Das „Freundschaftsspiel“ zwischen Hertha BSC und dem Karlsruher SC endet 2:2. So gehen die Berliner mit einem gefühlten Minus in die Ligapause.
Fabian Reese sollte Wort halten: Nach den Toren gegen seine Ex-Clubs Holstein Kiel und Schalke 04 hatte er auch gegen den Karlsruher SC am vergangenen Sonnabend Zählbares angekündigt. Bei den Badenern hatte er zwar nur ein halbes Jahr verbracht, es sei aber dennoch eine lehrreiche Zeit gewesen. Die bei seinem 1:1-Ausgleich angewandte Kopfballtechnik dürfte er jedoch nicht beigebracht bekommen haben – denn der 25-Jährige traf mal wieder in seiner typischen, unorthodoxen Manier. Normalerweise legt er selbst ja gern und besonders Haris Tabakaovic auf, diesmal aber bewegte er sich selbst in den gegnerischen Strafraum, nachdem er Marten Winkler auf der linken Seite auf die Reise geschickt hatte. Von seinem Mitstreiter bekam er den Ball hoch zurückgeflankt und köpfte ihn einfach mal aus etwa 14 Metern halblinker Position direkt auf das Tor. Das schien auch KSC-Torwart Drewes zu überraschen, sodass er den Ball in „seiner“ Ecke zum Ausgleich passieren ließ. Ein wichtiger Treffer zu diesem Zeitpunkt, denn zuvor waren die Gastgeber unglücklich in Rückstand geraten – Deyovaisio Zeefuik musste bei einer flachen Eingabe in Bedrängnis zum Ball gehen und beförderte ihn dabei ins eigene Tor. Bei stimmungsvoller Atmosphäre der fast 60.000 Fans im Olympiastadion – unter ihnen etwa 5.000 aus Karlsruhe, die die gemeinsame Freundschaft mitfeierten – nahm die Partie Richtung Halbzeitpause weiter an Fahrt auf. Dabei schrieb sie noch eine schöne Geschichte: Denn Florian Niederlechner gelang vor der Pause das 2:1-Führungstor. Schön für ihn und Hertha BSC, weil es erst das zweite Tor seit seinem Wechsel an die Spree im Winter 2023 war, und er damit die erneute Nominierung durch Pal Dardai bekräftigte. Allerdings hatte sich der 33-Jährige beim Kopfballduell zumindest grenzwertig eingesetzt – doch der VAR bestätigte die Entscheidung des Unparteiischen. Vorausgegangen war eine Ecke, bei der KSC-Tormann Drewes erneut keine glückliche Figur abgab und Tabakovic den Ball reaktionsschnell mit der Hacke wieder „scharf“ gemacht hatte. Im zweiten Durchgang jedoch verpassten es die Hausherren dann, für die Vorentscheidung zu sorgen: Erst traf Reese selbst nach einer guten Stunde nur den Innenpfosten, später verfehlten Goalgetter Tabakovic und Pascal Klemens noch das KSC-Tor in aussichtsreicher Position. Allerdings hatte sich nach der Pause auch wieder etwas Passivität in das Spiel der „alten Dame“ eingeschlichen, Torwart Tjark Ernst musste so auch zweimal gegen Gästestürmer Matanović stark parieren. Dann aber war auch der 20-Jährige machtlos, als ein Schuss der Karlsruher knapp zehn Minuten vor dem Ende noch zweimal abgefälscht worden war. So blieb am Ende nur ein Punkt – und die Geschichte des Abends schrieb nicht Reese, sondern Leon Jensen. Der 26-jährige Schütze des Ausgleichstors war schließlich zwei Jahre bei Hertha BSC ausgebildet worden, bevor er in den Profifußball wechselte – und soll sich in der alten Heimat sogar 150 Karten für Freunde, Bekannte und Verwandte gesichert haben lassen. Für die Hauptstädter war es in jedem Fall trotz der vierten nicht verlorenen Partie in Folge schmerzhaft: „Es fühlt sich an wie eine Niederlage: zwei Punkte aus den letzten beiden Spielen sind für unsere Ansprüche zu wenig“, rechnete Fabian Reese vor, „da, wo wir hinwollen, musst du viele Spiele gewinnen, auch solche.“ Sein Trainer dürfte es ähnlich sehen, formulierte seine Zwischenbilanz vor der länderspielbedingten Ligapause aber zumindest mit einer positiven Perspektive: „Wir sind nach meiner Rechnung zwei Punkte im Minus, hätten in Rostock und gegen den KSC gewinnen können – ich will keine falschen Hoffnungen wecken, aber Platz drei wäre mein Traum.“
„Zwei Punkte sind für unsere Ansprüche zu wenig“
Wie nicht anders zu erwarten, kehrten dabei nach dem torlosen Remis in Rostock wieder die etatmäßigen Innenverteidiger Marc Oliver Kempf und Toni Leistner ins Team zurück. Beide hatten an der Ostsee eine Sperre absitzen müssen – und ausgerechnet die beiden waren diejenigen, die Jensens Schuss zur unhaltbaren „Flipperkugel“ zum 2:2 machten. Andreas Bouchalakis und Linus Gechter machten dem Duo wieder Platz und saßen zunächst auf der Ersatzbank. Michal Karbownik, dessen Verpflichtung vor der Saison eigentlich als „Königstransfer“ bezeichnet worden war, blieb sogar zum zweiten Mal Reservist – der polnische Nationalspieler fremdelt noch mit den Anforderungen des Systems, offenbarte Schwächen im Spiel gegen den Ball. So setzt Pal Dardai momentan nicht auf Karbownik, obwohl ihm Profis mit zündenden Ideen fehlen: „Wir haben zu viele Verletzte momentan – mit Ibrahim Maza, Palko und Bence Dardai sowie Jeremy Dudziak sind alle unsere kreativen Spieler kaputt, die nach vorn für Lösungen zuständig sind“, analysierte der Ungar. Ebenso wie Karbownik wurde auch Bilal Hussein zuletzt zweimal nicht eingesetzt – vom schwedischen Mittelfeldspieler hatte man sicher auch mehr erwartet als lediglich hundert Minuten Einsatzzeit seit seiner Ankunft an der Spree Anfang September. Überhaupt kein Thema bei den Profis scheint dazu Myziane Maolida zu sein – seit sich der angestrebte Transfer des französischen U21-Nationalspielers im Sommer zerschlug, ist er vorwiegend bei der Regionalligareserve im Einsatz. Kurioserweise empfahl er sich dort offenbar als Kandidat für die anstehende Länderspielphase, denn Maolida soll erstmals für die Auswahl der Komoren auflaufen – die Mutter des 24-Jährigen stammt von den Inseln im Indischen Ozean, deren Fußballteam an der WM-Qualifikation des afrikanischen Verbandes teilnimmt. Auch Haris Tabakovic wurde in Zusammenhang mit den Länderspielen – allerdings weniger überraschend – erstmals für die Auswahl Bosnien-Herzegowinas berufen. Der Stürmer besitzt neben dem Schweizer Pass auch einen des südosteuropäischen Landes. Herthas Trainer sieht die Nominierungen dabei durchaus positiv: „Ich bin sehr glücklich, wenn sie eingeladen werden – das ist gut für die Spieler, sie kommen aus dem Tagesgeschäft etwas raus und bekommen gute Impulse“, so Pal Dardai. Wenngleich er im Hinblick auf das nächste Pflichtspiel am 24. November bei Hannover 96 noch hinzufügte: „Es ist wunderbar – aber ich bin auch froh, wenn er gesund zurückkommt.“