Der Wahl-Berliner Martin Petrich reist für Reportagen und Bildbände um die halbe Welt und findet dabei prickelnde Storys und aufregende Fotomotive. „Safari Europa“ ist sein neuestes Werk.
Im August in Thailand, im September auf Sri Lanka und bis vor ein paar Wochen in Usbekistan unweit des Aralsees: Martin Petrich kommt viel rum in der Welt. Allerdings ist er nicht nur zum Vergnügen unterwegs. Bei seinen Touren lauert der Autor und Tourismusexperte immer auf prickelnde Storys und aufregende Fotomotive. Veröffentlicht werden sie in Reiseführern, Bildbänden und Zeitungen. Zwei Drittel des Jahres verbringt Petrich im Ausland. Allein sieben Jahre lebte er mit seiner Frau mal in Myanmar.
Seine letzten Reiseabenteuer gibt der neue Bildband „Safari Europa“ (Kunth-Verlag) wieder. „Mit dem fantastisch bebilderten 352-Seiten-Buch wollen wir Lust auf Europas vielfältige Natur wecken. Die reicht von den Gletschern Spitzbergens bis zu den Stränden Spaniens, von dunklen Kaukasus-Wäldern bis zu den meerumbrandeten Azoren. Die Devise lautet: ‚Schaut her, was es bei uns in Europa alles an Wildnis gibt‘“, schwärmt der 57-Jährige, der für „Safari Europa“ auch Tierporträts beisteuerte.
Privat bevorzugt der Globetrotter nicht zwangsläufig spektakuläre Reiseziele: „Eigentlich brauche ich das nicht und finde allein schon unseren verwilderten Hinterhof in Berlin-Friedrichshain toll. Einfach schön, wenn mich im Sommer zwitschernde Vögel wecken.“ Auf Nachfrage fallen Martin Petrich aber schon noch andere Destinationen ein. Zuerst nennt er Bolivien, wo er auch mal zwei Jahre lebte. Hier hatte es ihm die Salar de Uyuni, eine Salzwüste in den Anden, angetan. In Usbekistan schwärmt er vom Ustyurt-Plateau, das sich vom Kaspischen Meer bis zum Aralsee erstreckt. In Europa steht er vor allem auf Toskana und Masuren.
Im Himalaya-Königreich Bhutan beeindruckte den Autor, wie die nur 780.000 Einwohner Tradition und Moderne vereinen. „Dort erfand man das Bruttonationalglück, also einen Index zur Berechnung des Glücks. In Bhutan weiß man längst: Geld allein macht nicht glücklich“, so der Wahl-Berliner, der auch die buddhistische Tempelstadt Bagan in Myanmar als besonderen Ort auf dieser Welt aufführt. „Die dortige Pagodenlandschaft bei Sonnenauf- oder untergang zu sehen – da bekomme ich jedes Mal eine Gänsehaut“, zeigt sich Martin Petrich von Bagan fasziniert.
Ob er nach all den Jahren immer noch Souvenirs mitbringt? „Ehrlich gesagt, ist zu Hause nur noch wenig Platz. Bei mir sieht es teils aus wie in einer ethnologischen Sammlung“, lächelt der Mann, der den eigenen Worten nach eine Schwäche für Seide aus Kambodscha, Flechtarbeiten aus Laos und Leinenhemden aus Sri Lanka hat.
Trotz aller Reiselust ist der Autor etlicher Reiseführer aber auch gern in Deutschland. Zuerst nennt er Radolfzell am Bodensee, wo Martin Petrich aufwuchs. „Wenn ich den See erblicke, schlägt mein Herz sofort höher“, schwärmt der sympathische Gesprächspartner. „Seehasen“, wie man Einheimische laut Petrich vor Ort nennt, würden eigentlich als recht bodenständig, nicht besonders reisefreudig sowie als Genussmenschen gelten. „Ein Genussmensch bin ich auch, aber Reisen ist nicht nur mein Beruf, es ist meine Leidenschaft. Mein Motto heißt: ‚Reisen und Staunen‘.“
Als Tourismusexperte unterstützt Petrich in Usbekistan diverse Projekte des Fremdenverkehrs, die auch von deutscher Entwicklungshilfe finanziert werden. „Dazu zählt auch die Region Karakalpakstan, zu der auch der Aralsee gehört. Das zentralasiatische Land Usbekistan ist darüber hinaus bekannt für seine Seidenstraßenstädte Samarkand, Bhukara und Khiva. Die Region rund um den Aralsee, der einmal zu den größten Binnenseen weltweit gehörte, wird hingegen wenig besucht. Landschaftlich ist das Gebiet aber sehr interessant – nicht nur wegen des Sees, sondern auch wegen der Wüsten. Ich unterstütze die lokale Tourismusindustrie in der Produktentwicklung und in Trainings für lokale Guides und andere am Tourismus Beteiligte.“
In Deutschland mag er vor allem die Städte
Dann kommt das Gespräch wieder auf Deutschland: „Bei uns mag ich vor allem Städte, in denen ich Geschichte spüre – sei es Leipzig oder Potsdam, Freiburg oder München.“ In der Landeshauptstadt Bayerns studierte Petrich einst Theologie, wie er am Rande erwähnt. Wie es sich für einen Münchener Studenten gehöre, habe er auch viel Zeit in Biergärten verbracht, lächelt der fleißige Schreiber.
