Mangels Geld wurde die Bundesförderung für Batterieforschung im vergangenen Jahr gekappt. Jetzt müsse sie wieder anlaufen, wolle man wettbewerbsfähig werden, sagt Michael Krausa, Geschäftsführer des Kompetenznetzwerkes Lithium-Ionen-Batterien.

Herr Krausa, im vergangenen Jahr hat das FDP-geführte Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Fördermittel für Batterieforschung in Deutschland nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gegen den Klima- und Transformationsfonds der Ampel gestrichen. Welche Auswirkungen hatte dies?
Das Bundesforschungsministerium hat sehr frühzeitig, Anfang der 2000er, mit dem Dachkonzept Batterieforschung ein international beachtetes Konzept entwickelt, das dazu beigetragen hat, diese Art der Forschungskompetenz in Deutschland wieder zu etablieren. Dabei ging es um alle Facetten der Wertschöpfungskette und das brachte die Forschung in Deutschland auch im weltweiten Vergleich stark voran. Als das Ministerium 2024 die Förderung gestrichen hatte, haben wir dies in einem Brief, der auch an den Kanzler ging, deutlich kritisiert. Zwar wurde der jährliche Etat nicht wieder auf das ursprüngliche Niveau gehoben, fiel aber auch nicht auf null. Die Auswirkungen der Kürzungen waren katastrophale Signale für die Forschungseinrichtung und führten zum Abbau von langjährig aufgebauten Forschungsgruppen und auch zu einem Verlust an Fachkräften. Dies ist auch deshalb unverständlich, da eine Reihe von Studien zeigt, dass die Batterietechnologie in den kommenden Jahrzehnten die Technologie mit dem höchsten Marktwachstum sein wird und den größten Einfluss auf die Zukunftsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit anderer Industrien zeigt. Im September, während der Verhandlungen der Ampel zum Haushalt 2025, stand der Etat wieder bei null. Nach dem Ampel-Aus überbrachte der geschäftsführende Bundesminister Cem Özdemir anlässlich unseres Kongresses „Batterieforum Deutschland“ aber die gute Botschaft, dass eine Überbrückungsfinanzierung für die Batterieforschung in Höhe von 22 Millionen Euro kurzfristig realisiert wurde. Von der im Entstehen begriffenen Koalition in Berlin erhoffen wir uns nun, dass die Batterieforschung in Deutschland deutlich gestärkt wird, dazu finden sich entsprechende Aussagen in den jeweiligen Wahlprogrammen.

Die Forschung schreitet international rasch voran, von Natrium-Ionen-Batterien bis hin zur Festkörperbatterie. Ist Deutschland schnell genug, obwohl die Forschung in Deutschland lange Zeit gar nicht stattfand?
Gerade das BMBF-Dachkonzept Batterieforschung bietet eine hervorragende Basis, um neue Forschungsthemen wie die Natrium-Ionen-Technologie mit all ihren Aspekten von der Materialentwicklung und deren Verarbeitung bis hin zur Batteriefertigung zu erforschen. Darüber hinaus sind auch alle notwendigen industriellen Kompetenzen in Deutschland vertreten. Mit unseren Mitgliedern haben wir über dieses Thema diskutiert und gemeinsam einen Vorschlag entwickelt, um möglichst rasch eine industrielle Umsetzung der Forschungsergebnisse zu erreichen. Dazu werden gleichzeitig Forschungen zur Materialentwicklung, Produktionstechnologie bis hin zur Zellfertigung betrieben, die möglichst frühzeitig in die industrielle Umsetzung münden sollen. Das Projektkonsortium besteht aus 32 industriellen Partnern und assoziierten Partnern sowie 16 Forschungseinrichtungen. Wir sind froh, dass dieses Vorhaben doch noch eine Förderung gefunden hat.
Die Fraunhofer Gesellschaft schätzt die Gelder für die deutsche Batterieforschung auf insgesamt 500 Millionen Euro. Wie steht Deutschland im Vergleich zu Batteriegigant China da?
Die genauen Summen, die China für seine Forschungsförderung ausgibt, kenne ich nicht. Ich kann Ihnen mehrere Beispiele geben, an denen die Unterschiede ersichtlich werden. Das Dachkonzept Batteriezellenforschung des Bundes hatte einen Etat von 150 Millionen Euro. Darin sind verschiedene Batteriesysteme wie Lithium-Ionen-, Natrium-Ionen- oder Festkörperbatterien enthalten. Im Vergleich dazu gab die chinesische Regierung im vergangenen Jahr bekannt, sie stelle 760 Millionen Euro Forschungsgelder alleine für Festkörperbatterien zur Verfügung. Der größte chinesische Batteriehersteller CATL steckte 2023 zwei Milliarden Euro in die Forschung, und dies ist nur eines von mehreren chinesischen Unternehmen. Wir müssen national und auch europäisch mehr tun, um uns in diesem Technologiefeld Unabhängigkeit zu bewahren. Viele Industrien sind auf Batterien angewiesen. Das reicht von der Elektromobilität und den stationären Großspeichern bis hin zu Bussen, Bahnen, Lkw, Schiffen, Drohnen, Robotern sowie Power Tools. Und die Batterieforschung ist bei Weitem nicht abgeschlossen, sondern in einer sehr dynamischen Entwicklung, alte Systeme werden weiter optimiert, neue leistungsfähigere Systeme kommen dazu. Batterieforschung ist ein Marathon, der über viele Jahrzehnte weitergehen wird.

