Pedelecs und E-Scooter sind aus dem Straßenverkehr nicht mehr wegzudenken. Damit Pedelec-Fahrer souverän und sicher im Straßenverkehr unterwegs sein können, bieten der ADFC und die Polizei Fahrsicherheitstrainings an.

Elektrofahrräder bleiben hierzulande weiterhin stark nachgefragt. Im vorigen Jahr verkaufte der Fachhandel alles in allem 3,85 Millionen Fahrräder und E-Fahrräder – wenn auch damit 2,5 Prozent weniger als 2023. Dennoch: Der Anteil mit Elektrorädern bleibt mit 53 Prozent und 2,05 Millionen verkauften Fahrrädern mit Antrieb stabil. Allerdings sind nicht alle Elektroräder gleich. Die Fahrräder mit Zusatzantrieb sind in drei Klassen unterteilt. Pedelecs (Pedal Electric Cycle) unterstützen Fahrer mit einem Elektromotor bis zu 250 Watt, während sie in die Pedale treten bis zu einem Tempo von 25 km/h. Laut dem „Dossier Elektrofahrräder“ des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) nehmen Pedelecs mit etwa 90 Prozent eine dominierende Stellung im Markt für Elektrofahrräder ein.
Anders als die Pedelecs gehören die schnellen Pedelecs, auch S-Pedelecs oder S-Klasse genannt, nicht mehr zu den Fahrrädern, sondern zu den Kleinstkrafträdern. Zwar funktionieren die Räder wie ein Pedelec, doch die unterstützende Motorleistung schaltet sich erst bei 45 km/h ab. Als dritte Klasse sind E-Bikes im engeren Sinne zu nennen. Laut der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind es „einsitzige zweirädrige Kleinkrafträder mit elektrischem Antrieb, der sich auf eine bauartbedingte Geschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h selbsttätig abregelt“. Wie ein Elektromofa lassen sie sich mithilfe des Elektroantriebs per Drehgriff oder Schaltknopf fahren, ohne dabei in die Pedale treten zu müssen.

Bleibt die Frage, warum sich Elektrofahrräder, insbesondere Pedelecs, nach wie vor so großer Beliebtheit erfreuen. „Wir halten Menschen unter anderem mit den E-Bikes in der selbstaktiven Mobilität“, sagt Ute Kirchhoff, Landesvorsitzende des ADFC, Landesverband Saar. Viele Menschen ließen früher ihr Fahrrad stehen, weil sie meinten, keine steilen Anstiege mehr mit dem Rad bewältigen zu können. „Die E-Bikes machen es möglich, dass die Topografie kein Hindernis mehr darstellt“, sagt sie. „Auch werden mit Pedelecs größere Distanzen gefahren, auf dem Weg zur Arbeit wie auch in der Freizeit. Trotz Motorunterstützung muss selbst in die Pedale getreten werden. Das ist gesund, fördert körperliche Aktivität und stärkt das Herz-Kreislauf-System.“ Ute Kirchhoff weist darauf hin, dass Pedelecs auch für jüngere Menschen attraktiv sind.
Wer sich für den Kauf eines Pedelecs oder eines S-Pedelecs entscheidet, sollte sich bewusst sein, dass Elektroräder deutlich schwerer sind als herkömmliche Fahrräder und selten unter 25 Kilo wiegen. Neuere Modelle mit größeren Akkus bringen sogar noch mehr auf die Waage. Worauf sollten also vornehmlich ältere Elektrorad-Fahrer achten? Aufgrund des höheren Gewichts der Räder bedarf es am Anfang einer gewissen Gewöhnung. Entsprechend ist das Handling des Rades anders, der Bremsweg etwa wird deutlich länger.
Bremsweg und Tempo unterschätzt

Um die Verkehrssicherheit von Pedelec-Fahrern im Straßenverkehr ab 50 Jahren zu steigern, seien bestimmte präventive Maßnahmen – etwa Fahrsicherheitstrainings – sinnvoll, teilt die Landespolizeidirektion auf Anfrage mit. Das Fahrsicherheitstraining ziele darauf ab, das Fahrverhalten in bestimmten Situationen zu verbessern und die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. Ein solches Training steigere vor allem die Sensibilisierung und das Bewusstsein für die Gefahren im Verkehrsraum. Die Verkehrssicherheitsberater der Verkehrspolizei Saarland bieten ebenfalls Fahrsicherheitstrainings für Pedelec-Fahrer an.
Der ADFC macht darauf aufmerksam, dass mit dem Boom der E-Mountainbikes das Kriterium Drehmoment in den Mittelpunkt gerückt ist. Denn die Elektroräder benötigen im Gelände ein hohes Drehmoment bei niedrigem Tempo. Trotzdem seien viele E-City- und E-Trekkingbikes mit den stärksten Motoren ausgestattet. Für Ungeübte, die mit solchen Rädern unterwegs seien, steige die Sturzgefahr. „Es kommt darauf an, dass man sich an ein neues Fahrzeug gewöhnt, damit man sicher unterwegs sein kann“, sagt Ute Kirchhoff, die neben einem Trekking- und Rennrad auch ein leichtes Pedelec fährt. „Im Alltag benutze ich es gern als Pendlerrad, das spart viel Zeit“, sagt sie.
Für diejenigen, die lange Zeit nicht Rad gefahren sind, lauern bereits beim Anfahren und Anhalten ungewohnte Gefahren. „Das liegt nicht nur am höheren Gewicht eines Elektrorads, sondern weil viele Radler nicht um-, sondern nach längerer Zeit überhaupt wieder aufsteigen“, erläutert Ute Kirchhoff. Der ADFC Saar bietet in seiner Radfahrschule entsprechend Wiederaufsteiger-Kurse für eben diese Zielgruppe an.