In Berlin steht der Weltenbummler, der zuweilen auch als Reiseleiter arbeitet, vor allem auf den Stadtbezirk Friedrichshain. Hier wohnt er seit 20 Jahren – wenn er mal nicht auf Reisen ist. Besonders mag Martin Petrich den eigenen Worten nach Markttage auf dem Boxhagener Platz. „Ich radle aber auch gern auf die Halbinsel Stralau.“ Für Berliner Verhältnisse sei Stralau eine Idylle. Heute kaum noch nachvollziehbar, sei das Kleinod früher ein wichtiger Industriestandort gewesen. Per Fahrrad geht’s oft noch weiter zu Treptower Park und Plänterwald. Aber auch Kreuzberg und Tempelhof schätzt Petrich. „Ich mag es nicht, wenn es zu schnieke ist, sondern eher Ecken, in denen ich Alltagsleben spüre, wo die Menschen einfach so leben können, wie sie es wollen. Das muss nicht immer schön aussehen.“
Im Berliner Friedrichshain genieße er auch meist sein Sonntagsfrühstück: „Morgens brauche ich ein ordentliches Frühstück, mit Kaffee, gutem Brot, selbst gemachter Marmelade und kernigem Müsli. Sonntags kommt noch ein weich gekochtes Ei dazu. Fettige Würste und Käse oder schluffriger Tee sind am Morgen nicht so meine Sache.“ Auf Reisen stellt sich der gebürtige Südbadener dagegen auf lokale Gegebenheiten ein. Richtige „Frühstücksfreude“ komme bei Besuchen in Sri Lanka auf: „Über ein feuriges Fischcurry mit ebenso scharfen Kokosraspeln und Reisnudeln geht nichts.“
Besonders von Asien ist er fasziniert
Dann kommt das Gespräch auf Brandenburg, das Martin Petrich von Ausflügen kennt. Dabei gehe es nicht nur bis nach Potsdam oder ins nahe Berliner Umland. Die Seenlandschaft bei Lychen in der Uckermark mag er beispielsweise besonders. „Einmal im Jahr geht’s mit Freunden auch zum Paddeln, bevorzugt Richtung Neuruppin oder Werder. Kürzlich staunte ich in Usbekistan, als eine Bekannte, die nie in Deutschland war, in hervorragendem Deutsch Theodor Fontanes Gedicht ‚Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland‘ rezitierte. Sie sehen: Brandenburg ist überall!“
Die Frage, was ihn gerade an Asien fasziniert, beantwortet Martin Petrich ohne Zögern: „Das fängt beim Essen an und hört bei Religionen noch lange nicht auf. Der weltweit größte Kontinent ist einfach so vielfältig. Mich begeistern die unterschiedlichen Kulturen und wie die Menschen dort so anders ticken. Und dann diese Völkervielfalt. Beispiel Myanmar: Dort leben über 100 unterschiedliche Volksgruppen. In Vietnam sind es 54, in Indonesien Hunderte. In Usbekistan treffen Russen wiederum auf Turkvölker, Perser und Ostasiaten. Auf der Seidenstraße waren ja allerhand Völker unterwegs. Auch landschaftlich ist der Kontinent so vielfältig mit einigen der schönsten Ecken weltweit. Ich denke da etwa an die Halong-Bucht in Vietnam oder an Himalaya-Gipfel in Nordindien, Nepal und Bhutan. Klimatisch zieht es mich indessen eher in tropische Gefilde. Für den deutschen Winter bin ich jedenfalls nicht gemacht“, schmunzelt Martin Petrich.
Dass er schon als Kind gern reisen wollte, daran erinnert er sich noch heute ganz genau: „‚Wenn ich einmal groß bin, werde ich weggehen‘, prophezeite ich meiner Großmutter bereits als Sprössling. Und so kam es dann auch, obwohl ich in einer der schönsten Gegenden Deutschlands aufgewachsen bin. Nach meinem Münchener Theologie-Studium packte mich einfach die Lust, mehr vom asiatischen Kontinent zu sehen.“ Ein wenig habe dazu auch der einjährige Studienaufenthalt im indischen Pune beigetragen. „Das hat mich dort einfach fasziniert: Religion und Kultur, vor allem aber die Menschen“, so der Reisejournalist, der von 1996 bis 2002 in der thailändischen Hauptstadt Bangkok lebte und arbeitete. „Ich war dort erst Koordinator einer Nichtregierungsorganisation und etwas später Studienreiseleiter.“
Von Bangkok aus führten ihn etliche Reisen auch nach Myanmar, Laos und Vietnam, wie Martin Petrich erklärt. Was er dort nach der Arbeit beziehungsweise seiner Recherche für Reiseführer macht? „Nach getaner Arbeit relaxe ich in einem schönen Café.“