Wie beurteilen Sie die Ausgangslage für die Batterieproduktion in Deutschland? Im Saarland hat SVolt aufgegeben, die Northvolt-Gigafabrik in Heide steht auf der Kippe, PowerCo von Volkswagen reduziert seine Kapazität um die Hälfte.
Aktuell schlecht. Hohe Energiepreise, lange Genehmigungsverfahren und unklare politische Vorgaben bremsen Investitionen in dieses Technologiefeld. Im Gegensatz zu anderen Ländern entwickelt sich gerade der Markt für Elektrofahrzeuge in Deutschland nur langsam. Damit entsteht aber auch kein großer Absatzmarkt für Batterien. Großinvestitionen im Milliarden-Euro-Bereich werden daher von Unternehmen kritisch hinterfragt, wie beispielsweise im Fall von ACC (Batteriefabrik in Kaiserslautern, Anm. d. Red.). Öffentliche Diskussionen zu anderen Technologien wie Wasserstoff oder E-Fuels erschweren ebenfalls die Marktentwicklung von E-Autos. Deutschland hat sich im Pariser Abkommen verpflichtet, seinen CO2-Ausstoß zu reduzieren. Das geht aber nur mit Batterie-Elektrofahrzeugen. Wasserstoff oder E-Fuels zeigen einen deutlich geringeren Wirkungsgrad als BEV und sind in der Produktion erheblich energieintensiver. Leider werden bei öffentlichen Diskussionen manchmal die wissenschaftlich belegbaren Fakten etwas außer Acht gelassen. Die Folgen sind, der Kunde ist verunsichert, die Verkaufszahlen sinken. In dieser Atmosphäre macht eine Investition dieser Größenordnung für eine Batteriefabrik keinen Sinn. Auch EU-Regularien führen zu Verunsicherungen. Beispielsweise hat die EU-Kommission einen Vorschlag zum Stopp der Ewigkeitschemikalien PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) gemacht, der aktuell diskutiert wird. PFAS sind so gut wie nicht abbaubar und stehen im Verdacht, Krankheiten auszulösen. PFAS sind aber ein wichtiger Bestandteil von Batterien, auch in Reifen und Dichtungen. Das Signal dieser Ankündigung führt aber auch zur Verunsicherung, ob sie zukünftig eingesetzt werden können. Obwohl auch in diesem Bereich die Forschung bereits gestartet ist, um Alternativen zu finden, wird dies noch einige Zeit dauern. Ein weiterer aktueller Entwurf der EU-Kommission beinhaltet die Berechnung des CO2-Fußabdrucks von Batterien für Elektrofahrzeuge. Auch für Unternehmen, die nur „grünen“ Strom einkaufen oder ihren Strom beispielsweise in Windkraftwerken selbst produzieren und in das Netz einspeisen und damit eigentlich die industrielle Transformation umsetzen, wird ein nationaler Mittelwert angesetzt. Für Länder wie Frankreich oder Ungarn, in denen Atomstrom den CO2-Fußabdruck reduziert, ist das günstig, beim deutschen Strommix, in den auch Kohle- und Gaskraftwerke stark eingehen, weniger gut. Auch hier gilt es andere Wege zu finden, beispielsweise Unternehmen, deren Produktionen mit PV- oder Windkraft versorgt werden, zu belohnen und nicht zu bestrafen.

Was würden Sie sich von einer neuen schwarz-roten Koalition in Berlin wünschen?
Ich wünsche mir von der künftigen Bundesregierung, dass sie den Aufbau eines wettbewerbsfähigen Ökosystems Batterie am Hightech-Standort Deutschland forciert und die Streichung der öffentlichen Förderung der Batterieforschung rückgängig macht. Nur eine starke Batterieforschung sichert langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Hightech-Standortes Deutschland und einer Vielzahl von Unternehmen, deren Produkte auf Batterien beruhen, bis hin zu wehrtechnischen Anwendungen. Um die Wettbewerbsfähigkeit, Unabhängigkeit und Zukunftsfähigkeit des Hightech-Standortes Deutschland insgesamt zu sichern, ist ein wettbewerbsfähiges Ökosystem Batterien zwingend erforderlich. Dazu gilt es eine holistische, langfristige Strategie zu entwickeln, die Standortbedingungen, die unterschiedlichen Ausgangs- und Wettbewerbssituationen und Geschäftsmodelle, aber auch Finanzkraft der beteiligten Industrien ebenso betrachtet wie die geopolitischen Einflüsse. Daraus gilt es dann industrielle und staatliche Maßnahmen abzuleiten und gemeinschaftlich zwischen Regierung und Industrie zu vereinbaren und dann umzusetzen. Dazu ist ein langer Atem nötig, und ich würde mir wünschen, dass das Potential und die Bedeutung der Batterietechnologie verstanden wird und die neue Regierung diesen Atem hat.