Die Basketballerinnen von Alba Berlin schweben auf einer Erfolgswelle – doch jetzt zählt es: Nach dem Hauptrundensieg stehen das Pokal-Final-Four und der Auftakt der Play-offs an.
Bald ist wieder Play-offs-Zeit in der Basketball-Bundesliga der Frauen, und Alba-Profi Malte Delow wird sicher wieder an der Seitenlinie mitfiebern. Im letzten Jahr haben er und seine Teamkollegen vom Deutschen Meister sich sogar Schilder zur Ablenkung der gegnerischen Spielerinnen gebastelt. „Ich habe mir so eins mit Angela Merkel drauf geschnappt. Ich dachte mir, das funktioniert zum Ablenken ganz gut. Hat es dann auch“, berichtete der 22-Jährige: „Und wenn sie dann auch noch verworfen haben, dann hat sich das fast angefühlt, als hätten wir da gerade selbst ein Play gemacht.“ Die Unterstützung der männlichen Kollegen ist den Basketballerinnen von Alba Berlin sicher – aber nicht nur die. Das Team von Trainer Cristo Cabrera hat sich inzwischen eine relativ große Fanbasis in der Hauptstadt erarbeitet. Beim elften und letzten Heimspiel der Hauptrunde waren 2400 Fans in die ausverkaufte Sömmeringhalle gekommen. Sie bekamen ein Spektakel geboten. Im Bundesliga-Topspiel gegen Meister Rutronik Stars Keltern glänzten die Berlinerinnen und sicherten sich durch ein famoses 70:59 den ersten Vorrundenplatz und damit die beste Ausgangslage für die anstehenden Play-offs. „Was für ein fetter Abend“, schrieb Alba auf seiner Internetseite und postete dazu ein Selfie der überglücklichen Siegerinnen.
Die Fan-Basis wird größer
„Heute war einfach diese Gier da, jeder ist mit einer besonderen Motivation ins Spiel gegangen. Ich glaube, das macht es am Ende auch aus“, sagte Nina Rosemeyer. Die variable Flügelspielerin war mit 17 Punkten und 5 erfolgreichen von insgesamt 7 Dreierversuchen eine überragende Akteurin auf dem Parkett. „Natürlich freut es mich, dass ich heute persönlich eine gute Leistung gebracht habe. Aber ich bin so unglaublich stolz auf das Team, dass wir heute das Ding geholt haben“, sagte Rosemeyer. Es gab auch jede Menge Grund, sich gegenseitig auf die Schultern zu klopfen. In ihrer erst zweiten Bundesliga-Saison holten die Alba-Spielerinnen erstmals den inoffiziellen Titel des Hauptrundenmeisters. Sie bauten auch ihre Erfolgsserie mit dem 15. Sieg in Folge aus. Und in der Sömmeringhalle blieb das Team in der Vorrunde ungeschlagen. Ein gutes Omen für die K.o.-Phase, in der das Heimrecht bis zu einem möglichen Finale bei Berlin bleibt. Und mehr noch: Dem amtierenden Meister aus Keltern, der bis zum direkten Duell an der Tabellenspitze stand, hat Alba ein Zeichen der Stärke vermittelt.
„Während des Spiels habe ich auf der Bank gedacht: Als wir letztes Jahr gegen Keltern gespielt haben, war das einfach eine andere Nummer. Ich glaube, da haben wir mit 30 Punkten verloren“, erzählte Rosemeyer: „Wenn man sich jetzt die Entwicklung des Teams anschaut, dann ist das unfassbar, was wir geleistet haben. Ich bin einfach super stolz.“ Sie erklärt den nochmaligen Leistungssprung mit der größeren Eingespieltheit im Team. „Es ist auf jeden Fall ein Vorteil, dass wir fast dasselbe Team sind wie letztes Jahr und nicht jedes Jahr durchrotieren“, sagte Rosemeyer. Das habe die Mannschaft „stärker zusammengeschweißt“, zudem würden die Automatismen nun noch besser greifen.

