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WAS MACHT EIGENTLICH...

Leutheusser-Schnarrenberger klebt 1993 in Bonn einen Aufkleber gegen Ausländerhass auf ihren Dienstwagen
Foto: picture alliance / Martin Gerten

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger?

Die Juristin gehörte ab den 90er-Jahren zu den führenden Persönlichkeiten der FDP, war zwei Legislaturperioden Bundesjustizministerin und 13 Jahre bayerische FDP-Vorsitzende. Heute ist die 73-Jährige im Vorstand der Friedrich-Naumann-Stiftung.

Als „Jeanne d’Arc der Bürgerrechte“ wurde Sabine Leutheusser-Schnarrenberger früher oft bezeichnet, weil ihr als Rechtsstaatsliberale der Schutz der Bürger vor staatlichen Eingriffen in die Freiheitsgrundrechte besonders am Herzen lag. Deshalb lehnte sie auch, anders als ihre Partei, den ab 1995 viel diskutierten, 1998 beschlossenen (und 2004 für verfassungswidrig erklärten) „Großen Lauschangriff“ (akustische Wohnraumüberwachung) entschieden ab und trat 1996 aus Gewissensgründen als Bundesjustizministerin zurück. 2009 wurde sie erneut als Bundesjustizministerin berufen. Sie war damit die erste Ministerin der deutschen Geschichte, die in das gleiche Amt berufen wurde, das sie zuvor niedergelegt hatte. Das Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde bei der Bundestagswahl 2013 beendete nach 23-jähriger Zugehörigkeit ihre Bundestagsarbeit, und sie kandidierte nicht mehr für die bayerische FDP-Landesliste. 

Mit Preisen ausgezeichnet

Seit 2014 gehört sie dem Vorstand der FDP-nahen „Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit“ an und ist seit 2018 stellvertretende Vorstandsvorsitzende. Sie ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit sowie seit 2016 im Stiftungsrat der Boris-Nemzow-Stiftung für die Freiheit. Leutheusser-Schnarrenberger war von 2019 bis 2023 Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichts und übte von 2018 bis 2024 das Amt der Antisemitismusbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen aus. In dieser Funktion bedauerte sie, dass derzeit „antisemitische Einstellungen und Vorurteile gegenüber Juden in Deutschland weit verbreitet sind“ und sich daran auch durch den jüngsten Hamas-Terror nichts geändert habe. Die „vernunftbegabte Mitte der Gesellschaft“ müsse sich dem Antisemitismus entschieden entgegenstellen. Für Judenhass dürfe es keine Toleranz geben. „Nirgendwo, niemals!“ betonte sie 2024 bei „Zeit online“.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist unter anderem stellvertretende Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist unter anderem stellvertretende Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung - Foto: picture alliance / Wolfgang Maria Weber

Weiterhin engagiert sie sich in der Stiftung Pro Justitia, im Verein „Gegen das Vergessen“, im Deutschen Kinderschutzbund, im Verein „Dunkelziffer“, im „Weißen Ring“ und in weiteren Organisationen. Zudem ist sie Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung „Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus“ und stellvertretende Vorsitzende der Theodor-Heuss-Stiftung. Für ihre Tätigkeiten wurde Leutheusser-Schnarrenberger unter anderem mit der Hamm-Brücher-Medaille, dem Paul-Klinger-Preis, 2002 mit dem Bundesverdienstkreuz und 2011 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. 2011 wurde sie in einer Deutschland-Trend-Umfrage zur beliebtesten deutschen FDP-Politikerin gewählt. 1997 hatte ihr das ZDF-Magazin „Mona Lisa“ den Titel „Frau des Jahres“ verliehen. 
Auch mit dem Thema „Migration“ beschäftigte sie sich früh und hatte bereits 2011 die EU aufgefordert, eine gemeinsame Zuwanderungspolitik zu verabschieden, um „künftig besser ihren humanitären Verpflichtungen gerecht zu werden.“

Die Juristin gibt sich kämpferisch

Natürlich nimmt Leutheusser-Schnarrenberger auch an den aktuellen Entwicklungen in der FDP regen Anteil. So kritisierte sie die – vermutliche – Strategie ihrer Partei, die Ampel-Koalition gezielt platzen zu lassen, als „falsches Agieren“, ist aber dagegen, „dass man jetzt in der Partei aufräumt“. In den aktuellen Wahlkampf hat sie sich nicht eingebracht, jedoch bis zuletzt mit den FDP-Freunden mitgefiebert. Auch wenn sie in manchen Punkten häufig nicht unbedingt mit der Parteilinie übereinstimmte, bezeichnet sie ihren Eintritt in die FDP 1978 als richtigen Schritt. „Es ist wichtig, dass auch Menschen wie ich, die den Bürgerrechtsliberalismus betonen, Teil der FDP sind und ihr ein Gesicht geben“, sagte sie kurz vor der Bundestagswahl bei ­„t-online.de“. Leutheusser-Schnarrenberger ist überzeugt, dass ihre Partei eine Debatte darüber führen wird, „was wir ändern müssen und wie sich die FDP verbreitern und aufstellen will, damit sie eine Zukunft hat.“ Dass die FDP nun ein neues Grundsatzprogramm braucht, glaubt sie allerdings nicht und verweist auf einige Ideen des früheren liberalen Vordenkers Karl-Herrmann Flach, die „heute noch genauso wie damals“ gelten. „Es braucht eine FDP, die total europäisch ausgerichtet ist. Kaum ein großes Thema lässt sich noch national lösen“, betont Leutheusser-Schnarrenberger und fordert in den Bereichen Rüstungs-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, Digitalisierung, KI und Wirtschaft eine engere Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern. 

Die Liberalen haben nun Ende Februar den Wiedereinzug in den Bundestag knapp verpasst, dennoch „müssen wir alles daran setzen, dass die FDP nicht untergeht“, gibt die Juristin sich kämpferisch, weil immer ein „Bundestag mit FDP besser ist als ein Bundestag ohne FDP“. 

Andererseits könne eine Partei in der Opposition ihr Profil leichter schärfen: „Das kann auch hilfreich sein.“ 

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