Die Teilnahme von Frauen im Sport war lange Zeit nicht nur umstritten, sondern gar untersagt. Zu sanft sollten Frauen für den sportlichen Wettkampf sein. Von den ersten Frauen, die bei Olympischen Spielen teilnehmen durften, bis zur Anerkennung als Bestandteil der Sportlandschaft sollte es ein langer und teils sehr steiniger Weg werden.

Am 2. Juli startet die Fußball-Europameisterschaft der Frauen in der Schweiz. Es ist die 14. Auflage des europäischen Wettbewerbs und erfreut sich zunehmender Beliebtheit beim Publikum. Doch wenn man sich die mittlerweile ausverkauften Stadien anschaut, mag man kaum noch für möglich halten, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass Frauen im Sport nicht nur selten, sondern auch offiziell unerwünscht waren. Sport galt lange als reine Männerdomäne – ein Ort der körperlichen Kraft, des Wettkampfes und der öffentlichen Aufmerksamkeit, von dem Frauen lange Zeit systematisch ausgeschlossen wurden. Die Geschichte des Frauensports beginnt also nicht mit jubelnden Fans oder glänzenden Medaillen, sondern mit Widerstand, Missverständnissen und einer gehörigen Portion gesellschaftlicher Ignoranz.
Im 19. Jahrhundert etwa galten sportliche Betätigung und Weiblichkeit als nahezu unvereinbar. Der weibliche Körper galt als zart, sanft und vor allem still. Mediziner warnten gar davor, dass zu viel körperliche Anstrengung die weibliche Fortpflanzungsfähigkeit gefährde. Der Damensport beschränkte sich zu dieser Zeit auf leichte Gymnastikübungen, doch die Damen im Sport wollten sich nicht alle damit zufriedengeben. Die ersten Sportvereine für Frauen entstanden damals oft im privaten Rahmen und unter strenger männlicher Aufsicht.
Das Fundament für den Frauensport, wie wir ihn heute kennen, wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelegt, genauer im Jahr 1900, als Frauen erstmals bei den Olympischen Sommerspielen – damals in Paris – teilnehmen durften. Dies allerdings aber auch nur an sechs Wettbewerben in vier Sportarten: Krocket, Golf, Segeln und Tennis. Die schweizerische Gräfin Hélène de Pourtalès war am 22. Mai nicht nur die erste Frau, die an einem Segelwettbewerb der Bootsklasse 1-2 Tonnen teilnehmen durfte, sie sollte gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Neffen auch die erste Olympiasiegerin überhaupt werden. Sieben Wochen später folgte die Britin Charlotte Cooper, die im Tennis gleich zweifach Gold mitnehmen konnte. Insgesamt starteten 21 Frauen.
Doch der damalige IOC-Präsident Pierre de Coubertin machte aus seiner Haltung gegenüber Frauen im Sport kein großes Geheimnis: Olympische Spiele seien „ein Ausbund männlicher Athletik“, betonte der Franzose, und „der Beifall der Frauen ist deren Lohn“. Nur langsam sollten dennoch mehr Sportarten folgen, zu denen auch Frauen zugelassen wurden. 1904 das Bogenschießen, 1908 der Eiskunstlauf, 1912 das Schwimmen. Bei den Leichtathletikwettbewerben 1920 in Antwerpen aber war Frauen die Teilnahme nicht gestattet.
Alice Milliat, eine französische Ruderin und Sportpionierin, versuchte dagegen vorzugehen, hatte im Vorfeld mehrfach versucht, das IOC zu kontaktieren– ohne Erfolg. Milliat war der festen Überzeugung, Sport könne das Selbstvertrauen junger Frauen fördern. Und so rief sie im selben Jahr die Frauen-Weltspiele als Alternativ-Veranstaltung ins Leben. Rund 100 Athletinnen aus fünf Ländern wetteiferten im Speerwerfen, Kugelstoßen, Hochsprung und im Sprint, Hürden- und Mittelstreckenlauf. Die heute als „Mutter Olympias“ gefeierte Französin schaffte damit nicht nur Raum für den Wettkampf, sondern rief eine sportpolitische Bewegung ins Leben. Gemeinsam mit anderen Sportlerinnen gründete sie im Oktober 1921 den Internationalen Frauensportverband Fedération Sportive Fémine Internationale. Bis 1934 wurden in Konkurrenz zu den Olympischen Spielen insgesamt sieben internationale Sportwettbewerbe nur für Frauen ausgetragen.