Unmittelbar nach der vergangenen Saison, als Alba im Playoff-Halbfinale an Keltern gescheitert war, verkündete der Club auf einen Streich die Vertragsverlängerungen von gleich neun Spielerinnen. Ein höchst ungewöhnlicher Vorgang im Basketball, wo nicht selten fast der halbe Kader ausgetauscht wird. Alba aber konnte seine Leistungsträgerinnen wie Topscorerin Laina Snyder, Centerspielerin Maggie Mulligan oder Defensivspezialistin Deeshyra Thomas halten, obwohl sie durch ihre starke Vorsaison auch andernorts begehrt waren. Doch sie alle sahen eine glänzende Perspektive in Berlin – und sie täuschten sich nicht. Schon an diesem Wochenende haben die Hauptstädterinnen die Chance auf ihren ersten Titel: Beim Final Four in Saarlouis geht es um den Pokalsieg. Alba tritt bei seiner Turnier-Premiere zunächst im Halbfinale am Samstag als Favorit gegen Titelverteidiger TK Hannover Luchse an. Das Endspiel ist für Sonntag terminiert. Im zweiten Semifinale treffen Gastgeber Saarlouis Royals und die EIGNER Angels Nördlingen aufeinander. Doch damit nicht genug: Schon am 22. März beginnen für Alba die Play-offs um die deutsche Meisterschaft gegen die Saarlouis Royals.
Die Zeit sei aktuell „mega aufregend“, sagte Rosemeyer: „viele Highlights hintereinander zu haben, ist auf jeden Fall cool“. Und leistungsfördernd. „Es ist gut, dass wie jetzt zum Schluss noch mal so ein intensives Spiel hatten, dass wir für das Top Four auch wirklich bereit sind“, sagte die 22-Jährige über das verdient gewonnene Topspiel gegen Keltern. Es hat den Berlinerinnen gezeigt, dass sie aktuell in beeindruckender Titelform sind, die sie unbedingt bis zum Saisonende konservieren wollen. Denn jetzt, in der sogenannten Crunch-Time, gilt es. „Natürlich freut man sich auch, die normale Saison zu spielen“, sagte Rosemeyer: „Aber Play-offs sind noch mal was Besonderes.“
Die Unterstützung des Männer-Teams von Alba Berlin ist ihnen gewiss. Nicht nur Delow schaut immer wieder in der Sömmeringhalle vorbei, wenn die Zeit es zulässt. Er schwärmt vom „krassen Publikum“ vor Ort. Es sei schön zu sehen, „wie viel Bock die Leute alle haben“, erzählte der 22-Jährige. Er selbst gehört dazu. „Bei den Spielen in der Sömmeringhalle kann man richtig mit ausrasten, anfeuern, ein paar Sprüche machen oder auch mal ein bisschen über die Schiris meckern“, sagte Delow: „Wir sind ja auch alle Basketballfans.“ Der Flügelspieler verriet, wer dann besonders gern aus der Haut fährt: „Jonas Mattisseck ist zum Beispiel so ein Typ, ständig am Pöbeln.“ Die Alba-Männer sind ohne Frage Fans der Alba-Frauen – umgekehrt genauso. „Wir hypen uns dann auch richtig“, meinte Delow. Die Alba-Frauen schauen bei den Männern immer auch analytisch zu. „Und das ist echt witzig, weil wir da immer wieder Sachen wiedererkennen, die wir selbst machen. Wir sagen dann: Oh, das Play haben wir auch, das ist Alba-Style!“, erzählte Deeshyra Thomas. Es sei aufregend zu sehen, „dass der Club Dinge auf beiden Seiten einsetzt, weil sie für beide Teams funktionieren“.
Umzug war richtige Entscheidung
Nicht funktioniert hat es für das Frauenteam in der nur 300 Zuschauer fassenden Max-Schmeling-Halle C. Der Umzug nach Charlottenburg, wo Albas Wurzeln liegen, war eine goldrichtige Entscheidung. „Gerade mit den vielen Familien, den kleinen Alba-Fans, den Mädchen mit ihren Vorbildern, die danach noch Fotos machen mit unseren Spielerinnen und sich Autogramme holen.“ Albas Basketballerinnen haben sich ein gewisses Standing im Hauptstadt-Sport erarbeitet. „Eines unserer Hauptziele ist es, den Frauen-Basketball zum Wachsen zu bringen und noch professioneller zu machen“, erklärte Albas Sportdirektor Himar Ojeda. Ein Schritt zu mehr Professionalisierung ist die Verpflichtung von Nationalmannschafts-Kapitänin Svenja Brunckhorst, die die neu geschaffene Stelle der Managerin für Mädchen- und Frauen-Basketball ab Sommer in Vollzeit übernimmt. Brunckhorst sieht nicht nur bei Alba, sondern in der gesamten Frauen-Bundesliga noch reichlich Nachholbedarf: „Die Entwicklung in den letzten Jahren war – freundlich formuliert – nicht optimal. Professionalität, Struktur, Infrastruktur, Trainertum, Hauptamtlichkeit. Das sind nur fünf Punkte, die ich sofort aufzählen kann.“