Der Winter steht ganz im Zeichen wasserdichter und ultrabequemer Stiefel, auf Englisch Boots. Und die sind so facettenreich wie nie – von Chunky Boots über Hiking Boots bis hin zum Cowboy-Style.
Bislang galten Stiefel als unvermeidliches Übel, wenn es darum ging, den Fuß in den kalten Wintermonaten warm einzupacken. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet und schicke Boots sind überall auf den Fashion-Shows zu bewundern. Was auffällt: Die Auswahl ist ausgesprochen groß. Sie reicht von Biker-Boots über praktische Wanderstiefel bis hin zu Exemplaren, die glatt aus dem Wilden Westen stammen könnten. Und so fern ist die Vermutung auch gar nicht, denn Cowboy-Stiefel haben ihren Ursprung tatsächlich in der Prärie. Dort schützten sie den Fuß vor Sand und Steinen und waren mit Sporen ausgestattet, um damit das Pferd beim Ausritt anzutreiben. Moderne Cowboy-Boots verzichten auf die Sporen und bestechen dafür mit schicken Details und einer hochwertigen Verarbeitung. Zu sehen sind die coolen Treter einer längst vergangenen Ära unter anderem bei Celine, Missoni und Chloé. An Farben dominieren Braun und Schwarz in einer halbhohen Ausführung. Passend zum Stiefel bieten sich Straight Leg Jeans, Leggings, Midiröcke und dazu Kuschelpullover und Oversized-Blazer an. Mehr Bequemlichkeit ist kaum möglich. Da ein großer Teil der Stiefel grundsätzlich aus robustem und wasserabweisendem Leder besteht, müssen Veganer genau auf die Materialzusammenstellung achten. Für sie haben sich zahlreiche Designer und Label natürlich entsprechende Alternativen aus Fake-Leder überlegt, das der echten Tierhaut qualitativ in nichts nachsteht. Apropos Qualität!
Die ist auch an anderer Stelle gefragt, nämlich bei einem Ausflug in die Natur. Hier bietet sich eine praktische Alternative zum Western-Style an: der Hiking-Boot. Zu deutsch würde man ihn schlicht als Wanderschuh bezeichnen und was klingt, wie ein langweiliges Relikt aus der Trachtenmode, erlebt jetzt sein ganz extravagantes Comeback. Zumindest auf den Modeschauen von Dior, Brunello Cucinelli und Salvatore Ferragamo. Hier dominieren profilierte Sohlen, die für mehr Halt auf rutschigen Wegen sorgen, gesprenkelte Schnürsenkel und am besten wadenhohe Ausführungen. Der einzige Nachteil: Es ist etwas Ausdauer beim Anziehen gefragt, denn klassische Hiking-Boots erfordern eine straffe Schnürung. Nur so sitzen sie wirklich fest am Fuß.
Beim Styling echte Allround-Talente
Einen guten Halt sollten auch kniehohe Stiefel bieten, wie sie aktuell bei Bottega Veneta, Dior und Louis Vuitton zu sehen sind. Bereits in der letzten Saison waren einige dieser beeindruckenden Stiefelexemplare auf den Laufstegen vertreten, doch so richtig durchsetzen konnten sie sich nicht. Bis jetzt. Nun zeigt Dior, wie der Stiefel richtig groß rauskommt. Kombiniert wird das schwarze Modell aus Glattleder mit einem Plisseerock und einer XXL-Bomberjacke. Wichtig ist hier tatsächlich, dass der Stiefel seinen großen Auftritt haben darf. Entweder müssen Kleider und Röcke darüber kurz ausfallen, damit sie nichts verdecken oder Skinny-Hosen kommen einfach darunter. An einem schmalen Bein sitzen die High-Heel-Varianten der Winterstiefel besonders gut. Noch kämpfen die Modelle teilweise gegen ihr schlechtes Image an, waren sie doch einst überwiegend im horizontalen Gewerbe zu finden. Schon Julia Roberts in Pretty Woman trug die Boots mutig zum ultraknappen Neon-Mini. Doch nun kommen sie mit neuer Eleganz daher und machen deshalb einfach Lust, ihnen die Chance zu geben, die sie verdienen. Die Sohle darf dabei entweder mit einem Absatz versehen sein oder komplett flach bleiben. Letzteres ist bei eisig glatten Wegen definitiv die sicherere Variante.
