Seide gilt als eine der wertvollsten Fasern der Welt. Ihre Gewinnung schadet der Natur aber in erheblichem Maße. Wie gut, dass es eine nachhaltige Alternative gibt. Wie diese entsteht und welche Vorteile sie mit sich bringt, dazu jetzt mehr.
Die Modeindustrie ist bekannt für ihren hohen Ressourcenverbrauch und die Umweltbelastung, die durch die Herstellung von Textilien entsteht. In den letzten Jahren wächst jedoch das Interesse an nachhaltigen Materialien, die sowohl umweltfreundlich als auch funktional sind. Sie sollen die „echten Klassiker“ ersetzen. Einer davon ist die Seidenfaser. Echte Seide ist seit Jahrtausenden ein geschätztes Luxusmaterial, bekannt für ihre glänzende Oberfläche und weiche Haptik. Gewonnen wird sie hauptsächlich aus den Kokons der Seidenraupe Bombyx mori. Die Seidenproduktion beginnt mit der Zucht dieser Raupen, die sich ausschließlich von Maulbeerblättern ernähren. Nach rund einem Monat spinnt jede Raupe einen Kokon aus einem einzigen, bis zu 900 Meter langen Seidenfaden. Um diesen Faden unbeschädigt gewinnen zu können, werden die Kokons in heißem Wasser oder Dampf gekocht. Ein Prozess, bei dem die Puppe im Inneren stirbt. Für die Herstellung von nur einem Kilogramm Seide müssen etwa 5.000 bis 10.000 Raupen ihr Leben lassen. Pro Jahr sterben laut Schätzungen von „Gemeinsam für Tierrechte“ rund 1,6 Billionen Raupen.
10.000 Raupen für ein Kilogramm Seide
Dies wirft vor allem aus ethischer Sicht Fragen auf, da es sich um einen massenhaften und systematischen Eingriff in das Tierleben handelt. Abgesehen vom Tierschutz bringt die konventionelle Seidenproduktion auch erhebliche Umweltbelastungen mit sich. Der Energie- und Wasserverbrauch ist hoch, insbesondere beim Abkochen der Kokons. Zudem kommen beim Anbau der Maulbeerbäume häufig Pestizide und Düngemittel zum Einsatz, die Böden und Gewässer belasten und die Artenvielfalt gefährden. Auch die häufig praktizierte Monokultur trägt zur ökologischen Destabilisierung bei, da sie Lebensräume für andere Arten verdrängt und den Boden langfristig auslaugt. Nicht zuletzt sind in den Hauptproduktionsländern wie Indien oder China die Arbeitsbedingungen oft schlecht. Niedrige Löhne und Kinderarbeit verstärken den Druck auf die Industrie, andere Lösungen zu finden.

Sojaseide hat sich als eine vielversprechende Lösung herauskristallisiert. Diese innovative Textilfaser, die aus den Proteinen der Sojabohne gewonnen wird, ist eine umweltfreundliche Alternative zu traditionellen Textilien wie Seide und Kaschmir. Sie hat sich in der nachhaltigen Modebranche einen festen Platz erobert und wird zunehmend als „vegetarisches Kaschmir“ bezeichnet. Doch was genau macht Sojaseide so besonders? Die Herstellung von Sojaseide beginnt mit einem Abfallprodukt der Sojabohnenernte, das bei der Produktion von Tofu anfällt. Die Sojabohnen, die in der Lebensmittelindustrie genutzt werden, hinterlassen nach der Verarbeitung eine Reihe von Reststoffen, die keinen weiteren Nutzen haben und in den Müll wandern. Die Produzenten der Sojaseide nutzen diese Abfälle und führen sie einer sinnvollen Verwendung zu. Das Verfahren zur Gewinnung der Faser umfasst dabei mehrere Schritte, die nicht nur die Abfallmenge der Lebensmittelproduktion reduzieren, sondern auch eine wertvolle Ressource schaffen. Zunächst werden die Sojabohnen-Reststoffe gründlich gereinigt und zu Sojamilch verarbeitet. Diese Sojamilch ist der Ausgangspunkt, um das Sojaprotein zu isolieren. Das Protein wird anschließend durch einen chemischen Prozess extrahiert und in eine zähflüssige Lösung überführt. Diese Lösung wird dann durch feine Düsen gepresst, wodurch lange Fäden entstehen, aus denen im weiteren Verlauf Fasern werden. Diese Fasern werden danach gehärtet und getrocknet, um ihre Stabilität zu gewährleisten. Der letzte Schritt in der Produktion ist die Veredelung der Fasern. Gesponnen und gefärbt gelangen sie als Stoffe in Kleidung und andere Textilien. Der gesamte Prozess der Herstellung von Sojaseide bietet nicht nur eine umweltfreundliche Lösung, sondern auch eine effiziente Möglichkeit des Recyclings. Damit trägt die Umwandlung von Reststoffen aus der Sojabohnenernte in wertvolle Textilfasern erheblich zur Abfallreduzierung bei und bietet gleichzeitig eine nachhaltige Möglichkeit, hochwertige Textilien herzustellen.
