Was tun, wenn das Marvel-Multiverse kurz vor dem Exitus steht? Wenn die Sacred Timeline beginnt, sich selbst auszulöschen? Auftritt: Team „Deadpool & Wolverine“. Ein Must-see-Mutanten-Spektakel de luxe.

Wolverine (Hugh Jackman) ist nicht tot. Da ist sich Deadpool (Ryan Reynolds) sicher. Wolverine hat zwar vor sieben Jahren im „X-Men“-Film „Logan“ endgültig den Löffel abgegeben. Aber Deadpool will das nicht wahrhaben. Schließlich muss er seinen großen Traum verwirklichen: Deadpool und Wolverine zu einem Superhelden-Team zusammenführen. Also macht er sich auf zu Wolverines Grab und buddelt ein – zugegeben: gut erhaltenes – Skelett aus.
Plötzlich tauchen durch Zeitportale schwer bewaffnete Soldaten auf, die Deadpool gefangen nehmen wollen. Was dann passiert, ist ein makellos getimtes Action-Feuerwerk. Deadpool macht – zum N’Sync-Song „Bye Bye Bye“ – in einer hinreißenden Tanzeinlage, wie sie Justin Timberlake auch in seinen besten Zeiten nicht besser hingekriegt hätte, einem Soldaten nach dem anderen genüsslich den Garaus. In dieser genialen Anfangssequenz ist schon alles drin, was wir an „Dead-pool“ so schätzen: irrwitziger Meta-Humor gewürzt mit selbstironischen Insider-Jokes, ultrabrutale Splatter-Punk-Action-Verrücktheiten und ein urkomischer Mix aus Superhelden-Persiflage und -Hommage. Schnitt.
So epische wie brutale Nahkämpfe

Deadpool – ohne Ganzkörperkondom – alias Wade Wilson wird von seinen Freunden mit einer Ge-burtstagsparty überrascht, die von Zeitsoldaten rüde unterbrochen wird. Und diesmal verschleppen sie Wade ins Hauptquartier der Time Variance Authority (TVA). Dort teilt ihm ein gewisser Mr. Paradox (Matthew Macfadyen) mit, Wade sei auserwählt, die Sacred-Timeline zu retten. Damit das gesamte Superhelden-Marvel-Multiverse nicht ein für alle Mal ausgelöscht wird. Dazu müsse er allerdings in der Zeit zurückreisen. Wade nimmt den Auftrag mit großem Enthusiasmus an, denn jetzt kann er endlich dem lebendigen (!) Wolverine begegnen.
Deadpool findet den abgewrackten Wolverine in einer Bar und bittet darum, ihn doch bei der TVA-Mission zu begleiten. Wolverine will nichts davon wissen. Er hat mit seiner Vergangenheit abge-schlossen und versucht sie – ziemlich erfolgreich – in Whisky zu ersäufen. Doch das lässt Deadpool nicht zu. Er verspottet und triezt den einst so mächtigen Mutanten mit den Wolfsklauen so lange, bis der wieder zum rasenden Berserker wird, den wir alle kennen und lieben. Es bricht ein wahrlich epischer Nahkampf zwischen Wolverine und Deadpool aus. Sie dreschen wild aufeinander ein. Wolverine wird von Kugeln durchlöchert, Deadpool von Wolfsklauen perforiert. Es ist eine Schlacht auf Leben und – halt, der Tod findet nicht statt! Denn wie wir aus früheren Filmen wissen, haben die beiden exorbitante Selbstheilungskräfte und können deshalb nicht sterben. Alle noch so tödlichen Verletzungen heilen in Windeseile wieder aus.
Eine regelrechte Fantasy-Comic-Orgie

Nach der ersten gigantischen Testosteronabfuhr beruhigen sich beide Kombattanten erst einmal. Da begegnet ihnen plötzlich ein anderer Superheld aus dem Marvel-Comics-Universum. Weitere werden folgen. Wer diese handverlesenen Superhelden sind, wird nicht verraten. Nur so viel: Alle Cameo-Auftritte fügen sich nahtlos in die Handlung ein und sind absolute Spitzenklasse. Unsere Helden werden bald von einer Horde Banditen aufgespürt und gefangengenommen. Man bringt sie zur übermächtigen „X-Men“-Mutantin Cassandra Nova (Emma Corrin). Sie ist die böse Zwillingsschwester von Professor Charles Xavier (Patrick Stewart) und besitzt – wie ihr Bruder – telekinetische und telepathische Kräfte, mit denen sie sich in die Gedanken ihrer Gegenüber einklinken kann. Cassandra benutzt dazu auch sehr gerne ihre Finger. Wie sie damit in den Köpfen von Deadpool & Co. herummorpht, ist faszinierend und schauerlich zugleich. Cassandra will die Sacred-Timeline für sich haben, was sie zur ultimativen Herrscherin über das Multiversum machen würde. Wie unsere Superhelden das vereiteln, gehört zum Besten, was je in einem Marvel-Comic-Movie gezeigt wurde.
Regisseur Shawn Levy („Free Guy“) zieht in „Deadpool & Wolverine“ (seit kurzem im Kino) alle Register seines Könnens und mischt souverän atemberaubende Action-Sequenzen mit stillen, sehr emotionalen Momenten. Es ist eine Fantasy-Comic-Orgie, voll überbordender Spielfreude, gespickt mit verrückten Ideen. Wie sonst könnte ein Hund namens Dogpool auftauchen oder ein Typ, der sich Nicepool nennt? Aber was total mitreißt, sind das gloriose Comeback von Hugh Jackman als Wolverine und Ryan Reynolds’ Sternstunde als Deadpool. Oder wie Deadpool in aller Bescheiden-heit anmerkt: „Ich bin Marvel-Jesus!“