Der DJ Timo Röpcke hat eher aus Versehen das Berliner Mode-Label „LOOK54“ geschaffen, das seit einem Vierteljahrhundert erfolgreich ist – unter anderem, weil Prominente es für sich entdeckt haben.
Eigentlich wollte Timo Röpcke einfach witzig sein. Wenn jemand ihm zurief, dass er doch bitte mal dieses oder jenes auflegen soll und offenbar zu spät dran war, um zu wissen, dass der Wunsch bereits erfüllt wurde, dann zeigte er auf sein Shirt. „Lief schon“, stand drauf. Timo Röpcke ist DJ. Seit Ende der 90er zieht er als DJ Ultimo durch die hedonistischen Clubs & Bars Berlins. Und seit rund einem Vierteljahrhundert ist er auch Modemacher. Er ist Erfinder des Berlin-Labels „LOOK54“.
Alles fing als Witz an
„Zur Jahrtausendwende ging es los. Da habe ich die ersten Sachen nur für mich gemacht“, erzählt der 53-Jährige. DJ-Botschaften auf Shirts wie das mit dem „Lief schon“. „Es war ein Gag. Dann haben einige Leute gesagt: ,Das will ich auch‘, und ich habe angefangen, ein paar zu verkaufen. Das ging übers DJ-Pult“, erinnert er sich. Die Shirts hat er zu Hause bedruckt.
Irgendwann habe er festgestellt: „Da kann ich nicht mehr wohnen.“ Zwischen T-Shirt-Presse und Nähmaschine sei es ungemütlich geworden. Also hat Timo Röpcke einen Ort für die Produktion gesucht und gefunden. Er begann, seine Shirts auch in seinem damaligen „Wohnzimmer“, dem „Club 90 Grad“, zu verkaufen. „Der war am Gleisdreieck und sehr hip. Wenn Stars in Berlin waren, gingen die da hin“, erzählt Timo Röpcke. Und: „Ich hatte viele Connections, das hat den Start erleichtert.“
Aus „Lief schon“ wurden unter anderem „Hauptstadtrocker“, Totenköpfe, Engelsflügel, Nofretete mit Sonnenbrille, ein Panda mit Kiss-Blitz, der Fernsehturm als ausgestreckter Mittelfinger und Aufschriften wie „Berlin ist over – and over & over again“, „Herrin der Lage“, „Ein Leben ohne mich ist möglich, aber wer will dit schon?“ und „Zuckerbrot ist alle“. Es gibt nicht nur T-Shirts, sondern unter anderem auch Hoodies, Jacken, Sakkos, Socken, Boxershorts, Kappen, Mützen, Taschen und Schals. Es gibt Kollektionen für Frauen, Männer und Kinder.
2002 hat er dann den „LOOK54“-Online-Shop eröffnet, 2003 den ersten Laden in der Charlottenburger Goethestraße. Er habe „gute Kontakte zur Presse“, sagt Röpcke. Die BZ hat dem neuen Label eine Doppelseite gewidmet. „Dann ging es Schlag auf Schlag.“ Seit 2003 verwendet er für die T-Shirts „Steine eines großen und bekannten Herstellers“, 2005 wurde der Laden auf dem Kudamm eröffnet. Es ist aktuell der älteste Laden. Anfangs seien die Klamotten Nightlife- und Disco-orientiert gewesen, erklärt der DJ. Entsprechend sind auch die Läden gestaltet.
Auch nach einem Vierteljahrhundert habe er immer noch Ideen – und einen Grafiker, sagt Röpcke. Der Grafiker ist der Finne Daniel Ojala. „Er ist von Anfang an dabei. Das läuft so: Ich habe irgendwann eine Idee, erzähle sie ihm. Ich kann selbst kein Grafikprogramm bedienen. Er macht dann was, und ich sage ,heiß‘ oder ,kalt‘, bis es fertig ist.“
„Mach doch mal was Buntes“
Timo Röpckes Geschäftspartner Rainer Höbing verantwortet die Produktionsstätte, eine eigene Manufaktur in Berlin. „Dort werden alle Shirts bedruckt, Handsiebdruck-Verfahren, das macht sonst kein Mensch mehr so in Serie“, erklärt Röpcke. Dort wird auch experimentiert. Mit Iris-Druck zum Beispiel. Dabei werden mehrere Farben mit ineinanderlaufenden Farbrändern in einem Vorgang gedruckt. „Aufwendiger Scheiß“, findet Röpcke. Aber dadurch seien alle bedruckten Textilien ein bisschen anders. Das Ganze wird kombiniert mit Neon-Kristallen, die unterschiedlich im Schwarzlicht leuchten. „Auch Metallpartikel in Druckfarben integrieren und kombinieren wir mit Kristallen – sehr, sehr viel Handarbeit“, schwärmt Röpcke über die Arbeit in der Manufaktur.
