Der Deutschen Eishockey Liga (DEL) droht zum Saisonende der Verlust eines ihrer klangvollsten Namens: Der Kultclub Düsseldorfer EG kämpft am Tabellenende gegen den Abstieg – und nach Meinung nicht weniger Beobachter auch ums Überleben.

Von den vielen traditions- und einst auch ruhmreichen Clubs in Deutschland ist ausgerechnet im Flachland nur noch die Düsseldorfer EG (DEG) unter ihrem angestammten Namen in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) übrig geblieben. Ob etwa ein SC Rießersee, EV Landshut, EV Füssen oder auch SB Rosenheim – alle sind in der Versenkung oder zumindest in der zweitklassigen DEL2 verschwunden.
Das sporthistorische Alleinstellungsmerkmal der Rheinländer ist allerdings nicht die Grundlage für den Kultstatus des 90 Jahre alten Clubs: DEG – nicht nur Eishockey-Freaks verbinden mit dem Akronym Hochzeiten des deutschen Eishockey-Sports. Über Jahrzehnte galt die schon kurz nach Kriegsende fertiggestellte Freiluft-Arena als Eishockey-Tempel schlechthin, zumal Düsseldorf mit seinen insgesamt acht Meisterschaften zwischen 1967 und 1996 die schnellste Mannschaftssportart der Welt in Deutschland ebenfalls – etwa mit Spielern wie Uli Hiemer, Andreas Niederberger, Helmut de Raaf, Dieter Hegen oder Gerd Truntschka – für Dekaden prägte.
29 Jahre nach ihrem bisher letzten Titeltriumph ist die glanzvolle Vergangenheit am Rhein nur noch wenig mehr als b

loß eine schöne Erinnerung. Bedeutete bereits in der vergangenen Saison das Aus vor den Play-offs einen schweren Rückschlag, befindet sich die einst so stolze DEG in der laufenden Spielzeit sogar in einem regelrechten Existenzkampf: Mitten im letzten Vorrunden-Viertel ist der Klassenerhalt für das lange nur von Pleite zu Pleite taumelnde Team des kanadischen Trainers Steven Reinprecht trotz eines gelungenen Starts ins neue Jahr längst nicht gesichert – und damit auch nicht das finanzielle Überleben. Der erste sportliche Abstieg würde, da sind sich Insider weitgehend sicher, für den einstigen Branchenführer den vollkommenen K. o. bedeuten. Wie konnte es so weit kommen?
Einmal wieder setzte der Schwund von Finanzkraft die sportliche Abwärtsspirale in Gang. Noch im Vorjahr haushaltete die DEG mit einem Budget von neun Millionen Euro. Ein großer Anteil davon floss durch Sponsoren in die Kassen, der Zuschauerrekord von fast 9.000 Zuschauern pro Begegnung bedeutete einen zusätzlichen Geldregen. Doch weniger als die Hälfte aller Einnahmen floss in die Mannschaft.
Am Ende fehlte das nötige Geld für die Mannschaft

Aufgrund der beinahe schon als sprudelnd zu bezeichnenden Einnahmen stellten sich die Ausgaben als Kern des Problems heraus. Bei der Ankündigung des Sparkurses berichtete der Verein besonders über „künftig nicht mehr zu realisierende Zusagen von Partnern und drastisch gestiegene Kosten rund um die Spieltage“.
Im Klartext gemeint waren damit vor allem Kürzungen bei der auch andernorts nicht unüblichen Unterstützung durch die Stadt. Das machte sich besonders am finanziellen Aufwand für die Nutzung der Multifunktionsarena „Dome“ an der Düsseldorfer Peripherie bemerkbar: Lange konnte die DEG die moderne Halle nahezu kostenlos nutzen, weil Tochterunternehmen zu den Großsponsoren gehörten, nun muss der Verein unter anderem Nutzungsgebühren in Höhe von rund 1,4 Millionen Euro aufbringen, die zu früheren Zeiten als Mietminderung durch Tochterunternehmen der Stadt in der Kasse bleiben konnten. Die angespannte Finanzlage der Kommune ließ sich auch an der gestiegenen Abgabe an die lokalen Verkehrsbetriebe für jedes verkaufte Eishockey-Ticket, das für An- und Abfahrt zur Halle genutzt werden kann, ablesen.

