeckt man auch. Heute betreibt er zwei Restaurants unter einem Dach. Das Sternerestaurant „Barrique“ und sein erstes Restaurant „Landgenuss“. Letzteres besuche ich bereits seit 17 Jahren. Das Restaurant mit seinen hellen, mediterran gestalteten Räumen mit Blick auf den angrenzenden schönen Garten lädt zum Verweilen und Genießen ein. Wohlfühlatmosphäre pur!
Beeindruckende Vielfalt regionaler Erzeuger
Das Haus ist wie immer sehr gut besucht. Hier einen Termin zu bekommen ist gar nicht so einfach. Zu Beginn gibt es eine Assiette Gourmande mit Tatar vom Rinderfilet mit Kartoffelpuffer, Avocado-Mango-Salat mit Krabben, Croustillant vom Gamba auf buntem Gemüse, eine kleine Fischsuppe mit schottischem Wildlachs, Bliesgau-Schinken, ein Bunte-Bete-Carpaccio und Ziegenfrischkäse vom Birkenhof. Ein wirklich außergewöhnlicher, geschmackvoller Beginn!
Zum Hauptgang folgt Blieskasteler Rehragout vom Jäger Schwarz mit hausgemachten Klößen (Hoorische), Biopilzen von Mirko Kalkum, etwas Feige und Rotkraut. Alles sehr gut, das macht richtig Appetit und schmeckt herausragend. Ich stöberte ein wenig in der Speisekarte und bin wieder einmal erstaunt, wie nachhaltig sich Cliff Hämmerle mit den regionalen Produzenten beschäftigt: Käserei Birkenhof im Warndt (Ziegenkäse); Bliesgau Molkerei, Eichelbergerhof, Ommersheim; Landwirt Brengel, Brenschelbach (Linsen); Martinshof, St. Wendel (Gemüse); Fischmanufaktur Rosengarten, Kirf (Saibling, Zander und Aal); Green Tree Farming, Ormesheim (Kresse); Hämmerles Hochbeete (Blüten und Kräuter, Walnussbaum); Hartungshof, Brenschelbach (Öl-Erzeugnisse); Johannes, Lisdorf (Gemüse und Salat); Kalkum Mirko, Saarbrücken (Bio-Pilze); Mischo, Gersheim (Milchbrötchen und Brot); Müller S., Webenheim (Kartoffeln); Neukahlenberger Hof, Mimbach (Käse); Petermann, Oberwürzbach (Rindfleisch); Steffen Uhl, Webenheim (Lammfleisch); Schwitzgebel, Einöd (Bliesgau-Schinken, Boudin); Walzenmühle Schuwer, Ormesheim; Hunacker Hof (Guanciale vom Bliesgau Iberico); Geflügelhof Lorson, Saarlouis (Eier) steht da. Und ich bin trotzdem immer wieder verwundert, wie er die regionalen Produzenten ergänzt und erweitert. Als ich ihn Anfang des Jahrtausends kennenlernte, schwörte er bereits auf diese regionalen Lebensmittel und kämpfte auch um sie.
Heute gehört beides zu Cliff Hämmerle – die Hochküche und die regionale Küche. Doch mit der regionalen Küche hat er angefangen. Seine Lehrzeit und seine ersten Jahre als Koch verbrachte er bei außergewöhnlichen Profis seiner Zunft: Rudi Kubig und Margarethe Bacher. Bei Rudi Kubig erlernte er eine herausragende Basis der Hochküche, bei Sterneköchin Margarethe Bacher bekam er den Feinschliff. Cliff erinnert sich: „Sie hatte nur das Kochen im Sinn gehabt, das absolute Kochen. Das hat mich fasziniert. Sie war wie eine Musikerin, die den ganzen Tag übt. Ganz intensiv und wie weit man damit kommen kann. Von früh bis spät hat sie intensiviert, verfeinert, kreative Prozesse angestoßen. Mit Riesenschritten. Wir hatten bei ihr jede Woche eine neue Karte. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.“
Seit zehn Jahren Erfolg als Fernsehkoch
Seine Liebe zum Kochen begann bereits zu Hause bei seinen Großeltern und Eltern. Sie prägten den kleinen Cliff schon mit gutem Essen. Großvater Alfons und Vater Rudi waren zudem Metzger. Mutter Linda und sein Vater betrieben Gastronomie. Und Großmutter Katarina baute im heimischen Garten Gemüse an und kochte damit. Der Opa machte die Wurst selber. So bereitete seine Familie den Weg. Von seinen Eltern lernte er auch, was Gastronomie bedeutet. „Von ihnen lernte ich, was Gastgeber sein bedeutet. Auch wie man die Gäste begrüßt und empfängt. Für mich waren das die ersten wichtigen Dinge. Danach kommt alles andere“, betont der Sterne- und Fernsehkoch. So wuchs er auf und erinnert sich noch an Rezepte seiner Großmutter, etwa die Suppe „Quer durch den Garten“ – mit gutem Fleisch vom Opa und saisonalem Gemüse der Oma.
