Vom 20. bis 22. Januar rückt die Tiroler Bergstadt dank der Hahnenkammrennen auf der Streif wieder besonders in den Blickpunkt. Doch Kitzbühel auf einen Nenner zu bringen, ist nicht so einfach, wie es das Image erwarten lässt. Denn hier fühlen sich nicht nur Promis und Betuchte wohl, sondern auch Familien, Genießer – und Ski-Cracks.
Wir brauchen den Vergleich mit St. Anton wahrlich nicht zu scheuen“, sagt Beppo und blickt aus der 3S-Seilbahn knapp 400 Meter hinunter in den Saukasergraben, wo zwischen Bäumen und Büschen eine kleine Gruppe Off-Piste-Fahrer ihre Spuren zieht. „Mit rund 200 Abfahrtskilometern, der bis zu 85 Prozent steilen Streif, den schweren Abfahrten am Steinbergkogel und vielen anderen gibt es genug Möglichkeiten, dass Pistenfahrer auf ihre Kosten kommen.“ Er muss es wissen, ist er doch ein „Roter Teufel“, wie sich die legendären Kitzbüheler Skilehrer nennen – und ein teuflisch guter Skifahrer obendrein. Dass man mit solchen Kerlen mehr erleben kann als nette Schwünge auf der Familienabfahrt, verspricht schon Beppos Visitenkarte. Dort steht: „Freeride, Geländefahren, Mondscheintouren, Telemark, Eisklettern“. Damit wird deutlich, wer rund um Kitzbühel richtig etwas erleben kann: ambitionierte Wintersportler. „Was rund um Kitzbühel off-piste dazukommt, ist noch viel besser. Auch wenn viele Gäste das gar nicht wissen“, so Beppo. Er bemüht sich, diese Wissenslücke zu schließen und möglichst vielen die weniger bekannten Seiten von Kitz Ski, zu dem auch das Areal am benachbarten Kitzbüheler Horn gehört, nahezubringen.
Exklusive Abenteuertour
Die 350 Euro, die ein Tag mit ihm alleine oder zu zweit kostet, sind es wert. Auch wenn man kein „Alpine Expert“ ist wie er: Beppo findet für jeden Fahrer die „Ideallinie“ über eingeschneite Weidezäune, vorbei an eingeschneiten Baumgruppen und über knifflige Steilpassagen. Man muss ihm einfach nur folgen, an der richtigen Stelle die Kurve kriegen, gleiten lassen, wedeln. Der Trip mit ihm offenbart sich als Mischung aus exklusivem Skikurs und exklusiver Abenteuertour. Wer aus TV-Reportagen und Erzählungen das Kitzbüheler Pistenleben mit Schampus am Pistenrand und einem mit (Möchtegern-)Promis übervollen „Berggasthof Sonnbühel“ vor Augen hat, muss sein Bild zum Teil revidieren. Schließlich boomen, durch die beiden Corona-Winter stark beschleunigt, auch hier die Bereiche Langlaufen, Schneeschuhwandern, Rodeln – und Freeriden. Unser Tag mit Beppo beweist es: Auf der sieben Kilometer langen Skiroute vom Pengelstein hinunter in den Saukasergraben und hinüber Richtung Jochberg treffen wir kaum jemanden. Ohne Guide hätten wir vermutlich den Anschluss verloren. „Es passiert gar nicht so selten, dass sich hier Nicht-Einheimische verfransen“, kommentiert Beppo. Angesichts mancher Klippe gar nicht so ungefährlich, kommentiert mein inneres Ich.
Da verspricht die legendäre Skirunde namens „Kitz Ski Line“ zur Resterhöhe „geordneteres Skifahren“. Dank guter Ausschilderung, die für die Saison 2022/23 ohnehin komplett überarbeitet wurde, werden Skifahrer kreuz und quer durchs XXL-Areal gelotst, so auch zur erst vor ein paar Jahren eingeweihten Fleckalmbahn. Deren rekordartigen 27,5 Millionen-Euro-Baukosten sind nicht zuletzt der „State-of-the-Art-Seilbahntechnik“ geschuldet. Komfortabel ist die mit Ledersitzen, Sitz- sowie Lendenheizung ausgestattete Zehnergondel freilich auch und das weiß man bei den 47 Pistenkilometern und 9.630 Metern Höhendifferenz der „Kitz Ski Line“ durchaus zu schätzen. Unterwegs gibt die Zeitmessstrecke am Zweitausender-Sessel Auskunft über den Leistungsstand (eine zweite wartet an der Highspeed-Strecke am Alpenhauslift am Kitzbüheler Horn). Auch gut zu wissen: Verbesserungswillige Fahrer können an der permanenten Trainingsstrecke am Jufen üben. Weniger um Geschwindigkeit als um Technik geht es auf den Buckelpisten, etwa auf den Pisten Sedlboden, Hochsaukaser, Bärenbadkogel, Zweitausender und am Lärchenhang. Auf der nichtpräparierten Streif, schwärzeste Prüfung im Weltcup-Zirkus (am Wochenende 20. bis 22. Januar ist es wieder so weit), geht es ohne Toptechnik sowieso gar nicht. Allein eine sturzfreie Fahrt auf der 3.300-Meter-Strecke wird gemeinhin mit viel Respekt bedacht. Wie sagte doch Hahnenkammrennen-Gewinner Stephan Eberharter einmal? „Ich hatte durchaus Gefühle der Todesangst.“
Großes Angebot an Unterhaltung
Gut, dass man es nach geschaffter Abfahrt nicht weit zur nächsten Bar hat. Im Zieleinlauf ist man quasi mitten in der „Gamsstadt“, die sich – beflügelt von renommierten Auszeichnungen zum besten Skigebiet (erst jüngst wurde es von Skiresort.de erneut als weltbestes von rund 6.000 Arealen gekürt) – gern als „legendärste Sportstadt der Alpen“ bezeichnet. Ein Grund für die große Beliebtheit von Kitzbühel liegt aber sicher auch im enormen Unterhaltungsangebot. Die große Auswahl an internationalen Designern und lokalen Manufakturen mit internationaler Bedeutung laden zum Shopping im mittelalterlichen Stadtkern ein. Hinzu kommen eine ausgeprägte Nightlife-Szene, ein Casino, etliche Wellnesseinrichtungen sowie elf Restaurants mit insgesamt 16 Hauben. Gut, dass man es dann tags darauf auch am Berg gemütlicher angehen kann. Für Familien und Genussfahrer hat Kitzbühel ohnehin viel zu bieten: Mehr als die Hälfte der Pisten sind blau und Einsteiger können im Tal in zehn Übungslifte gratis einsteigen. Damit es mit der Skikarriere aufwärts geht, sorgen aber auch noch andere: eine ganze Reihe von Beppos Kollegen.