Immer wieder kehren erfolgreiche Fußballer zum Ende ihrer Karriere zu ihrem Heimatclub zurück. Bei manchen ist aus der Rückkehr aber nichts geworden.

Dass er gefragt wurde, ob das Ganze ein Aprilscherz sei, durfte Dr. Christian Werner als Kompliment aufnehmen. Doch der Geschäftsführer von 1860 München konnte es nicht annehmen. Statt sich für den Coup feiern zu lassen, den 15-maligen Nationalspieler Kevin Volland in die 3. Liga gelotst zu haben, sagte Werner offen und ehrlich: „Es waren die einfachsten Vertragsgespräche meiner Laufbahn.“
Denn Werner musste Volland gar nicht von einer Rückkehr an die Grünwalder Straße überzeugen. Volland, mit 32 noch nicht zwangsläufig über den Zenit seiner Profi-Karriere hinaus, wollte unbedingt zurück zu seinem Ausbildungsverein, für den er ab dem 15. Lebensjahr fünf Jahre gespielt hatte. In der Folge hat Volland für Hoffenheim, Leverkusen und Union Berlin fast 300 Bundesligaspiele absolviert und knapp 100 Tore erzielt. Er stand in 38 Europacupspielen auf dem Platz, war in drei Jahren bei der AS Monaco an 50 Treffern beteiligt. Insgesamt wurden in seiner Karriere fast 40 Millionen Euro an Ablöse für ihn bezahlt. Doch in der laufenden Saison kam er nur noch zu vier Pflichtspieleinsätzen und kam zu dem Entschluss: Es ist an der Zeit, dass der Kreis sich schließt. Dass er zurückgeht zu den Löwen. Und wieder näher an seine im Allgäu verwurzelte Familie rückt.
Rückkehr aus Liebe

Volland habe sogar versichert, dass er im Falle eines Abstiegs mit in die Regionalliga gehen würde, verriet Werner noch: „Das habe ich noch von keinem Spieler erlebt. Es war wirklich eine Rückkehr aus Liebe. Das hat mir die Aufgabe doch einfach gemacht.“ Es sei bei den Gesprächen auch „nie um finanzielle Dinge“ gegangen. Volland wäre 2014 beinahe sogar Weltmeister geworden. Er gab kurz vor der WM sein Debüt, stand im vorläufigen Aufgebot, wurde dann aber noch gestrichen. Bei der EM 2021 kam er nach einem späten Comeback doch noch zu Turnier-Ehren und kam sogar zum Einsatz. Nun ist der Wechsel in die 3. Liga für ihn emotional das große Los. „Für mich ist es eine Riesenehre, zurückzukehren und wieder ein Sechzger zu sein“, sagte er und fügte hinzu: „Als ich die alten Räumlichkeiten gesehen habe, habe ich einfach nur Gänsehaut bekommen. Dieser Verein hatte schon immer eine unglaubliche Strahlkraft. Jedes Heimspiel ist ein Highlight.“ Sagt der Mann, der Länderspiele im Stade de France von Paris oder dem Giuseppe-Meazza-Stadion von Mailand absolviert hat und in der Champions League bei Real Madrid oder Juventus Turin auflief.
Halstenberg fand sein Glück

Zum Karriere-Ende noch einmal beim Heimat- oder Jugendclub zu spielen, ist ein Traum, den viele Profis hegen und manche auch aussprechen. In vielen Fällen wird aus dem romantischen Comeback aber nichts, wie die prominenten Fälle der Ex-Nationalspieler Miroslav Klose oder Torsten Frings beweisen. Weltmeister und WM-Rekordschütze Klose hatte während seiner Karriere des Öfteren betont, sich ein Karriere-Ende in Kaiserslautern vorstellen zu können. Ein Jahr vor dem Ausstieg sagte er dann schon deutlich: „Keine Chance.“ Die Umstände hatten sich einfach anders entwickelt. Zum einen spielte Klose bis 38 auf höchstem Niveau, zuletzt bei Lazio Rom in der italienischen Serie A. War dann aber auch entsprechend alt für einen Profi. Und der FCK hatte sich umgekehrt entwickelt. Mit fast 40 noch einmal in der 2. Liga zu spielen, wollte sich Klose nicht mehr antun, zumal zu dieser Zeit vieles chaotisch war auf dem Betze. Doch nun ist der FCK wieder im Aufwind, und die Verbindung ist nicht abgerissen. Und vielleicht kommt es ja doch noch zu einem Comeback. Als Trainer. „Die Zeit beim FCK – das ist etwas, das man nicht vergessen kann. Meine ganze Familie – das sind alles Lautern-Fans. Sie leben auch alle in der Region. Natürlich verbindet einen das“, sagte Klose, als er neulich als Trainer des 1. FC Nürnberg in der Pfalz spielte. Und schon im November 2023 verriet er dem „Münchner Merkur“, mit dem FCK über ein Engagement gesprochen zu haben: „Leider hat es nicht mit einer Rückkehr funktioniert. Dimitrios Grammozis hat das Rennen gemacht.“ Heute betont er, dass er sich in Nürnberg wohlfühlt. Aber: „Da darf man nichts ausschließen. Jeder weiß, was der Verein mir bedeutet.“
Ähnlich ist es bei Frings, der in Alsdorf bei Aachen aufwuchs und schon in der C-Jugend zur großen Alemannia wechselte. Der Club bezeichnete ihn kürzlich als den „wohl erfolgreichsten Kicker, der aus den schwarz-gelben Reihen hervorging“. Frings absolvierte über 400 Bundesliga-Einsätze und 79 Länderspiele, wurde Vize-Weltmeister, mit Werder Bremen und dem FC Bayern Meister und spielte für Borussia Dortmund. Das ein oder andere Mal hatte er erwähnt, durchaus noch einmal für die Alemannia spielen zu wollen, auf dem neuen Tivoli. Doch als er die Karriere beendete, war er 36, von einer langwierigen Hüftverletzung geplagt, und Aachen spielte in der Regionalliga. Da war ein Comeback als Spieler utopisch. Obwohl es sogar kurzzeitig noch einmal diskutiert wurde.

