Die 59. Ausgabe des Rehlinger Pfingstsportfests lockt Top-Leichtathleten aus aller Welt ins Saarland. Viele erhoffen sich noch Chancen auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris.
Die Vorfreude ist hörbar: „Wir haben in fast allen Disziplinen die besten Deutschen am Start“, freut sich Thomas Klein, Vorsitzender des LC Rehlingen. Er spricht vom traditionellen Pfingstsportfest seines Vereins, das am Pfingstmontag, 19. Mai 2024, im Rehlinger Bungertstadion ausgetragen wird und ergänzt: „Angefangen bei Malaika Mihambo, die wie schon im vergangenen Jahr die 100 Meter laufen wird.“ Die derzeit erfolgreichste deutsche Leichtathletin wird nicht in ihrer Paradedisziplin, dem Weitsprung, antreten. „Sie ist natürlich keine 100 Meter-Spezialistin, aber nutzt ihren Start bei uns dazu, ihre Sprintfähigkeit weiterzuentwickeln. Die ist ja auch beim Weitsprung sehr wichtig“, erklärt Klein. Mihambos Bestzeit über 100 Meter liegt bei 11,21 Sekunden. Die auf dem Papier stärkeren Konkurrentinnen sind die Deutsche Alexandra Burghardt (11,01 Sek.) und die Luxemburgerin Patrizia Van Der Weken (11,02 Sek.). Zu den deutschen Top-Athleten gehört auch Julian Weber, Speerwurf-Europameister von 2022 (Bestweite: 89,54 Meter), der sich unter anderem mit Niklas Kaul (79,05 Meter), Weltmeister im Zehnkampf von 2019, messen wird.
Die besten Deutschen am Start
Die Hindernisläuferin Gesa Krause, WM-Dritte 2019 über 3.000 Meter, wird über 1.500 Meter an den Start gehen (4:06,99 Min.) und dort unter anderem auf das für den LC Rehlingen startende schweizerische Talent Shirin Kerber (4:17,52 Min.) treffen, die amtierende Deutsche U18-Meisterin im Crosslauf. Hinzu kommen 100 Meter-Sprinter Julian Wagner (Bestzeit: 10,11 Sek.), 400 Meter-Läufer Jean Paul Bredau (44,96 Sek.), 400 Meter-Hürden-Spezialist Joshua Abuaku (48,12 Sek.) sowie Alica Schmidt (52,07 Sek. über 400 Meter), die sich auch als Influencerin in sozialen Medien einen Namen gemacht hat und Robert Farken, der seine Bestzeit über 1.500 Meter 2023 in Rehlingen aufgestellt hat und mit 3:32,10 Minuten den fast 43 Jahre alten Deutschen Rekord von Thomas Wessinghage um gerade einmal 52 Hundertstelsekunden verpasste.
„Viele wollen sich eine Woche vor Qualifikationsschluss für die Europameisterschaften Anfang Juni in Rom qualifizieren, um sich dort wiederum für die Olympischen Spiele in Paris zu qualifizieren“, weiß Klein um die besondere Bedeutung des Pfingstsportfestes im Olympia-Jahr: „Die Nominierungszeiträume sind relativ kurz und deshalb steigen viele schon früh in die Saison ein. Wir haben eine sehr hohe Anzahl an Nachfragen von Athletinnen und Athleten. Leider können wir nicht allen die Möglichkeit geben, bei uns zu starten.“ Ein Kriterium bei der Auswahl ist die Leistungsfähigkeit der Bewerberinnen und Bewerber: „Für die Athletinnen und Athleten und auch für uns ist es wichtig, dass die Spitzenleute in ihren Disziplinen eine gute Konkurrenzsituation vorfinden“, betont Klein und nennt mit dem nigerianischen Sprinter Enoch Adegoke (Bestzeit über 100 Meter: 9,98 Sekunden), der Portugiesin Cátia Azevedo (50,59 Sek. über 400 Meter) und der Britin Alexandra Bell (1:57,66 Minuten über 800 Meter) drei hochkarätige internationale Starterinnen und Starter.