Nach der Erfahrung der ADFC-Landesvorsitzenden sind ältere Pedelec-Fahrende meist „vorsichtiger und manchmal etwas unsicherer unterwegs“. Wer sich jedoch im Straßenverkehr mit einem Pedelec bewegt, sollte auf die eigene Sichtbarkeit und ein souveränes Fahrverhalten achten. „Das bedeutet auch, dass man immer ausreichend Abstand zum Fahrbahnrand und zu parkenden Fahrzeugen hält, sonst gefährdet man sich selbst“, sagt die Fahrsicherheitstrainerin. Wird man dann beispielsweise eng überholt, bleibt immer noch Reaktionsraum.
Das höhere Tempo von Elektrofahrrädern könne in zweierlei Hinsicht das (Unfall-)Risiko im Straßenverkehr erhöhen, erklärt Ute Kirchhoff. Wer mit dem Auto fahre, schätze die Geschwindigkeit von Pedelec-Fahrern häufig falsch ein. So seien diejenigen, die hinterm Lenkrad sitzen, oftmals überrascht, „wenn das Rad quasi schon vor dem eigenen Fahrzeug fährt“. Ihrerseits schätzen Fahrer eines Pedelecs häufig das eigene Fahrtempo und den längeren Bremsweg falsch ein. „Das birgt Gefahren für sich selbst wie auch für andere Verkehrsteilnehmer“, sagt Ute Kirchhoff. In den ADFC-Fahrsicherheitstrainings werde daher unter anderem ein Augenmerk auf kontrolliertes Bremsen und auf Notbremsungen gelegt.
„In allen Gruppen fehlt Regelkenntnis“

Neben Pedelecs werden im Alltag und in der Freizeit auch gern sogenannte E-Scooter für die letzte Meile genutzt. Nutzer dieses Zweirads sind ebenfalls unterschiedlichsten Risiken ausgesetzt – und gefährden möglicherweise durch ihr eigenes Fahrverhalten andere im Straßenverkehr. „Das Fahren auf Gehwegen beispielsweise ist nicht ungefährlich, aber wir haben das hierzulande auch nicht geregelt“, räumt Ute Kirchhoff ein. Laut der StVO müssen Fahrzeuge – das sind per definitionem Autos, Fahrräder und auch E-Scooter – am Fahrbahnrand geparkt werden. „Wenn ich mich im Saarland umschaue, wird sehr häufig auf Geh- und Radwegen mindestens partiell aufgeparkt“, sagt Ute Kirchhoff. Durch das rücksichtslose Verhalten anderer würden die Gehwege nicht freigehalten und könnten vor allem für mobilitäts- und seheingeschränkte Menschen zur Unfallgefahr werden. „In allen Gruppen von Straßenverkehrsteilnehmenden gibt es zu wenig Regelkenntnis.“ Das gelte für Autofahrer, aber auch für Radfahrer und E-Scooter-Nutzer, die zum Beispiel mit zu hoher Geschwindigkeit durch Fußgängerzonen fahren.
Trotz aller Fahrsicherheitstrainings und eines gesteigerten Bewusstseins für die Risiken kommt es immer wieder zu Unfällen mit Pedelecs und E-Scootern. Laut aktueller Polizeilicher Verkehrsunfallstatistik des Saarlandes (PVS) hat es alleine hier im vergangenen Jahr 129 Verkehrsunfälle mit Pedelecs gegeben, bei denen 116 Menschen verletzt wurden. Damit ist die Zahl der Verkehrsunfälle, an denen Pedelecs beteiligt waren, 2024 immerhin leicht gesunken. 2023 registrierte die Polizei im Saarland 131 Unfälle mit Pedelecs. Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden stieg gegenüber 2023 jedoch um 2,7 Prozent an. Die Zahl der E-Scooter-Unfälle ist seit 2019 – mit einer Ausnahme im Jahr 2023 – kontinuierlich angestiegen – von zwei auf 175 im vergangenen Jahr. Interessant ist eine Analyse in der PVS: Danach sind im Zeitraum von 2014 bis 2024 in der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen 240 Personen, unter den 65- bis 74-Jährigen 157 und bei den 45- bis 54-Jährigen 149 Personen verunglückt.
„Oberstes Ziel von Verkehrsplanung und Verkehrspolitik muss „Vision Zero“ sein, also keine Verletzten und Toten im Straßenverkehr“, sagt das ADFC-Landesvorstandsmitglied Kirchhoff. Dieses Ziel haben wir aber erst dann erreicht, wenn alle Verkehrsteilnehmenden sicher auf ihren Wegen mobil sein können – unabhängig von der Wahl des Verkehrsmittels.