Andere fanden noch einmal den Weg zurück. Beispiel Marcel Halstenberg. Der hatte zwölf Jahre in der Jugend, aber nie als Profi für Hannover 96 gespielt, war nach Einsätzen in der 2. Mannschaft zu Borussia Dortmund gewechselt. Er wurde Nationalspieler und zweimal in Folge Pokalsieger mit RB Leipzig. Doch dann bat er für die meisten überraschend darum, in die 2. Liga nach Hannover zu dürfen. Er verzichtete auf viel Geld, die Champions League, vielleicht wäre der EM-Teilnehmer von 2021 auch wieder für die Nationalmannschaft nominiert worden.
Buffons stieg freiwillig ab
Doch Halstenberg wollte nach Hause. „Bei mir ist die berühmte Floskel tatsächlich wahr: Ich habe als kleiner Junge wirklich in 96-Bettwäsche geschlafen“, sagte er bei seiner Ankunft: „Ich bin mit sieben in den Verein gekommen, habe mit Papa im Stadion die Stars angefeuert. Hier jetzt wieder zu stehen in dem Alter ist schon ein cooles Gefühl.“ Hinzu kam die familiäre Komponente. „Bei Hannover 96 habe ich fast meine gesamte Jugend verbracht, und meine Familie und mein Freundeskreis sind hier fest verwurzelt“, sagte er. Die Frau war mit der Tochter schon ein Jahr vorher nach Niedersachsen zu ihren Eltern gezogen, Halstenbergs Eltern verstarben beide innerhalb kurzer Zeit. „Klar ist Familie für mich das Wichtigste. Wenn beide Eltern sterben, denkt man sich, man sollte sich die Zeit einfach nehmen“, sagte er: „Ich habe mir viele Gedanken gemacht, was wichtig im Leben ist. Da haben sich Prioritäten einfach verschoben. Wenn ich jetzt sehe, dass unsere Kleine mit Cousin und Cousine in den Kindergarten geht, da haben wir alles richtig gemacht.“

Ebenfalls eine Herzensangelegenheit war es, als Mike Frantz 2022 zum 1. FC Saarbrücken zurückkehrte. 14 Jahre war er weg gewesen, hatte je sechs Jahre in Nürnberg und Freiburg gespielt und zwei in Hannover. In Freiburg wurde er Kapitän, war sogar im Dunstkreis der Nationalmannschaft. Aber er habe „dem Präsidenten in die Hand versprochen, dass ich irgendwann wiederkomme“. Das machte er 2022 wahr. Als er im ersten Spiel nach der Rückkehr nicht eingewechselt wurde, sagte er der „Bild“, es sei „der schlimmste Tag meiner Fußballer-Karriere“ gewesen: „Ich identifiziere mich total mit diesem Verein, und wenn ich nicht mit dem Trikot am Platz gewesen wäre, hätte ich im Fanblock gestanden.“ Doch nicht immer erfüllen sich mit der romantischen Rückkehr die sportlichen Hoffnungen. Halstenberg ist mit Hannover noch nicht wie erhofft in die Bundesliga aufgestiegen. Und auch der beim Wechsel fast 36 Jahre alte Frantz schaffte mit dem FCS nicht den Sprung in die 2. Liga, kam zudem nur 14-mal zum Einsatz und stand lediglich fünfmal in der Startelf. Heute ist er „Leiter Entwicklung“ bei der SV Elversberg. Der „Saarbrücker Zeitung“ sagte er kürzlich: „Ich habe immer noch sehr viele und sehr gute Kontakte nach Saarbrücken. Aber für mich stand und steht immer der Fußball im Vordergrund und nicht die Vereine.“
Auch international gab es viele Top-Stars, die zum Karriere-Ende noch einmal zu Herzensvereinen zurückkehrten. Wie der Brasilianer Neymar zum FC Santos, Sergio Ramos zum FC Sevilla oder Wayne Rooney zum FC Everton. Doch waren diese Clubs zum betreffenden Zeitpunkt auch Erstligisten. Bemerkenswert war vor allem die Rückkehr der italienischen Torhüter-Ikone Gianluigi Buffon, der mit 43 nach 20 Jahren zu Parma in die 2. Liga ging.
Auch berührend war die Geschichte von Arjen Robben, der 2019 seine Karriere beim FC Bayern für beendet erklärte. Und ein Jahr später plötzlich noch einmal für Jugendclub FC Groningen auflief. Wegen Verletzungen kam er aber nur noch auf sieben Spiele. „Ich bin dennoch froh, dass ich dieses Abenteuer gewagt habe“, sagte er: „Ich bleibe für immer Groninger.“