In seinem Restaurant bietet er inzwischen einen „Chef’s Table“ an, bei dem ihm die Gäste über die Schulter und auf die Finger schauen können. Diese Tische gibt es die ganze Woche über und erfreuen sich großer Beliebtheit. Auch er selbst mag das, weil er so ganz nah an seinen Gästen dran ist.
Cliff Hämmerle ist zudem seit zehn Jahren im Heimatsender SR der regionale Fernsehkoch. Im Regionalprogramm des SR fing das Ganze an, doch inzwischen freuen sich die Zuschauer bei 3sat, also in Deutschland, Österreich und der Schweiz, beim Hessischen Rundfunk, Radio Berlin Brandenburg und beim Südwestfunk auf kulinarische Rezepte aus dem Saarland, denn alle haben das Format in ihr Programm aufgenommen. Mehr Werbung für das Saarland und seine Küche geht nicht!
Dazu hat der Saarländische Rundfunk mit Cliff Hämmerle inzwischen drei Bücher mit Rezeptsammlungen herausgebracht. Das aktuelle ist gerade erschienen (siehe Buchtipp). Schon nach etwa drei Jahren der Fernsehsendung kamen die ersten Anfragen beim SR, wo die Zuschauer die Rezepte einsehen können. So entstand das erste Kochbuch, jetzt sind es drei. Jedes dieser Kochbücher hat eine eigene, regionale Richtung. Das erste war sehr saarländisch, eine Verbeugung vor unserer Küche, aber mit eigener Handschrift. Der Aufbau aller Kochbücher ist ähnlich, jedes hat aber eigene Schwerpunkte. Grundidee: regionale Küche mit französischem Einschlag. Beim ersten ging es bei den Sonderseiten um Eissorten, beim zweiten ging es um Cocktails und beim dritten um Kuchen.
Eines muss ich Cliff Hämmerle attestieren: Seine Rezeptsammlungen, inklusive vegetarischer Gerichte, sind die zeitgemäße regionale Küche unserer Zeit. Bei ihm gibt es dann beispielsweise die „Geheiradde mit Salbeibutter.“ Seit vielen Jahrzehnten hat sich die saarländische Küche verändert. In den 1960er-Jahren ging es vor allem um große Portionen und eher eine deutsche Herangehensweise mit Schweinebraten, Rinderbraten, Rouladen oder Kartoffelgerichten. Viele saarländische Haushalte kochten eine Küche für Familien, in denen die Männer hart arbeiteten.
Traditionelles in modernem Gewand
Doch die junge Generation war schon längst auf der Suche nach der Küche der Nachbarn. Wir erzählten uns noch gegenseitig vom ersten Frankreichurlaub als Kinder. Und viele Italiener siedelten vor allem als Industriearbeiter an der Saar an und brachten ihre Küche mit, die uns neugierig machte. Doch wir schauten uns vor allem in Frankreich nach neuen Rezepten um. Eine Landesküche ist ja nicht für alle Ewigkeit in Stein gemeißelt! Und so kamen immer mehr Gerichte aus Frankreich auf den Speiseplan unserer Generation. Bei Cliff Hämmerle kommt dazu, dass seine Ehefrau Stéphanie Französin ist. Oft schon sagte er in einer seiner Sendungen, dieses Rezept stamme von seiner Schwiegermutter.
Deshalb ist es ein großer Verdienst von Cliff Hämmerle, dass er eine zeitgemäße Rezeptsammlung vorlegt, mit all ihren Einflüssen auf das Saarland, die in der Küche nun existent sind. Seine Rezepte machen wirklich viel Freude, denn die Küche heutzutage unterscheidet sich gewaltig von den Küchen unserer Großmütter. Wer heute zeitgemäß und saarländisch kochen will, orientiert sich an den Rezepten von Cliff Hämmerle. Vor dieser Arbeit ziehe ich den Hut!