Über die günstige terminliche Lage hinaus macht auch der Silber-Status im Rahmen der World Athletics Continental Tour und wird als „Silber Level“-Meeting das Pfingstsportfest für die Athletinnen und Athleten so attraktiv. Er ist gleich hinter den höchsten Kategorien „Diamond League“ und dem Gold-Level der World Athletics Continental Tour angesiedelt und bringt bei guten Platzierungen entsprechend viele Punkte für die Ranglisten. Das ist wichtig, weil die Olympia-Qualifikation läuft einerseits über die Erfüllung der Normen, sprich: Wer die vorgegebenen Zeiten, Höhen oder Weiten erfüllt, hat sein Olympia-Ticket sicher. Die restlichen Startplätze werden über die Ranglisten vergeben, für die bei Meetings wie eben dem Pfingstsportfest Punkte gesammelt werden können. Je mehr Punkte bis zum Ende des Nominierungszeitraums gesammelt wurden, desto höher die Platzierung in der Rangliste und desto größer die Chancen auf die Teilnahme an den Spielen in Paris. Darüber hinaus werden beim Pfingstsportfest insgesamt rund 74.000 Euro Preisgeld ausgeschüttet.
Keine negativen Effekte durch Benfares
Bei aller Vorfreude auf das größte Event des Jahres ist die Stimmung beim LC Rehlingen nicht so gelöst wie sonst. Den Grund lieferte der Doping-Skandal rund um die Familie Benfares. Zunächst waren bei der Top-Athletin mit Olympia-Ambitionen, Sara Benfares (22 Jahre alt), verbotene Substanzen im Blut festgestellt worden, wenig später auch bei ihrer Schwester Sofia (19). Inzwischen wurde Sara Benfares von der Nationalen Doping Agentur für fünf Jahre gesperrt. Der LC Rehlingen schloss die beiden wie auch die dritte Schwester Selma aus dem Verein aus. „Wir haben gelitten wie die Hunde. Aber außer, dass dieses Thema eine Zeitlang eine negative Begleitmusik für unseren Verein darstellte, haben wir bis jetzt keinen unmittelbaren negativen Effekt feststellen können“, sagt Thomas Klein und ergänzt: „Es gab beispielsweise keine Vereinsaustritte und trotz dieser Geschichte sind uns alle Sponsoren treu geblieben. Viele haben uns sogar in persönlichen Mitteilungen den Rücken gestärkt und uns versichert, dass dieser Fall keinerlei Auswirkungen auf unsere Zusammenarbeit hat.“ Offen habe der Verein mit seiner Öffentlichkeitsarbeit „gut erklären können, dass die Familie Benfares eine eigenständige Gruppe war, die gar nicht in Rehlingen trainiert hat und auch nicht in Saarbrücken. Sie war zwar unserem Verein zugehörig, aber nicht ins Vereinstraining involviert“, erklärt Klein und stellt klar: „Unser Vereinsleben geht weiter und unsere Perspektive ist weiterhin auf die Nachwuchsarbeit und die Entwicklung unserer Athletinnen und Athleten ausgerichtet. Wir werden auch weiterhin Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche organisieren und den Kopf nicht in den Sand stecken.“
Die Zusammenarbeit mit Top-Athleten aus dem Saarland, aber auch mit jenen, deren Lebensmittelpunkt sich außerhalb des Saarlandes befindet, ist für den Verein eine gute Möglichkeit, Erfolge und Aufmerksamkeit zu generieren. „Das Ganze wird sicher Einfluss auf den zukünftigen Umgang mit Athletinnen und Athleten haben, die von außerhalb auf uns zukommen, um unserem Verein beitreten zu dürfen und von uns gefördert zu werden“, kündigt Klein an: „Wir werden noch mehr darauf schauen, ob eine Beziehung zum Verein besteht und ob eine gewisse Bindung an den Verein gelebt und praktiziert wird.“ So, wie es seiner Meinung nach Marathon-Europameister Richard Ringer tut, der in München lebt, sich aber mit „seinem“ Verein identifiziere: „Er ist bei Veranstaltungen des Vereins vor Ort. Ob es beim Pfingstsportfest klappt, ist noch offen. Derzeit befindet er sich im Höhentraining in Kenia.“