Hinzu kamen immense Aufwendungen etwa für eine Millionensumme für die Unfallversicherung der Profis bei der Berufsgenossenschaft, um mehr als 200.000 Euro gestiegene Kosten für die Security bei Heimspielen in der Halle, höherer Aufwand für Energiekosten, die Verteuerung des Caterings im Bereich der Ehrengäste und Sponsoren sowie die gestiegenen Kosten für Reisen zu Auswärtsspielen und die Ausrüstung der Spieler.
Als Standortnachteil erwies sich für die DEG ihre Heimatstadt bei der branchenüblichen Bereitstellung von Wohnungen für die Profis. Der Mietaufwand für 26 elegante Behausungen in der exklusiven NRW-Metropole dürfte für den Club ein Vielfaches von den entsprechenden Zahlungsverpflichtungen der Konkurrenz in der Provinz wie Straubing, Schwenningen oder Bremerhaven betragen.
Ein Problem für die DEG war außerdem der Mangel an Großgeldgebern im Hintergrund. Anders als etwa in Berlin (Anschütz-Gruppe), Mannheim (SAP) oder München (Red Bull) findet in Düsseldorf prinzipiell keine unmittelbare Querfinanzierung durch die Gesellschafter statt. Entsprechend konnten „die teils erheblichen Kostensteigerungen von Dienstleistern und Partnern nicht durch weitere Aufwendungen der Gesellschafter kompensiert werden“, wie der Verein bei seiner Kurskorrektur weiter klarstellte.
Der Super-Gau nimmt Formen an

Finanzielle Probleme sind für die DEG im längerfristigen Rückblick nichts Neues. Immer wieder erschütterten den früheren Krösus in der Vergangenheit Geldsorgen und sogar Insolvenzängste. Ende der 90er-Jahre, nur wenige Spielzeiten nach der bis heute letzten Meisterschaft, zog sich der Verein sogar freiwillig aus der DEL zurück, meldete sich jedoch wenig später durch einen neuen Großgeldgeber zum Preis des eigenen Namens als DEG Metro Stars in der Eliteklasse zurück. Als dieses Intermezzo nach rund zehn Jahren beendet war, stand Düsseldorf zwei Jahre lang ganz unten und stieg nur wegen der damals fehlenden Verzahnung zwischen DEL und DEL2 nicht ab.
Die Ausgangslage in dieser Saison ist grundlegend anders. Im Unterhaus sind Mannschaften wie die Dresdner Eislöwen, die Krefeld Pinguine oder auch die Kassel Huskies sehr ambitioniert sowie vor allem auch wirtschaftlich reif für eine DEL-Lizenz. Sollte also ein potenter Club die Zweitliga-Meisterschaft gewinnen, müsste der Tabellenletzte aus der DEL am Saisonende den bitteren Gang in die Zweitklassigkeit antreten – für Düsseldorf der Super-Gau.
Auf diesen Überlebenskampf ließ sich die DEG zu Saisonbeginn bewusst ein. Weil die finanzielle Schieflage nur durch eine weitere Kürzung der Personalkosten für das Profi-Team zu erreichen war, stand für Reinprechts Mannschaft lediglich der niedrigste Etat aller insgesamt 14 DEL-Teams zur Verfügung.
Beinahe typisch für Düsseldorf allerdings zeichnete sich in den Wochen rund um den Jahreswechsel eine Trendwende ab. Einer der DEG-Gesellschafter entschloss sich zur Aufstockung seines Engagements, in dem der IT-Unternehmer mit seiner Firma künftig vom Co- zum Hauptsponsor aufsteigt. Als erstes Signal an Mannschaft und Fans gleichermaßen ermöglichte der neue starke Mann am Schlossturm punktuell Verstärkungen des Teams für den Kampf gegen den Abstieg.
Im Falle der Rettung durch einen Erfolg der „Operation Klassenerhalt“ will die DEG schon in der bevorstehenden Saison mit frischem Geld nicht weniger als zurück in die Zukunft. Schon jetzt kursiert rund um den Dome jedenfalls die Zielsetzung, nach mehreren Jahren Abstinenz in oberen Tabellenregionen wieder um die Teilnahme an der Play-off-Runde spielen zu können, statt am Tabellenende um die Erstklassigkeit kämpfen zu müssen.
Der Plan klingt gut – nur darf nun kein Abstieg dazwischenkommen. Auf die DEG warten in den kommenden Wochen voller Unsicherheit sicher noch einige Zitterpartien.