Reicht die Hausrat- oder muss eine spezielle Fahrradversicherung her? Bikes gegen Diebstahl und Schäden abzusichern erscheint angesichts gestiegener Fahrradpreise sinnvoll. Bei den Policen gibt es aber enorme Leistungs- und Kostenspannen. Da gilt es, den Überblick zu bekommen. Ein Leitfaden.
Vollkasko – da dachte man jahrzehntelang nur an Autos und deren teuren Rundumschutz. Doch derartige Versicherungen gibt es mittlerweile auch für Fahrräder und E-Bikes. Versicherungen zahlen dann nicht nur bei Diebstahl, sondern sie kommen auch für Reparaturen auf, die durch Unfälle oder Stürze notwendig werden. Sie zahlen bei unsachgemäßer Handhabung – zum Beispiel, wenn der Akku während der Fahrt auf den Asphalt knallt, weil man ihn falsch eingesetzt hat. Aber wer braucht so etwas?
Es ist wie immer eine Frage des Bedarfs und des eigenen Sicherheitsbedürfnisses. Andererseits sprechen ein paar Zahlen dafür. So summierte sich der Schaden, den Fahrraddiebe 2021 bundesweit anrichteten, auf 110 Millionen Euro, und nur 9,9 Prozent aller gemeldeten Fahrraddiebstähle konnte die Polizei aufklären, berichtet das Magazin „Finanztest“ (Ausgabe: 4/2023), das zum Frühjahr 100 Tarife von Versicherungsanbietern unter die Lupe genommen hat. Grundsätzliches Ergebnis: Unter den Versicherungsgesellschaften gibt es erhebliche Preisunterschiede, selbst bei ähnlichen Leistungen. Wer also die Bedingungen studiert und ein bisschen kalkuliert, kann Beitragskosten sparen. Die oft günstigste Art, sein Fahrrad zu versichern, funktioniert oft ganz automatisch und sogar ohne Extrakosten. Denn Hausratversicherungen, die zu den Standardversicherungen in Deutschland zählen, zahlen auch bei Fahrraddiebstahl. Die Grenzen sind aber eng gesteckt.
Damit die Gesellschaft Geld überweist, muss oftmals ein Einbruchdiebstahl vorliegen, den man auch belegen muss. Sie tritt nur ein, wenn das Bike aus der Wohnung, der Garage oder dem Keller gestohlen wurde. Wird es im Innenhof geklaut, wird sich die Versicherung schon dann querstellen, wenn dieser nicht verschlossen war. Randaliert der Einbrecher und das Bike erleidet Schaden, kann das ein Fall für die Hausrat sein. Allerdings regeln das die Versicherungsgesellschaften unterschiedlich.
Hinzu kommt: Fahrräder sind in der Hausratversicherung zwar oft zum Neuwert versichert, doch ist die Entschädigung zu einem gewissen Anteil der Versicherungssumme des Hausrates gedeckelt, typischerweise liegt dieser bei einem Prozent. Beträgt die Gesamtdeckungssumme zum Beispiel 70.000 Euro, werden fürs geklaute Bike maximal 700 Euro überwiesen. Hat das schöne, neue E-Bike erst kürzlich aber 5.000 Euro gekostet, ist der Basisschutz der Hausratversicherung ziemlich unterdimensioniert.
Deshalb bieten viele Gesellschaften als Zusatz zur Hausrat sogenannte Fahrradklauseln an, die den Schutz gegen Aufpreis erweitern. Diebstahl ist dann auch abgesichert, wenn das Fahrrad an einem anderen Ort gestohlen wird – etwa vor dem Kino oder am Bahnhof. Voraussetzung ist in der Regel, dass das Bike an einem festen Gegenstand angeschlossen war, einem Laternenpfahl oder Fahrradständer zum Beispiel. Grundsätzlich machen einige Versicherungen auch Vorgaben zu Qualität oder Anschaffungspreis des Schlosses. Mit vielen Versicherern lassen sich auch höhere Entschädigungsgrenzen vereinbaren. Jedoch: Oft liegt die Wertgrenze für Fahrräder bei maximal 10.000 Euro.
Preisvergleich lohnt sich immer
Bei teuren Fahrrädern kann sich daher eine spezielle Fahrradversicherung rechnen – allein weil die Wertgrenzen meist darüber liegen, teils sogar über 20.000 Euro. Das Angebot an entsprechenden Policen ist in letzter Zeit gewachsen. Neben Versicherungsgesellschaften werben erste Fahrradhersteller in Verbindung mit einem Neukauf um Abschlüsse, zum Beispiel die deutsche Marke Riese und Müller oder Vanmoof aus den Niederlanden. Fahrradversicherungen bieten je nach Abstufung einen erweiterten Leistungskatalog, doch sie werden pro Rad abgeschlossen. Das ist bei der Hausratversicherung anders, die alle Bikes eines Hausstandes umfasst. Auch Familienfahrradversicherungen sind am Markt.
