Das Landesinnere liegt immer noch im Schatten der portugiesischen Atlantikküste. Im Hinterland sind bis heute deutlich weniger Touristen unterwegs. Warum eine Reise dorthin auf jeden Fall lohnenswert ist, weiß FORUM-Autor Helge Bendl.
Natürlich ist das Meer mit seiner Schönheit grundsätzlich immer Anziehungspunkt Nummer eins für die meisten Touristen. Doch wer sich nur darauf konzentriert, verpasst jede Menge an interessanter Kultur, verwunschenen Landschaften und einzigartigen Städtchen. Also gilt: Auf zu einem Streifzug durch spannendes Weltkulturerbe, vielfältige Kulinarik, entspannende Wellness, imposante Schlösser und tausendundeine Serpentine.
COIMBRA UND UMGEBUNG: Wald, Wellness, Wissen
Coimbra liegt auf halber Strecke zwischen Lissabon und Porto und ist geprägt von der ältesten Universität des Landes, gegründet 1290 und Weltkulturerbe. Ein Pflichttermin ist ein Besuch der Büchersammlung, auch wenn man die schönsten Bände nicht ausleihen darf: 60.000 Bände umfasst die Biblioteca Joanina, ein Barockbau mit Blattgold und Stuckmarmor (www.uc.pt).
Erasmus-Studenten aus halb Europa schwärmen dagegen eher vom Nachtleben: Bars und Clubs gibt es an jeder Ecke. Als Auftakt mit Lokalkolorit kann man sich täglich um 18 Uhr ein Konzert mit Fado-Serenaden anhören, bei denen die Töchter der Stadt bezirzt werden – in Coimbra singen nämlich nur die Männer (www.fadoaocentro.com). Der (verbotenen) Liebe wegen geht es auch auf die andere Seite des Rio Mondego zur Quinta das Lágrimas. Im Gartenrestaurant „Pedro & Inês“ isst man gut und günstig zu Mittag (www.quintadaslagrimas.pt).
Zum Dessert sollte man sich anschließend eine tragische Geschichte erzählen lassen. Angeblich wird nämlich eine Quelle im Park von Tränen gespeist.
Einen ganzen Schwall an heilendem Wasser gibt es um die Ecke in Luso. Die dortige Therme existiert seit 1852, auch ein Mineralwasser wird hier abgefüllt. Die Leute aus der Region stehen dagegen lieber mit großen Kanistern am Brunnen an. Kurgäste schwören auf die Wirkung des radioaktiven Quellwassers, doch man kann es sich alternativ auch bei Hydro-Massage und Vichy-Shower gut gehen lassen (www.termasdeluso.pt).
Zum Waldbaden und Füße vertreten empfiehlt sich dann ein Spaziergang im Mata do Buçaco (www.fmb.pt). Einst wohnten hier Karmelitermönche und pflanzten mit Samen aus aller Welt einen verwunschenen Wald, der an so manches Märchen erinnert. Später machte die Königsfamilie aus dem Kloster ihre Sommerresidenz: Das Jagdschloss wirkt in seiner Verspieltheit wie eine portugiesische Version von Neuschwanstein. Die Vila Aurora in Luso ist ein stilvolles Guest House in einer Residenz aus dem 19. Jahrhundert (www.vilaaurora.com). Mit riesigem Pool und direktem Bademantel-Zugang zur Therme punktet das geschichtsträchtige „Grande Hotel de Luso“ (www.hoteluso.com). Übernachten im Märchenschloss: Das „Palácio Hotel do Buçaco“ war der Königsfamilie vorbehalten, doch jetzt können auch Nicht-Blaublütige das museale Gebäude entdecken (www.almeidahotels.pt).
BRAGA UND GUIMARÃES: Schönheiten im Hinterland
Spieglein, Spieglein an der Wand: Wer ist die schönere der Schwesterstädte? Die Antwort fällt schwer: Braga und Guimarães haben beide ihren Charme. Die zwei Orte liegen nur 25 Kilometer voneinander entfernt im Hinterland des Minho, wie die Region an der spanischen Grenze heißt. Am besten also, man besucht beide!
Braga gilt als das religiöse Zentrum Portugals. An fast jeder zweiten Straßenecke findet man eine Kirche – weshalb es spöttisch heißt, die Katholiken würden hier so viel beten, dass es für den Rest des Landes reiche. Imposant ist die Kathedrale mit Domschatz und einem spektakulär ausgestatteten Chor. Berühmter aber ist die Wallfahrtskirche Bom Jesus do Monte, die zum Unesco-Welterbe zählt. Wer die monumentale Treppe hochsteigt, überwindet in 581 Stufen exakt 116 Meter – für alle anderen gibt’s eine Drahtseilbahn. Heute prägen aber nicht mehr Priester, sondern 20.000 Studenten die Stadt. So gibt’s unzählige Cafés – nett ist jenes in der Buchhandlung der Casa Rolão (www.centesima.com).