Die T-Shirts lässt das Unternehmen nach seinen Qualitätsanforderungen produzieren – viel in der Türkei. „Wenn man sie in Deutschland produzieren lassen würde, müsste man an jeden Preis noch eine Null dranhängen“, sagt Röpcke. Die Grundfarbe ist fast immer Schwarz. Es sage immer mal jemand: „Mach doch mal was Buntes.“ Aber diese Produkte lägen dann ewig im Lager.
Und dann kamen die Stars. „Irgendwann haben wir gemerkt, dass Rockbands auf unsere Sachen abfahren“, erinnert sich Timo Röpcke. Es begann damit, dass vor rund 20 Jahren eine Status-Quo-Fangruppe aus England in einem der Läden auftauchte und sagte: „Wir wollen das, was Rick trägt.“ Rick Parfitt ist der Frontmann der Kultband. Der Verkäufer war irritiert und hat den Chef angerufen: „Der scheint unsere Sachen zu tragen.“ „Abends gab es dann ein Interview mit Rick im Fernsehen. Da saß er mit einer unserer Jacken“, erinnert sich Röpcke.
Er hat dann eine Mail ans Bandmanagement geschrieben und angekündigt: „Wir machen euch ein Paket als Dankeschön.“ Zehn Minuten später sei bereits eine Antwort gekommen: eine Einladung, beim Konzert in die Garderobe zu kommen. „Wahnsinn!“, sagt Röpke.
Auch in Filmen habe die Band immer mal wieder LOOK54-Sachen getragen. „Die haben damit dafür gesorgt, dass andere kamen“, erzählt er. Uriah Heep zum Beispiel. „Rick hat so geile Sachen, die wollen wir auch“, hieß es. Auch diese Band wird nun schon seit gut 15 Jahren von LOOK54 ausgestattet. Auch Alice Cooper und Kim Wilde tragen die Mode aus Berlin.
„Rock’n’Roll und der Berliner ,Way of Life‘ sind die zentralen Themen aller Kollektionen. Es gibt kaum einen rockigeren Weg, ,Ick bin een Berliner‘ zu sagen, als LOOK54-Fashion zu tragen. Unsere Local Heroes wie Frank Zander und Désirée Nick sind natürlich Orjinale und dürfen es somit qua Geburt – aber seit JFK ist ja allgemein bekannt, dass man nicht in Berlin geboren sein muss, um sich als Berliner zu fühlen“, sagt Timo Röpcke. Auch Simone Thomalla, Rolf Eden, Ingo Appelt und Rick Parfitt JR. lassen sich gerne im LOOK54-Outfit fotografieren.
John F. Kennedy hat sich 1963 bei seiner „Ich bin ein Berliner“-Rede am Schöneberger Rathaus nicht in Klamotten von LOOK54 zeigen können. Der ehemalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, sagt Röpcke, habe „bewusst unsere Sachen angezogen“. Der Politiker habe das Berliner Unternehmen damit gegen die Klage einer Hamburger Firma unterstützen wollen. Die Firma hatte Stadtnamen und Wappen in Kombination mit bestimmten Produkten generell schützen lassen. 2004 sei das gewesen – und LOOK54 hat den Prozess gewonnen. Timo Röpcke erinnert sich im Nachhinein gerne an diese Zeit: „In diesem Zusammenhang haben wir Klaus Wowereit kennengelernt. Dieser Mensch hat das Image von Berlin verändert und er hat uns in diesem Urheberrechtsstreit unterstützt.“
Eigentlich nicht für Touristen
Nicht nur die Prominenten, viele Stammkunden generell warteten darauf, dass etwas Neues ins Sortiment kommt, weiß der Chef. Pro Jahr gibt es deshalb rund 200 neue Artikel. Das klingt viel und ist viel, aber es werden dabei auch Shirts in verschiedenen Farben mitgezählt. Auch Produkte, die überarbeitet werden, etwa mit einem „anderen Textil“, wie Timo Röpcke erklärt.
Wichtig sei aber nicht nur, gerade den Stammkunden immer etwas Neues anzubieten, sondern Läden in guter Lage zu haben. „Leute aus Wuppertal und Köln kennen uns nicht, die müssen über uns stolpern“, sagt Röpcke. Dabei sind Touristinnen und Touristen alles andere als die wichtigste Zielgruppe. Die LOOK54-Kollektion sei „eigentlich nicht für Touristen gedacht“, sondern für Berlinerinnen und Berliner – solche, die in der Stadt leben, und solche, die es irgendwohin in die weite Welt verschlagen hat. „Viele Exil-Berliner bestellen online, das ist eine starke Gruppe bei uns“, verrät der Chef.
Die LOOK54-Sachen seien „kein Mitbringsel. Du kaufst es für dich. Und bei vielen Sachen ist Berlin im Design erst mal nicht zu erkennen. Das soll nicht aussehen wie ein Souvenir.“