Physiker der Universität Würzburg haben eine neue und strahlungsfreie bildgebende medizinische Technologie namens „interventional Magnetic Particle Imaging“ (iMPI) entwickelt. Mithilfe eines mobilen Scanners soll es möglich sein, auch dynamische Abläufe im menschlichen Körper wie den Blutfluss zu visualisieren.
Bildgebende Verfahren sind aus der modernen Medizin längst nicht mehr wegzudenken. Dabei kann deren Einsatz neben dem Nutzen zum Teil auch erhebliche Risiken beinhalten. Das gilt natürlich vor allem für die Röntgenuntersuchungen und die daraus entstandene Computertomografie (CT), weil die dabei verwendete ionisierende Strahlung gesundheitsschädlich sein kann. Gleiches gilt für andere nuklearmedizinische Methoden, bei denen radioaktive Stoffe in den Körper gebracht und deren Strahlung dann von außen gemessen werden kann, wie die Positronen-Emissions-Tomografie (PET). Dagegen ist die Sonografie, die bei der medizinischen Diagnostik mithilfe des Ultraschalls und seines Echos funktioniert, absolut frei von möglichen Nebenwirkungen. Auch die Magnetresonanztomografie (MRT) kommt im Unterschied zu Röntgendiagnostik und Computertomografie ohne Strahlung aus, weshalb sie möglichst der CT vorgezogen wird. Die MRT funktioniert grob gesprochen über ein sehr starkes Magnetfeld, den körpereigenen Magnetismus und hochfrequente Radiowellen.
Erhebliche Risiken bei Röntgen und Co.
Daneben wurde schon 2001 an den hiesigen Philips Research Laboratories die Idee eines tomografischen Verfahrens auf Basis einer Magnetpartikelbildgebung geboren, wofür die englische Bezeichnung Magnetic Particle Imaging (MPI) gebräuchlich werden sollte. Die Technik sollte auf einem Zusammenspiel von in den Blutkreislauf injiziertem Magnetmaterial in Gestalt von Eisenoxid-basierten superparamagnetischen Nanopartikeln und einem schwingend-oszillierendem Magnetfeld beruhen. 2005 konnte Philips erste Bilder auf MPI-Basis präsentieren. Doch sollte sich die Entwicklung von Geräten, die sich zur medizinischen Untersuchung von Menschen eignen konnten, in den Folgejahren schwieriger als erwartet erweisen und letztlich nur zu großen, schweren und teuren Apparaturen führen.

2018 hatten dann aber Experimentelle Physiker der Julius-Maximilians-Universität Würzburg unter Leitung von Prof. Volker Behr und Dr. Patrick Vogel sowie unter Mitwirkung eines medizinischen Teams der Radiologie des Würzburger Universitätsklinikums mit Prof. Torsten Bley und Dr. Stefan Herz an der Spitze damit begonnen, die für die Bildgebung erforderlichen, komplexen Magnetfelder in einem wesentlich kleineren Design umzusetzen. In einem mehrjährigen, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt gelang es den Wissenschaftlern, eine weitere, strahlungsfreie Bildgebungstechnologie für den Einsatz am Menschen nutzbar zu machen. Dabei konnten sie einen gezielt für die Intervention entwickelten tragbaren Scanner realisieren, mit dessen Hilfe es künftig unter anderem möglich sein soll, dynamische Vorgänge im menschlichen Körper, beispielsweise den Blutfluss, sichtbar zu machen. Sie nannten ihr Gerät „interventional Magnetic Particle Imaging“ (iMPI) und veröffentlichten die Details ihrer Forschung im Fachmagazin „Nature Scientifics Reports“.
Bislang werden Störungen des Blutflusses, zum Beispiel infolge von Thrombosen, Ader-Verengungen oder -Erweiterungen (Aneurysmen), mittels der Angiografie nachgewiesen, wofür die Gefäße zunächst mit Kontrastmitteln gefüllt werden müssen und anschließend der Befund mithilfe von Röntgen, MRT oder CT in einem Angiogramm sichtbar gemacht werden kann. Ein wesentlicher Nachteil der bei der Angiografie bislang eingesetzten Geräte ist in erster Linie ihre unpraktische Klobigkeit, was für Patienten nur eine Behandlung in liegender Position erlaubt. Das wird sich dank des tragbaren iMPI-Scanners künftig wahrscheinlich grundlegend ändern lassen. „Unser iMPI-Scanner ist so klein und leicht, dass man ihn fast überall hin mitnehmen kann“, so Dr. Vogel. Die Mobilität und Einsatzmöglichkeiten ihres Scanners dokumentierten die Forschenden in einem Direktvergleich mit dem riesigen Angiografie-Standardgerät im Würzburger Universitätsklinikum. Bei einem Test mit einem Dummy konnte gezeigt werden, dass sich der Scanner mit seinen drei flachen Magnetspulen und den Nanopartikel-Sensoren wie eine dickere Schiene um den Oberschenkel umschnallen ließ. Neben dem Hinweis auf Störungen des Blutflusses kann der Scanner laut den Forschenden auch zur bildgebenden Überwachung von Katheter-Eingriffen genutzt werden.
Genaue und schnelle Ergebnisse
Letztlich handelt es sich bei MPI oder der Magnetpartikelbildgebung um ein Verfahren, bei dem Magnetfelder die Bewegung und Dichte von magnetisierten Nanopartikeln sichtbar machen, die vor einer Untersuchung als Marker ähnlich einem Kontrastmittel injiziert werden müssen, weil sie natürlicherweise im menschlichen Körper nicht vorhanden sind. „Wie bei der Positronen-Emissions-Tomografie, die auf die Gabe von radioaktiven Substanzen als Marker angewiesen ist“, so Prof. Behr, „hat diese Methode den großen Vorteil, empfindlich und schnell zu sein, ohne dabei störende Hintergrundsignale von Gewebe oder Knochen zu ‚sehen‘.“ Was beim Einsatz des iPMI-Scanners nichts anderes bedeutet, als dass etwaige Störungen oder Verengungen in den Gefäßen nicht nur durch andere Strukturen verdeckt werden können. Allerdings basiert MPI im Unterschied zur PET nicht auf der Detektion von Gammastrahlen eines radioaktiven Markers, sondern auf dem Antwortsignal der magnetischen Nanopartikel auf sich zeitlich verändernde Magnetfelder. „Dabei wird die Magnetisierung von Nanopartikeln mithilfe von externen Magnetfeldern gezielt manipuliert, wodurch nicht nur ihre Anwesenheit, sondern auch ihre räumliche Position im menschlichen Körper detektiert werden kann“, so Dr. Patrick Vogel. Die ersten Tests mit der Dummy-Puppe, der man nachgebildete Blutgefäße, Kunstblut und injizierte Nanopartikel verpasst hatte, verliefen vielversprechend. Auch wenn die Bildauflösung noch deutliches Verbesserungspotenzial aufgezeigt hatte. „Das ist ein erster wichtiger Schritt hin zu einer strahlenfreien Intervention“, so Dr. Stefan Herz, „MPI hat das Potenzial, diesen Bereich nachhaltig zu verändern.“ Die Forschenden haben sich als nächstes Ziel die Weiterentwicklung des Scanners und vor allem die Verbesserung der Bildqualität als Ziel gesetzt.