Die SV Elversberg fügt mit dem 4:3-Sieg dem FC St. Pauli am Millerntor die erste Niederlage der Saison zu – und kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im nächsten Jahr erneut für die Zweite Liga planen.
Es ist die zweite Niederlage in Folge für den FC St. Pauli und die erste im heimischen Stadion: Die SV Elversberg schlug am vergangenen Sonntag den nun gestürzten Zweitliga-Tabellenführer nach einem rotzfrechen Auftritt in einem turbulenten Spiel mit 4:3 – und machte ihren Trainer mit ihrem Auftreten sehr stolz: „Ich bin sehr glücklich über den Sieg und auch über die Art und Weise, wie wir gespielt haben. Wir mussten viel verteidigen, hatten aber auch gute Umschaltmomente, die wir genutzt haben. In einer Phase, wo es nicht so gut lief, haben die Jungs weiter ihr Spiel gespielt und die Jungs, die reingekommen sind, haben direkt gezeigt, was sie können, und konnten so das 2:2 erzielen. Dadurch ist der Glaube gewachsen, dass wir hier etwas holen konnten und über die Art und Weise meiner Jungs bin ich sehr zufrieden.“
St. Pauli strauchelt auf der Zielgeraden
Steffens Kollege Fabian Hürzeler dagegen blieb nach dem Spiel nur noch die Rolle als fairer Verlierer: „Glückwunsch zum verdienten Sieg. Elversberg ist besser ins Spiel gekommen, hat sehr gut umgeschaltet und hatte nach Ballgewinnen immer eine gute Positionierung. Sie haben viele zweite Bälle aufgesammelt und hatten viel Speed. Wir haben es nicht geschafft, die Spielkontrolle zu bekommen und geduldig zu spielen. Im Gegenpressing waren wir nicht wirklich präsent und die Restverteidigung war auch nicht gut“, sagte Hürzeler, dessen Team auf der Zielgeraden ein wenig die Leichtigkeit abhandenkommt. „Wir gehen 1:0 in Führung, das sollte uns eigentlich Selbstvertrauen geben. Nach der Halbzeitpause kriegen wir dann aus dem Nichts das 1:1. Danach hatten wir eine gute Phase und machen das 2:1. Dann kam aber wieder so ein schneller Rückschlag mit dem 2:2. Danach hatten wir nicht die Körpersprache, die wir uns erhofft hatten“, haderte der St. Pauli-Trainer und fügte hinzu: „Das müssen wir uns ankreiden. Elversberg hat die Momente, die sie hatten, dann sehr gut ausgespielt. Wir müssen es wieder schaffen, die Schärfe gegen den Ball reinzubekommen und zu null zu spielen. Das war immer die Basis und das haben wir in den letzten Spielen missen lassen. Das ist enttäuschend.“
Das Spiel startete durchaus turbulent – und die beste Abwehr der Liga geriet ordentlich ins Wanken: Der Kiez-Club hatte deutlich mehr vom Spiel, doch die Gäste erarbeiteten sich vor allem in der ersten Hälfte die besseren Chancen. St. Paulis Torhüter Nikola Vasilj parierte mehrmals stark und verhinderte den Rückstand. Maxi Eggestein erlöste die Gastgeber quasi aus heiterem Himmel, die damit kurz vor der Pause unverdient in Führung gingen. Elversberg kam aber gut aus der Halbzeit und belohnte den tollen Auftritt in den ersten 45 Minuten. Außenverteidiger Maurice Neubauer glich mit einem Flachschuss in die lange Ecke aus.
Danach wurde die Partie turbulent. St. Pauli drehte anschließend auf, doch vergab viele Möglichkeiten. Die Führung durch „Cello“ Hartel egalisierte Joe Boyamba nur eine Minute später. Die starke Bayern-Leihgabe Paul Wanner und Hugo Vandermersch drehten das Spiel dann binnen zwei Minuten und machten den Deckel auf dieses wilde Match – das 4:3 von Jackson Irvine war nur noch Ergebniskosmetik.
Dementsprechend bedient waren die Hamburger nach dem Spiel. „Wir waren in vielen Bereichen heute einfach nicht gut. Wir haben viel zu einfach die Bälle verloren, waren im Pressing nicht gut und auch die Konterabsicherung war nicht gut. Das ist eines der bittersten Ergebnisse, ein Jahr nach der letzten Heimniederlage. Wir sind alle sehr enttäuscht“, resümierte Kapitän Irvine nach dem Spiel, jedoch nicht ohne kämpferisch in die Zukunft zu blicken: „Aber diese Situation müssen wir annehmen, dass wir heute nicht gut genug waren. Wir müssen in den letzten fünf Spielen besser werden und den Glauben wieder haben, dass wir da zu Recht oben stehen und dieses Level, was wir über die ganze Saison über gezeigt haben, das müssen wir wieder auf den Platz bringen. Elversberg hat sehr gut gepresst, aber da müssen wir Lösungen finden und hatten auch eine gute Phase mit guten Chancen – am Ende sind es die Kleinigkeiten.“ In die gleiche Kerbe gehen auch die Aussagen von Torschütze Marcel Hartel: „Wir sind eigentlich gut ins Spiel gekommen, haben aber die letzte Konsequenz vermissen lassen. Elversberg hatte gute Chancen, Niko hält uns gut im Spiel. Nach dem Seitenwechsel gehen wir wieder verdient in Führung, kassieren aber viel zu schnell den Anschlusstreffer und müssen am Ende die Niederlage hinnehmen, die wir schnell analysieren müssen. Wir wussten, dass Elversberg absolut in der Lage ist, spielerische Lösungen zu finden. Bei uns hat die Präzision gefehlt, das müssen wir in Hannover besser machen.“
Steffen will noch Punkte sammeln
Trotz nun glänzender Ausgangslage will Horst Steffen jedoch nichts vom vorzeitigen Klassenerhalt wissen: „Was den Klassenerhalt anbelangt, bin ich froh, dass wir 39 Punkte haben“, sagte er. „Ich habe vorher gesagt, wir brauchen 41. Also fehlen Punkte.“ Aber dennoch: „Was wir heute gezeigt haben, war großartig. Wir haben ohne Druck gespielt und wollten wieder den Offensiv-Fußball spielen, den wir können. Die Jungs haben alles umgesetzt und ließen sich auch durch zwei Rückstände nicht aus der Bahn werfen, das macht mich stolz.“ Für Offensivmann Manuel Feil war es „vielleicht sogar das Beste in dieser Saison“, was die SVE auf den Platz brachte. Auch Maurice Neubauer zeigte sich aufgrund seines Treffers äußerst zufrieden nach dem Spiel: „Das sind genau meine Dinger – aber viel wichtiger ist, dass wir heute wieder die SVE waren, die wir sein sollen.“ Und diese SVE kann, so scheint es, in der Zweiten Liga jeden Gegner schlagen – wenn sie so auftritt. Weil solche Spiele in dieser Saison keine Seltenheit waren, geht es nicht mehr darum, ob die SVE den Klassenerhalt perfekt machen kann, sondern nur noch darum, wann es passieren wird. Am heutigen Freitag geht es gegen Schalke 04. Es wäre ein perfekter Zeitpunkt.