Das 4:3 gegen den SC Verl hatte es in sich. Der FCS fährt nun mit gesteigertem Selbstvertrauen zu Aufsteiger Aachen.

Zweites Spiel, zweiter Sieg – und dennoch Sorgenfalten. Beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken prallen Euphorie und Ernüchterung derzeit hart aufeinander. Nach dem dramatischen 4:3-Heimerfolg gegen den SC Verl steht die Mannschaft von Alois Schwartz auf dem Relegationsplatz – und trotzdem sprach der Trainer von „Anfängerfehlern“. Es war ein Nachmittag, der alles bot, was ein Fußball-Herz begehrt: Treffer im Dreierpack, zittrige Schlussminuten, eine Gelb-Rote Karte, große Erleichterung, aber auch ein latent labil wirkendes Team, das sich fast um die Früchte seiner Arbeit brachte.
Dabei war der Auftakt in den Fußballnachmittag fast mustergültig geraten. Im gut gefüllten Ludwigsparkstadion sorgten über 14.000 Zuschauer für eine Atmosphäre, wie sie auch für Drittliga-Verhältnisse selten ist. Alois Schwartz, der in seinem zweiten Spiel als FCS-Coach erneut auf eine Dreier- respektive Fünferkette setzte, brachte lediglich Kai Brünker für den verletzten Sebastian Vasiliadis. Kapitän Manuel Zeitz und Patrick Sontheimer bildeten die Doppel-Sechs, vorne sollten Kasim Rabihic, Kai Brünker und Florian Krüger für Gefahr sorgen.
Und das taten sie. Nach einer druckvollen Anfangsphase markierte Patrick Sontheimer mit einem sehenswerten Distanzschuss das 1:0. Zuvor hätte Krüger bereits die Führung besorgen können. „Den muss ich eigentlich machen, aber man darf dann nicht hadern, sondern muss den Blick nach vorne richten“, sagte der Angreifer. Und die nächste Gelegenheit kam. Vom überragenden Philip Fahrner in Szene gesetzt, traf Krüger noch vor der Pause zum 2:0. Alles schien nach Plan zu laufen – bis Verl verkürzte, nachdem Kasim Rabihic verletzungsbedingt vom Platz musste. Zuvor hatte Calogero Rizzuto den Ball weggeschossen und eine höchst überflüssige Gelbe Karte kassiert: „Wir brauchen nicht über den Schiedsrichter zu diskutieren. Wir stellen uns da nicht klug an. Wir sind ein Mann weniger, lamentieren bei einem Einwurf und rücken dann viel zu weit vor“, kritisierte Schwartz vor allem seine „Doppel-Sechs“, die in dieser Szene zu risikoreich spielte. „Da müssen wir uns klüger anstellen, daraus müssen wir die richtigen Schlüsse ziehen“, sagte Verteidiger Sven Sonnenberg. „Wenn wir mit 2:0 in die Halbzeit gehen, ist es ein anderes Spiel. So haben wir den Gegner zurückgeholt“, analysierte Schwartz.
Doch auch in der zweiten Halbzeit legte der FCS zunächst nach: Ein Handelfmeter – laut Krüger selbst eine „klare Fehlentscheidung“ – brachte das 3:1, wenig später machte der Angreifer seinen Dreierpack perfekt. 4:1 – eigentlich die Vorentscheidung. „Ich habe mir eine Ecke vorgenommen. Ich war schon bei anderen Vereinen Elfmeterschütze Nummer eins. Aber dann haben wir 20 Spiele lang keinen bekommen“, erklärte Krüger und fügte lachend hinzu: „Einen Hattrick habe ich zuletzt in der A-Jugend geschossen.“
Zittern bis zur letzten Sekunde
Doch dann verlor Saarbrücken komplett den Faden. „Wir waren zu passiv“, bemängelte Coach Schwartz später: „Wir laufen dem Ball hinterher und nicht dem Gegner.“ Berkan Taz verkürzte auf 2:4, kurz darauf sah Rizzuto Gelb-Rot – und plötzlich wackelte der FCS bedenklich. Niko Kijewski traf zum 3:4, in der Nachspielzeit trudelte der Ball dann an der Saarbrücker Torlinie entlang. Die Szene stand sinnbildlich für einen Nachmittag, der Saarbrücken genauso gut den Relegationsrang hätte kosten können. Schwartz: „Auch wenn wir zum Schluss gut verteidigt haben – zur Pause müssen wir mit fünf Toren führen.“ Dass es nicht so weit kam, lag an der Willenskraft der Mannschaft – und an einer Portion Glück. Phillip Menzel, der in der Schlussphase zweimal glänzend parierte, haderte ein ums andere Mal mit seinen Vorderleuten. Nach dem souveränen 3:0-Erfolg bei Rot-Weiss Essen schien die Defensive stabilisiert. Auch in Verl war zumindest die erste Halbzeit richtig gut. Innenverteidiger Sonnenberg erklärte: „Das neue System kommt mir sehr entgegen. Ich habe meine Stärken im Zweikampf, und wir stehen jetzt kompakter. Aber wir müssen ruhiger, souveräner werden.“

Zumindest im Kampf um den Relegationsplatz hat der FCS vor dem Auswärtsspiel bei Alemannia Aachen wieder gute Karten. Energie Cottbus und Hansa Rostock treffen im Verfolger-Duell aufeinander. Im Zentrum bleibt aber die Frage: Wie stark ist der FCS in der Saison-Schlussphase wirklich. Die ersten beiden Spiele seit dem Trainerwechsel wurden gewonnen, die Handschrift des neuen Trainers ist erkennbar: mehr Tempo, mehr Klarheit, mehr Mut. Doch es fehlt an Stabilität – defensiv, taktisch, mental. Schwartz weiß das. „Wir haben es uns selbst schwer gemacht“, sagte er mehrfach. Doch er betont auch: „Wille und Qualität sind da, sich in solchen Situationen dagegenzustemmen.“
So geht der Blick nach vorne. Zum letzten Saison-Heimspiel werden auf dem Aachener Tivoli rund 30.000 Zuschauer erwartet, darunter rund 4.000 aus dem Saarland. „Das ist ein echter Klassiker, ein Höhepunkt für jeden Fußballer. Aber wir müssen bei uns bleiben und dürfen nicht überziehen“, sagte Krüger.