Neue Sichtbarkeit von Frauen
Währenddessen entwickelte sich auch in Deutschland die Sportlandschaft langsam weiter. Eine Sportart sollte sich hierbei besonders als Sinnbild der Ablehnung herauskristallisieren: der Fußball. 1955 beschloss der Deutsche Fußball-Bund (DFB), Frauen das Fußballspielen zu verbieten. Die Begründung: Der Sport sei für den weiblichen Körper zu hart und zudem „der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd“. Im „Kampf um den Ball“ schwinde „die weibliche Anmut“. Erst 1970 wurde dieses Verbot auf dem Verbandstag in Travemünde aufgehoben – zu einem Zeitpunkt, als viele andere Länder längst Frauenfußballteams aufgestellt hatten. Der Nachholbedarf war entsprechend groß, der Erfolg aber ließ nicht lange auf sich warten. 1989 holte das deutsche Frauenteam seinen ersten EM-Titel – in einem fast leeren Stadion, dafür aber einem Dusch-Set als „Siegprämie“. Auch hier sollte sich wieder zeigen: Anerkennung kommt nicht von allein, sie muss erkämpft werden.
Mit den gesellschaftlichen Umwälzungen der 1970er- und 80er-Jahre kam neuer Schwung in die Debatte. Die Fitnessbewegung – Aerobic, Jogging, Gymnastik – wurde massentauglich, und Frauen waren ein zentraler Teil davon. Stars wie Jane Fonda prägten ein neues Körperbewusstsein, das sportliche Aktivität nicht mehr als männliche Domäne, sondern als Form weiblicher Selbstermächtigung verstand. Doch auch das war nicht frei von Widersprüchen. Die neue Sichtbarkeit von Frauen im Sport ging oft mit neuen Schönheitsidealen und Leistungsdruck einher. Plötzlich wurde nicht nur gefordert, dass Frauen sportlich sind, sie sollten dabei auch möglichst attraktiv auftreten. Die Idee der „perfekten Sportlerin“ war geboren, oft fernab von der Realität des harten Trainingsalltags oder den realen Herausforderungen wie Vereinbarkeit von Sportkarriere und Familienplanung.

Trotz aller Hindernisse wuchs die Präsenz von Frauen im Leistungssport dennoch stetig. Besonders deutlich zeigte sich das in den vergangenen zwei Jahrzehnten. 2012 in London wurde erstmals in der Geschichte der Olympischen Spiele jede Sportart von mindestens einer Frau vertreten: Auch das Boxen hatte sich für Sportlerinnen geöffnet. Ein weiterer Durchbruch – insbesondere für Deutschland – gelang bei den Spielen 2020 in Tokio: Von den zehn Goldmedaillen, die das deutsche Team gewann, gingen sieben an Frauen. Gleichzeitig setzten Athletinnen wie Turnerin Simone Biles oder Tennis-Ass Naomi Osaka neue Maßstäbe im öffentlichen Umgang mit psychischer Gesundheit und der Frage, wie viel ein Mensch – unabhängig vom Geschlecht – aushalten muss, um Leistung zu bringen. Auch der Kampf gegen sexualisierte Gewalt im Sport wurde durch mutige Aussagen von Sportlerinnen endlich breiter thematisiert.
Noch heute müssen insbesondere Sportlerinnen oft gegen Ungerechtigkeiten kämpfen – sei es hinsichtlich Anerkennung, Bezahlung oder des Umgangs mit ihnen. Frauen im Sport mussten sich nie „nur“ gegen eine Konkurrenz auf dem Platz, in der Halle oder auf der Bahn behaupten – sondern immer auch gegen Vorurteile, Regeln und Strukturen, die sie kleinhalten wollten. Von den ersten Läuferinnen in langen Röcken über die Gründerinnen alternativer Sportwettkämpfe bis hin zu heutigen Weltklasse-Athletinnen, die ihre Reichweite nutzen, um gesellschaftliche Debatten anzustoßen – sie alle stehen für eine Bewegung, die weit mehr ist als nur körperliche Leistung. Sie steht für Sichtbarkeit, Selbstbestimmung und eine Tatsache, die leider noch immer nicht für jeden selbstverständlich ist: Frauen gehören zum Sport – und das ist gut.