Um besser in den Stiefel einzusteigen, könnten Overknees mit weitem Schaft eine Alternative sein. Sie erscheinen zunächst ein bisschen labbrig und sehr entspannt, dürfen auch ruhig einen bequemen breiten Absatz haben. Dadurch wirkt das Äußere ausgesprochen lässig. Der Vorteil daran ist, dass diese Overknees (also über das Knie reichende Stiefel) nicht nur einfacher anzuziehen sind, sie passen sogar über locker geschnittene Hosen. Alternativ dazu sind natürlich auch kurze Kleider oder Röcke als Kombination möglich. Zu sehen ist diese Stiefelform aktuell bei Elie Saab, Carolina Herrera, Vievienne Westwood und Isabel Marant. Hier scheinen sich vor allem die Designerinnen verliebt zu haben, vielleicht liegt es ja wirklich am praktischen Nutzen, vielleicht auch an der Wandelbarkeit der Looks mit diesem Schuh?
Zumindest lehnen sich Rick Owens, Acne Studios und Michael Kors Collection an den Trend an und entscheiden sich für einen engen Verwandten der Overknees: Skin Tight Boots, ebenfalls in hoher Passform. Dabei bleibt der Schaft aber eng anliegend und Absätze sind eindeutig erwünscht. Dadurch lassen sich schmale Waden und Knöchel sehr gut betonen. Ein Stiefel, der ein echtes modisches Statement setzt und deshalb perfekt zur Abendgarderobe passt.
Fehlen noch die starken Kontraste zu so viel Glamour: die Chunky Boots. Klobige Varianten mit einer dicken Laufsohle, kuschelweicher Außenhülle und gemütlicher Fellfüllung. Natürlich auch komplett in der Fake-Fur-Version zu haben!
Das Aussehen erinnert stark an die Ära des Grunge zu Beginn der 90er-Jahre. Wer die Fell-Boots nicht in der ganz ausladenden Variante bevorzugt, der geht in Richtung Punk und wählt Exemplare aus derbem Leder, gern mit Schnallen und Nieten verziert. Der Schaft reicht dabei bis hoch zur Wade, der Look ist sehr maskulin und irgendwie verdammt cool. Miu Miu und Erdem zeigen, wie entspannt sich zu solch dicken Stiefeln Ecru-Jeans und Wallekleider kombinieren lassen. Nie war der Winter rockiger und gleichzeitig so ungemein alltagstauglich.
Sehr alltagstauglich wird es auch mit dem nächsten und letzten Überraschungstrend: dem Gummistiefel. Wer hätte gedacht, dass der aus seinem Schattendasein als Gartenhelfer heraustreten und richtig schick über den Laufsteg wandern könnte? Wer bei Chanel, Cormio und Marnie genau hinschaut, der entdeckt tatsächlich die praktischen Begleiter aus Kunststoff an den Füßen der Models! Quasi Workwear in elegant. Chanel macht es sich beim Entwurf leicht, bleibt dem gewohnten Farbschema treu und druckt einfach ein dickes Logo auf den Stiefel. Fertig!
Die Passform ist oft sehr unterschiedlich
Zu den „Rubber“-Boots passen Jeans ebenso gut wie Leggins und Kleider. Schön dazu wirkt ein Regenschirm in gleicher Farbe und ein langer Trenchcoat. Wer die Boots günstiger haben möchte, der schaut sich bei den üblichen Schuhhäusern online und offline um. Alle vorgestellten Modelle der Saison sind natürlich auch hier zu haben!
Zur Passform: Während eng anliegende Boots gern eine halbe Nummer kleiner ausfallen dürfen, damit sie wirklich gut sitzen, verhält es sich bei klobigen Chunky Boots und Gummistiefeln genau andersherum. Hier kommt bei der Passform meist eine Größe obendrauf. Das erlaubt es einem auch, dicke Stricksocken darin zu tragen um sicherzustellen, dass der Stiefel selbst ohne Fellfüllung schön warm hält. Wer unsicher ist, der lässt sich im Schuhgeschäft den Fuß vermessen und probiert sich dann eifrig durch das Schuhregal. Echtes Leder kann nach dem Kauf einige Tage brauchen, um seinen ureigenen Geruch zu verlieren. Deshalb dürfen die neuen Stiefel auch vor der Tür oder auf dem Balkon auslüften. Ein spezielles Imprägnierspray sollte vor dem ersten Tragen auf das Leder aufgesprüht werden. Es macht das Material wasserdicht und schützt vor starken Verunreinigungen und Rissen, die bei Temperaturschwankungen zwischen drinnen und draußen leicht entstehen können. Wer auf den Aufwand keine Lust hat, der lässt seinen Lieblingsstiefel bewusst altern, denn auch der Used-Look ist cool anzusehen und darf deshalb in der kalten Jahreszeit gern bleiben!