Im deutlich kleineren Guimarães ist gleich die komplette Altstadt Welterbe der Unesco. Und zwar nicht nur wegen der Hexenhäuschen, die Plätze wie den Praça de São Tiago oder den Largo da Oliveira einrahmen, wo sich abends die halbe Stadt für Drinks trifft. Sondern auch, weil hier Portugals erster König geboren worden sein soll. Mit dem vier Tage gültigen Guimarães-Pass hat man freien Eintritt in Burg, Palast und zehn weitere Kultureinrichtungen und kann mit der Seilbahn auf den Hausberg Montanha da Penha gondeln. Dort gibt’s zwischen Granitsteinen schöne Picknickplätze mit Aussicht. Warum nicht mit einer Flasche Vinho Verde den Sonnenuntergang genießen?
Am Rand der Altstadt von Guimarães liegt das Hotel „Mestre de Avis“ (www.hotelmestredeavis.pt).
Ein palastartiges Anwesen mit 500 Jahren Geschichte hat sich verwandelt: Einst ein Krankenhaus, wurde es als „Vila Galé Collection Braga“ zum stilvollen Vier-Sterne-Hotel (www.vilagale.com). Nach dem Stadtbummel in den Außen- oder Innenpool: Das „Santa Luzia Art Hotel“ ist eine kleine Oase mitten in Guimarães (www.santaluziaarthotel.com).
SERRA DA ESTRELA: Dem Himmel ganz nah
In Tausendundeiner Serpentine führt die Straße immer weiter nach oben. Alte Eiben, mächtige Eichen und knorrige Kiefern wachsen in engen Schluchten, in denen Wasserfälle wie der Poco do Inferno plätschern. Doch Wald gibt es nur bis auf etwa 1.000 Höhenmeter. Dann blühen im Gletschertal Zêzere nur noch Ginster und Heidekraut zwischen den gigantischen Granitbrocken, die ein Riese wohl beim Spielen verstreut haben muss. Menschen leben in der Einsamkeit keine mehr, nur noch Schafe. Sie liefern die Milch für den innen cremigen, außen festen Bergkäse Queijo da Serra. Ihre Wolle wird bis heute zu Burel verarbeitet, einem traditionellen Walkstoff. Wasserdicht und reißfest, war das filzartige Material einst ein perfekter Umhang für die Schäfer – und ist jetzt, da sich neue Akteure des Stoffes annehmen, plötzlich wieder hip. Altes Handwerk, modernes Design: Die schönsten Stücke gibt’s im Ort Manteigas nach der kostenlosen Fabrikbesichtigung im kleinen Lädchen von Burel (www.burelfactory.com).
1.993 Meter! Der höchste Punkt des portugiesischen Festlands befindet sich in der Serra da Estrela, jenem „Sternengebirge“, wo man dem Himmel ganz nah ist und nachts das Firmament so gut sieht wie nirgendwo sonst. Im Winter reisen Städter aus Porto oder Lissabon zum Ski fahren, doch im Sommerhalbjahr ist der Naturpark im Osten Mittelportugals noch ein Geheimtipp für naturbegeisterte Wanderer. Bei den historischen Bergdörfern wurden jüngst 14 Rundwege ausgeschildert (www.aldeiasdemontanha.pt).
Um sich anschließend abzukühlen, springt man in einen praia fluvial: So heißen die künstlich angelegten Becken, in denen sich das türkisgrüne Flusswasser staut. Besonders schöne Flussstrände, ausgezeichnet mit der Blauen Flagge, gibt es in Lapa dos Dinheiros und Loriga.
Im „Loriga Hostel“ gibt’s günstige Betten im Schlafsaal sowie einfache Zimmer (www.lorigahostel.pt).
Für Naturliebhaber: Nur vier Zimmer hat die abgelegene Quinta de Cabrum (www.quintadecabrum.pt).
Eine gute Basis für Touren ist das „Hotel Vila Galé Serra da Estrela“ mit Spa und Hallenbad
(www.vilagale.com). Edle Designerzimmer, regionale Gourmet-Küche und weiter Blick ins Tal: Damit punktet das Boutiquehotel „Casas da Lapa“ (www.casasdalapa.pt).