Leicht, bequem und atmungsaktiv
Doch was macht Sojaseide als Material so besonders? Die Vorteile der Faser sind vielfältig und machen sie zu einer attraktiven Wahl für Verbraucher. Einer der größten Vorteile von Sojaseide ist ihre Weichheit. Sie wird oft mit Kaschmir oder echter Seide verglichen, da sie sich außergewöhnlich angenehm auf der Haut anfühlt. Die Faser ist fein und geschmeidig und bietet einen hohen Tragekomfort, der sie ideal für die Herstellung von Kleidung macht, die direkt auf der Haut getragen wird. Besonders die Modeschaffenden, die zunehmend auf Komfort und Funktionalität setzen, schätzen diesen Vorteil. Neben der Haptik zeichnet sich Sojaseide durch ihre Atmungsaktivität aus. Sie ist in der Lage, Feuchtigkeit aufzunehmen, und sorgt so für ein angenehmes Tragegefühl. In Kombination mit der Leichtigkeit und Flexibilität der Faser bietet Sojaseide eine hohe Funktionalität und ist gleichzeitig äußerst komfortabel. Ein weiterer großer Vorteil der Faser ist ihre Unempfindlichkeit. Im Vergleich zu echter Seide, die oft mit besonderer Vorsicht behandelt werden muss, ist Sojaseide relativ robust. Sie kann in der Regel in der Waschmaschine gewaschen werden, ohne dass Form oder Qualität beeinträchtigt werden. Auch Knitterfältchen entstehen im Gegensatz zu echter Seide kaum. Diese Eigenschaft macht sie besonders praktisch für den alltäglichen Gebrauch, da sie pflegeleicht und weniger anfällig für Schäden durch häufiges Waschen ist. Außerdem ist Sojaseide vollständig biologisch abbaubar. Das bedeutet, dass sie im Vergleich zu synthetischen Textilfasern, die oft Millionen von Jahren brauchen, um sich zu zersetzen, deutlich weniger umweltschädlich ist. Darüber hinaus ist Sojaseide äußerst vielseitig. Sie lässt sich leicht einfärben und behält ihre Farben über längere Zeit. Dies bietet Designern zahlreiche Möglichkeiten, mit verschiedenen Farben und Mustern zu experimentieren. Die Textilindustrie profitiert von der breiten Anwendbarkeit der Faser, da sie sich sowohl für einfache, klassische Designs als auch für modische, auffällige Kreationen eignet.
Mittlerweile ist die Superfaser auch in der breiten Masse erhältlich. Mit dem zunehmenden Interesse an nachhaltiger Mode bieten immer mehr Händler und Designer Produkte aus Sojaseide an. Plattformen wie Etsy offerieren handgefertigte Produkte aus Sojaseide, von Kleidung bis hin zu Accessoires. Diese Artikel sind oft Unikate und bieten eine einzigartige Möglichkeit, individuell und umweltbewusst einzukaufen. Spezialisierte Anbieter wie Kokku Online oder Seidenhandel Haller bieten hochwertige Stoffe und Garne aus Sojaseide an, die sich für verschiedene Projekte eignen, sei es für maßgeschneiderte Kleidung, Taschen oder Accessoires. Phoenix Handarbeitsboutique zeigt ebenfalls eine breite Auswahl an Sojaseide-Produkten, von Garnen bis hin zu fertigen Textilien. Für diejenigen, die nach größeren Mengen oder speziellen Anforderungen suchen, bietet Alibaba eine breite Palette von Sojaseide-Produkten von Herstellern weltweit an. Insbesondere die Rubrik „Vegane Wolle“ von Soul Wool ist interessant, da die angebotenen Garne aus Sojaseide frei von tierischen Bestandteilen sind und sich hervorragend für vegane Handarbeitsprojekte eignen.