Leistungen, die neben dem finanziellen Ausgleich des Bike-Diebstahls hinzukommen, sind je nach Tarif: die Abdeckung auch von Teilediebstahl, etwa dem E-Bike-Akku oder auch Gepäck, oder von Unfall- und Sturzschäden am Fahrrad. Auch für Reparaturen infolge von Vandalismus und Elektronikschäden kommen viele Vollkaskoversicherungen auf, ebenso nach fahrlässigen Bedienfehlern wie oben im Akku-Beispiel erwähnt.
Beim Verschleiß, den manche Vollkasko-Policen einschließen, gibt es jedoch Einschränkungen: Leistungen gibt es nur, wenn zum Beispiel eine abgenutzte Fahrradkette reißt oder die E-Bike-Batterie langsam schlapp macht und unter eine gewissen Kapazitätsgrenze rutscht. Vom Schutz ausgenommen sind andere viel beanspruchte Komponenten, darunter in aller Regel Bremsen und Reifen. Auch hier hilft bei spezifischem Interesse nur der Blick ins Kleingedruckte. Viele Versicherer schließen in ihren Bedingungen auch die Teilnahme an Radrennen oder Downhill-Fahrten zu Wettkampfzwecken aus. Wird der Sport als Hobby betrieben, kann das anders aussehen.
Manche Tarife kommen sogar für Material-, Produktions- und Konstruktionsfehler auf, zum Beispiel, wenn sich am Rahmen Rost wegen fehlerhafter Schweißnähte breitmacht, so Check24. Das Vergleichsportal weist allerdings darauf hin, dass für derartige Schäden am Bike, die innerhalb der ersten zwei Jahre nach dem Kauf auftreten, der Hersteller im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungspflicht haftet.
Wann lohnen solche Rundum-sorglos-Pakete aber? Sicher nicht bei einer alten Fahrradgurke. Es gibt eine Faustregel, nach der eine spezielle Fahrradversicherung ab einem Fahrradwert von etwa 1.000 Euro günstiger ist, als eine zusätzliche Fahrradklausel der Hausratversicherung. Doch schon wenn mehr als ein Fahrrad versichert wird, muss anders kalkuliert werden. Ebenfalls muss man entscheiden, ob einem über den Diebstahlschutz hinausgehende Leistungen überhaupt wichtig sind.
Kommt eine Fahrradversicherung aber grundsätzlich infrage, lohnt der Preisvergleich. Nicht jeder Tarif ist laut „Finanztest“ lohnenswert. So förderte das Magazin zutage: Günstigsten Diebstahlschutz mit hohem Leistungsniveau gebe es für ein 1.500-Euro-Modell bereits ab 32 Euro im Jahr: „Manche Tarife kosten fast zehnmal so viel – und leisten weniger.“ E-Lastenräder ließen sich ab rund 100 Euro jährlich umfassend schützen.
Regionaltarife oft günstiger
Sparfüchse können auch auf ihren Wohnort achten. Denn mit dem Diebstahl-Risiko variiert oft auch die Höhe des Versicherungsbeitrages. Wer zum Beispiel in Remscheid wohnt, wo mit jährlich 45 Bikes je 100.000 Einwohner im Jahr bundesweit am wenigsten Fahrräder abhandenkommen, zahlt bei Regionaltarifen weniger als im Falle von Leipzig, mit 1.365 Fahrraddiebstählen Negativ-Spitzenreiter der Klau-Statistik. Wo viele Bikes gestohlen werden, sind Tarife mit bundesweit gültigen Preisen die günstigeren. Weiterer Spartipp: den Versicherungsbeitrag jährlich zahlen; ist die Zahlweise halbjährig, wird es meist teurer.
Zu den Leistungen einer Fahrradversicherung sollte zählen, dass Fahrräder für mindestens drei Monate zum Neuwert versichert sind und auch nicht fest verbundene Teile wie etwa Helme oder auch Gepäck im Schutz inkludiert sind. Die Selbstbeteiligung sollte nicht über 50 Euro liegen. Wer mehr verlangt, macht gegenüber anderen Gesellschaften in der Regel das schlechtere Angebot. Auch Schäden durch Elementarereignisse wie Hagel, Sturm und Feuer sollten inkludiert sein, auch Fahrradklauseln leisten dies meist schon.
Gebrauchte Räder lehnen die meisten Gesellschaften übrigens ab. Sie versichern nur Neuware ab oder kurz nach Kauf. Nach ein paar Jahren sollte man sich ohnehin überlegen, ob der Rundumschutz noch lohnt oder man ihn kündigt und sich mit den Basisleistungen der Hausrat zufrieden gibt. Tipp: die dann nicht mehr fälligen Beiträge für ein neues Bike sparen. Ganz rundum sorgenfrei macht übrigens auch die beste Fahrradversicherung nicht. Zwar versprechen manche Anbieter auch Schutzbrief-Leistungen (siehe Kasten), doch kommen bei Unfällen Dritte zu Schaden, ist eine private Haftpflicht gefragt. Sie sollte jeder in der Tasche haben. Und man sollte sie auch erst nach einem eingehenden Vergleich abschließen – aber das ist eine andere Versicherungsgeschichte.